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Jungfrau-Aletsch: Das Herz der Alpen aus Eis und Fels

Foto: Dirk Beyer Wikipedia

Grandiose Gipfel, atemberaubende Felswände, eine majestätische Gletscherzunge: Das Unesco-Welterbe Jungfrau-Aletsch bietet auf 800 Quadratkilometern eine der spektakulärsten Hochgebirgslandschaften der Welt.

Das Welterbegebiet beginnt im Norden am Fusse der bekannten Berge Eiger, Mönch und Jungfrau. Im Zentrum liegt der grandiose Aletschgletscher. Nach Osten reicht der Perimeter bis zum Finsteraarhorn (4274 m). Im Westen gehören Teile des Lötschentals, das Bietschhorn und mehrere Täler an seiner Südseite dazu.

Etliche Strassen, Skilifte und Bergbahnen – darunter die berühmte Jungfraubahn – führen an den Rand dieses geschützten Welterbe-Gebiets. Ein dichtes Netz an Wanderwegen durchzieht die Region. Der eigentliche, vergletscherte Kern bleibt aber Alpinisten und Raubvögeln vorbehalten.

Neun Gipfel im Perimeter des Welterbegebiets sind höher als 4000 Meter. 350 Quadratkilometer misst das Gletschergebiet.

Diese Landschaft hat Generationen von Künstlern und Reisenden fasziniert, die in einer immer stärker industrialisierten Europa unberührte und wilde Räume suchen. Doch die Zivilisation endet nicht an den Grenzen des Aletsch-Welterbe-Gebiets.

Nicht nur Berge

“Für uns war es stets wichtig, auch die Kulturlandschaft miteinzubeziehen, welche das Jungfrau-Aletsch-Gebiet umgibt”, sagt Beat Ruppen, Leiter des Managementzentrums Unesco Welterbe Schweizer Alpen Jungfrau-Aletsch in Naters (Wallis). Zur Illustration zeigt er Fotografien von steilen Pfaden, die von Schafen begangen werden, oder von den Walliser Bewässerungskanälen, Suonen genannt.

Weitere Landschaften, in denen menschliche Tätigkeiten sichtbare Spuren hinterlassen haben, kamen mit des von der Unesco akzeptierten Erweiterung des Perimeters im Jahr 2007 hinzu. Die Erweiterung verschob die Grenzen im Osten bis zum Grimselpass und nach Meiringen, im Westen bis zum Öschinensee und dem unteren Lötschental.

Während des langen Verfahrens zur Aufnahme des Gebiets in die Welterbeliste hat die Festlegung der Grenzen und die Integration von wirtschaftlich genutzten Landschaften zu einigen Diskussionen geführt. Die Bergregionen fürchteten, dass der traditionellen Berglandwirtschaft durch das Schutzgebiet zu enge Fesseln auferlegt würden.

Vorerst skeptische Bevölkerung

Der Vorschlag, das Gebiet rund um den Aletschgletscher als Welterbe anerkennen zu lassen, stammte bereits aus den 70er-Jahren. Damals war die Skepsis in der Bevölkerung jedoch weit verbreitet. Und das Projekt wurde daher vorläufig auf Eis gelegt.

In den 80er-Jahren wurde dann aber 90% des heutigen Unesco-Gebiets ins Schweizer Inventar schützenswerter Landschaften aufgenommen. Dies erleichterte eine Wiederaufnahme des Unesco-Projekts. Das Gesuch wurde 1996 eingereicht. Die Ängste der Bevölkerung konnten aus dem Weg geräumt werden, weil die Kriterien für das Schweizer Inventar strenger waren als für die Aufnahme ins Unesco-Welterbe.

Die Kandidatur war gleichwohl mit langwierigen Verhandlungen um die Festlegung des Perimeters verbunden. “Wir haben einen partizipativen Prozess gewählt, um die lokale Bevölkerung miteinzubeziehen”, sagt Ruppen. Dies habe lange gedauert, aber den Vorteil gehabt, dass die Bewohner die Bedeutung und Vorteile des Unesco-Welterbe-Labels verstanden hätten.

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Mit dem Unesco-Label leben

2001 wurde die Region Jungfrau-Aletsch-Bietschhorn schliesslich in die Welterbe-Liste der Unesco aufgenommen. Nach der Erweiterung von 2007 erhielt das Gebiet den Namen “Schweizer Alpen Jungfrau-Aletsch”. Und mittlerweile kann sich die lokale Bevölkerung gut mit dem Label identifizieren.

“Die Leute sind stolz, in einer Region zu leben, die als Welterbe der Menschheit gilt. Die lokale Identität ist gestärkt aus diesem Prozess hervorgegangen”, meint Ruppen. In der Tat: Das Logo und die Bezeichnung Unesco sind in der Region allgegenwärtig. Und selbst einstige Skeptiker benutzen heute das Markenzeichen Unesco, um für ihre Aktivitäten zu werben.

Die Herausforderung für die Zukunft besteht darin, einen nachhaltigen Ausgleich zwischen wirtschaftlicher Entwicklung in der direkt angrenzenden Kulturlandschaft und notwendigem Naturschutz zu finden. Es ist das erklärte Ziel der Standortgemeinden, das Gebiet in seiner gesamten Vielfalt für die heutige und für die kommenden Generationen zu erhalten.

Gemäss der 2001 unterzeichneten Charta vom Konkordiaplatz wird eine nachhaltige Entwicklung für den Wirtschafts-, Lebens-, Erholungs- und Naturraum angestrebt.

Andrea Tognina, Naters, swissinfo.ch
(Übertragung aus dem Italienischen: Gerhard Lob)

Gesamtfläche: 824 km2
Vergletschertes Gebiet: 46 %
Fläche ohne Vegetation: 80 %
Anteil Kanton Bern: 43 %
Anteil Kanton Wallis: 57 %
Gemeinden im Perimeter: 26 (18 im Wallis, 8 im Kanton Bern)
Der so genannte Concordia-Platz liegt im Herzen des Welterbe-Gebiets.
Der Gletscher ist an dieser Stelle rund 900 Meter tief.
Die Aletsch-Gletscherzunge ist mit 23 Kilometern der längste Gletscher Europas.

Die Region Jungfrau-Aletsch-Bietschhorn weist das grösste zusammenhängende vergletscherte Gebiet Eurasiens auf.

Hier befindet sich auch der grösste Gletscher Europas mit einer Reihe von typischen Eigenschaften.

Es handelt sich um ein Archiv aussergewöhnlicher geologischer Prozesse, welche zur Entstehung von Gletschern und Gebirgen führten.

Die eindrückliche Landschaft dieses Gebiets spielte auch in der europäischen Kunst, Literatur, im Alpinismus sowie im alpinen Tourismus eine wichtige Rolle. Die Region ist weltweit als eine der schönsten Hochgebirgslandschaften bekannt.

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