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E-Voting: gleiche Rechte für alle

Swissinfo Redaktion

Bis zu den nächsten eidgenössischen Parlamentswahlen 2019 sollen alle Schweizerinnen und Schweizer, die im Ausland leben, ihre Stimme elektronisch abgeben können: Dies fordert der Auslandschweizerrat, das "Parlament" der 5. Schweiz. Ariane Rustichelli, Direktorin der Auslandschweizer-Organisation (ASO), unterstützt diesen dringlichen Appell.

Die elektronische Stimmabgabe ist unter Auslandschweizerinnen und Auslandschweizern ein heikles Thema. In der Tat haben sich 24 Jahre nach der Einführung der brieflichen Stimmabgabe mehr als 142’000 Personen, die im Ausland leben, in einem Stimmregister eingetragen, um ihre politischen Rechte ausüben zu können.

Leider ist es in der Praxis für viele schwierig, politisch aktiv zu sein, da es beim Postversand oft zu Verspätungen kommt. Daher ist die elektronische Stimmabgabe für Auslandschweizer oft die einzige Möglichkeit, ihre demokratischen Rechte auszuüben.

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In der Botschaft zum Gesetz über die politischen Rechte der Schweizer und Schweizerinnen im Ausland wurde davon ausgegangen, dass in den Jahren darauf zwischen 20’000 bis 25’000 Schweizer Staatsangehörige das Recht ausüben würden, ihre Stimme aus dem Ausland brieflich abzugeben. Heute sind es sechs Mal so viele, das entspricht der Wählerschaft des Kantons Graubünden, und die Zahl steigt stetig weiter.

Dieser Wunsch, ihrer Stimme auf der politischen Bühne Gehör zu verschaffen, ist ein starkes Signal für die Verbundenheit mit ihrem Heimatland. Es muss auch eine Verbindung gemacht werden mit Veränderungen bei der internationalen Migration; heute geht es oft um Auslandaufenthalte von nur einigen Jahren, die vor allem aus beruflichen Gründen erfolgen.

Der Wunsch, eine starke Verbindung mit der Schweiz aufrecht zu erhalten, ist also zentral. Wegen Verspätungen beim Postverkehr mit dem Ausland ist das oft unmöglich. Die Antwort auf das Problem liegt bei der Einführung der elektronischen Stimmabgabe. Leider bieten heute, obschon die ersten Testversuche bereits 2002 begonnen hatten, nur sechs Kantone ihren Staatsbürgern im Ausland diesen Kanal zur Abgabe ihrer Stimme an.

2015 waren es paradoxerweise noch 14 Kantone gewesen, welche die Möglichkeit der Stimmabgabe über das Internet angeboten hatten. Der Grund für diesen Rückgang ist die Auflösung des Zürcher Konsortiums, nachdem der Bundesrat entschieden hatte, den neun Kantonen, die auf dieses System für die elektronische Stimmabgabe setzten, für die eidgenössischen Wahlen keine Genehmigung zu erteilen, weil sie “nicht alle Voraussetzungen zur Wahrung des Stimmgeheimnisses erfüllten”.

Ariane Rustichelli
Ariane Rustichelli, Direktorin der Auslandschweizer Organisation (ASO). Butterfly-Photoart

Die Auslandschweizer-Organisation (ASO), welche die Interessen der Expats vertritt, war immer für eine möglichst rasche Einführung der elektronischen Stimmabgabe für die Mitglieder der “Fünften Schweiz”.

Die ASO ist sich der Gefahren bewusst, die mit der elektronischen Stimmabgabe einhergehen, und unterstützte daher auch immer die Politik der Bundeskanzlei, für welche die Sicherheit des Systems gegenüber der Schnelligkeit einer Einführung des E-Voting in den Kantonen Vorrang haben muss. Dennoch ist dieser Rückschritt bei der elektronischen Stimmabgabe ein schlechtes Signal an die Adresse der Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer.

Die grundlegende Frage, die man sich stellen muss, ist folgende: Ist es nicht so, dass in einem politischen System der halbdirekten Demokratie, wie sie unser Land kennt, alle Bürgerinnen und Bürger die selben Rechte haben und diese auch ausüben können sollten?

Ist es nicht von wesentlicher Bedeutung, die Meinung aller Bürger und Bürgerinnen zu kennen, umso mehr, wenn diese aufgrund ihrer Erfahrungen im Ausland eine vielleicht etwas internationalere Sicht einbringen zu Themen, die in unserem Land diskutiert werden?

Dieser Reichtum an Standpunkten muss genau so unterstützt werden, wie das Recht jedes Einzelnen auf die gleichen Rechte, die jeder und jede auch nutzen können muss.

Im Fall der Auslandschweizer und Auslandschweizerinnen bedeutet das die Einführung der elektronischen Stimmabgabe, das dies die einzige Möglichkeit ist, ihre Teilnahme am politischen Prozess zu garantieren. Deshalb lancierte die ASO am 5. August, zum Auftakt ihres Jahreskongresses, einen Appell an die Schweizer Kantone, die Sache mit Blick auf eine rasche Einführung des Abstimmens und Wählens über das Internet für all ihre Bürger und Bürgerinnen im Ausland anzupacken.

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(Übertragung aus dem Französischen: Rita Emch)

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