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Einigung im “Dölf”-Tweet-Fall: Kein Prozess am Zürcher Obergericht

Der Thurgauer Anwalt und SVP-Politiker Hermann Lei in diesem Frühjahr beim Zürcher Bezirksgericht: Nun hat er die Entschuldigung eines WOZ-Journalisten akzeptiert und seine Strafanzeige wegen Ehrverletzung zurückgezogen. (Archivbild) KEYSTONE/WALTER BIERI sda-ats

(Keystone-SDA) Ein Journalist der “Wochenzeitung” WOZ und der Thurgauer SVP-Kantonsrat Hermann Lei haben sich aussergerichtlich geeinigt. Nach einer Entschuldigung des Journalisten hat Lei seine Strafanzeige wegen Ehrverletzung zurückgezogen.

Der Journalist habe “Hermann Lei gegenüber sein Bedauern ausgedrückt, sollte der Eindruck entstanden sein, er hätte Hermann Lei Sympathien für den Nationalsozialismus unterstellt”, teilten die beiden Parteien am Mittwoch auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda mit und bestätigten damit Berichte der “NZZ” und des “Tages-Anzeigers”.

In der Folge zog Lei, der in den Wirren rund um den Rücktritt des damaligen Nationalbankpräsidenten Philipp Hildebrand bekannt wurde, seine Strafanzeige zurück: Die Parteien hätten eine aussergerichtliche Lösung gefunden. Über weitere Vergleichspunkte hätten sie Stillschweigen vereinbart. “Dem Frieden zuliebe werden sie die Angelegenheit nicht weiter kommentieren.”

Die Berufungsverhandlung vor dem Zürcher Obergericht, die auf Donnerstagnachmittag angesetzt war, findet damit nicht statt.

Der Konflikt drehte sich um eine Twitter-Kurznachricht, in der Lei als “Hermann ‘Dölf’ Lei” bezeichnet wurde. Die Nachricht verfasste und veröffentlichte eine Person, deren Identität unbekannt ist. Der WOZ-Journalist verbreitete diesen fremden Tweet unkommentiert weiter.

Das Bezirksgericht Zürich sprach den Journalisten mit Urteil vom 26. Januar 2016 in erster Instanz vom strafrechtlichen Vorwurf der Verleumdung und der üblen Nachrede frei.

Das Urteil des Bezirksgerichts galt als erstes Retweet-Urteil in der Schweiz. Es fand dementsprechend viel Beachtung. Dieses Urteil gibt es nun offiziell aber nicht mehr. Mit dem Rückzug der Strafanzeige hat es den ganzen Fall – juristisch gesehen – gar nicht gegeben.

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