Schweizer Perspektiven in 10 Sprachen

Hollande anerkennt Verantwortung Frankreichs für Leid der Harkis

Frankreichs Präsident François Hollande beim Treffen in Paris mit Veteranen des Algerienkriegs KEYSTONE/AP POOL EPA/IAN LANGSDON sda-ats

(Keystone-SDA) Frankreichs Präsident François Hollande hat erstmals die Verantwortung des französischen Staates für das Leid der Harkis anerkannt. Der Staat habe die algerischen Hilfssoldaten der französischen Armee nach dem Ende des Unabhängigkeitskriegs im Stich gelassen.

“Frankreich hat sein Versprechen gebrochen und Familien den Rücken gekehrt, die Franzosen waren”, sagte Hollande am Sonntag bei einer Zeremonie auf dem Hof des Invalidendoms in Paris anlässlich des nationalen Gedenktags für die “Harkis” genannten algerischen Hilfssoldaten. Hollande hatte im Wahlkampf 2012 versprochen, das Leid der Harkis anzuerkennen.

“Ich erkenne die Verantwortung der französischen Regierung dafür an, die Harkis im Stich gelassen zu haben”, sowie für die “Massaker an jenen, die in Algerien geblieben sind, und die unmenschlichen Aufnahmebedingungen für jene, die nach Frankreich gebracht worden sind”, sagte Hollande zum Applaus der anwesenden Vertreter der Harkis.

An der Zeremonie am Sonntag waren auch der frühere konservative Präsident Nicolas Sarkozy sowie die Vorsitzende der rechtsextremen Front National, Marine Le Pen, deren Vater Jean-Marie Le Pen ein Veteran des Algerienkriegs ist.

Harkis in Algerien zurückgelassen

Sarkozy hatte im April 2012 kurz vor dem Ende seiner Amtszeit öffentlich die Schuld des Staates gegenüber seinen algerischen Verbündeten bekannt. Wenige Monate später gestand Hollande als erster Präsident in aller Deutlichkeit die Grausamkeit der französischen Kolonialherrschaft über Algerien ein.

Heute leben rund 500’000 Harkis und ihre Angehörigen und Nachfahren in Frankreich. Frankreich tut sich bis heute schwer mit der Aufarbeitung des Kolonialkriegs. Lange war nur von den “Ereignissen in Algerien” die Rede.

Bei dem von beiden Seiten mit grosser Grausamkeit geführten Krieg wurden zwischen 1954 und 1962 rund eine halbe Million Algerier und 30’000 Franzosen getötet, mindestens die Hälfte der algerischen Opfer waren Zivilisten. Der Krieg endete 1962 mit der Unabhängigkeit Algeriens.

Nach dem Ende des Algerienkriegs überliess der französische Staat 55’000 bis 75’000 Harkis ihrem Schicksal in Algerien, wo sie und ihre Familien blutigen Vergeltungsmassnahmen der Nationalisten ausgesetzt waren. Nur etwa 60’000 Harkis wurden unter oft erbärmlichen Bedingungen in Frankreich aufgenommen, darunter im südfranzösischen Internierungslager Rivesaltes.

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft