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SRG-Gebühren und Präimplantations-Diagnostik auf der Kippe

Radio- und TV-Konsum in der Schweiz sind seit Jahren gebührenpflichtig. Keystone

Knapp zwei Wochen vor dem Urnengang am 14. Juni ist der Ausgang bei zwei von vier Vorlagen noch unsicher. Befürworter und Gegner der Präimplantations-Diagnostik und des neuen Radio- und TV-Gesetzes halten sich die Waage. Bei der Erbschaftssteuer und der Stipendien-Initiative scheint die Ablehnung hingegen klar zu sein.

Im Auftrag der SRG SSRExterner Link hat das Forschungsinstitut gfs.bernExterner Link zwischen dem 22. und 30. Mai seine 2. Studie zu den Abstimmungsvorlagen durchgeführt.

Die meistdiskutierte Vorlage ist das revidierte Radio- und FernsehgesetzExterner Link. Das neue Gesetz sieht vor, dass künftig alle Haushalte eine Empfangsgebühr bezahlen sollen. Davon befreit sollen lediglich Personen sein, die Ergänzungsleistungen aus AHV oder IV (Invalidenversicherung) erhalten oder die in Alters-, Pflege- oder Studentenheimen wohnen, sowie alle Unternehmen mit einem Jahresumsatz von weniger als 500’000 Franken. Gegenwärtig ist nur beitragspflichtig, wer ein Radio- oder TV-Gerät besitzt. Die Ausweitung auf mehr Gebührenzahler würde erlauben, die Gebühr von 462 auf 400 Franken pro Jahr und Haushalt zu senken.

Die Meinungen dazu gehen auseinander. Laut der Umfrage sind 43% der Befragte dafür, 47% sind dagegen. 10% haben sich noch keine Meinung gebildet.

Laut den Politologen des gfs.bern ist es schwierig, zum Ausgang der Abstimmung eine Prognose zu machen. Immerhin gebe es eine “leichte Tendenz” zu einem Nein, sagt Studienleiter Claude Longchamp. Das zeigen auch die Zahlen: Seit der ersten Umfrage hat das gegnerische Lager um 2 Prozentpunkte zugelegt, während die Befürworter 3 Prozentpunkte verloren haben.

Bei dieser Vorlage zeichnet sich ein deutlicher Graben zwischen den Sprachregionen ab. Die Deutschschweiz lehnt sie mit 53% Nein deutlich ab, währendem sie in der Romandie auf eine Zustimmung von 55% kommt. Im Tessin geben 53% der Befragten an, Ja stimmen zu wollen. “Die sprachlichen Minderheiten werden durch dieses Gesetz begünstigt und sie sind weniger empfänglich für populistische Argumente”, sagt Claude Longchamp.

Eine Frage der Ethik

Offen ist auch der Ausgang der Abstimmung zum neuen Verfassungsartikel über die Präimplantations-DiagnostikExterner Link. Dem Ja-Lager von 46% der Befragten steht das Nein-Lager mit 40% gegenüber. 14% haben sich noch nicht entschieden.

Doch im Gegensatz zum Radio- und TV-Gesetz hat das Ja-Lager seit der ersten Befragung um 6 Prozentpunkte zugelegt, während die Gegner 4 Prozentpunkte verloren haben.

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Auch hier sei eine Prognose schwierig zu machen, sagt die Politologin Martina Imfeld vom gfs.bern. “Man muss vorsichtig sein.” Das vor allem auch, weil es für ein Ja eine doppelte Mehrheit, also eine Volksmehrheit und eine Mehrheit der Kantone, brauche.

Die Meinungsbildung sei zudem schwierig einzuschätzen, weil das emotionale und ethisch delikate Thema nicht dem üblichen Schema von Parteien und Sprachregionen folge.

Die Änderung des Verfassungsartikels sollte auch in der Schweiz Gentests an künstlich, etwa durch In-vitro-Fertilisation erzeugten Embryonen erlauben, bevor diese in die Gebärmutter eingesetzt werden.

Diese Präimplantations-Diagnostik, die heute verboten ist, soll künftig Paaren mit schweren Erbkrankheiten erlauben, Embryonen auswählen zu können, die keine genetischen Anomalien aufweisen. Davon Gebrauch machen könnten aber auch Paare, die auf natürliche Weise keine Kinder haben können. Dies mit dem Ziel, jene Embryonen mit den besten Entwicklungschancen in die Gebärmutter einzupflanzen.

“Die Sache ist gelaufen”

Keine Zweifel haben die Forscher des gfs.bern jedoch bei den zwei anderen Vorlagen. “Die Sache ist gelaufen”, sagt Claude Longchamp.

SRG-SSR-Trendbefragung

Die 2. Umfrage zu den Volksabstimmungen vom 14. Juni 2015 wurde vom Forschungsinstitut gfs.bern im Auftrag der SRG SSR durchgeführt, zu der auch swissinfo.ch gehört.

Zwischen dem 22. und dem 30. Mai 2015 wurden 1400 repräsentativ ausgewählte Stimmberechtigte befragt. Die statistische Fehlerquote liegt bei +/-2,7%.

Auslandschweizer wurden bei dieser Umfrage nicht berücksichtigt. Die Schweizer Regierung hat entschieden, die Koordinaten von Schweizern im Ausland aus Datenschutzgründen nicht zu übermitteln.

Die Stipendien-InitiativeExterner Link wird von 50% der Befragten abgelehnt und von lediglich 38% befürwortet. Im Laufe der Wochen hat das Nein-Lager mit 13 Prozentpunkten klar zulegen können, ein Phänomen, das bei Volksinitiativen oft zu beobachten ist.

Die vom Verband der Schweizer Studierendenschaften (VSS) eingereichte Volksinitiative verlangt eine Harmonisierung der Kriterien für die Gewährung von Stipendien und Studiendarlehen, indem diese Kompetenzen von den Kantonen an den Bund übergeben werden sollen.

Noch deutlicher zeichnet sich das Nein zur Erbschaftssteuer-InitiativeExterner Link ab. 61% lehnen die Initiative ab. 34% heissen sie gut, und 5% sind noch unentschlossen. Auch hier haben die Gegner mit 10 Prozentpunkten seit der ersten Umfrage deutlich zugenommen.

Die Initiative schlägt die Einführung einer Bundessteuer auf Erbschaften und Spenden von über 2 Millionen Franken vor. Dabei würde nur jener Anteil mit einem Steuersatz von 20% besteuert, der über diesen Betrag hinausgeht. Von der Steuer ausgenommen wären Erbschaften und Schenkungen zugunsten des Ehe- oder eingetragenen Partners.

(Übersetzt aus dem Französischen: Andreas Keiser)

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