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Schweizer Firmen parat für Iran, Banken noch nicht

Aufpassen, sagen sich die Schweizer Banken und halten sich im Iran-Geschäft auffällig zurück. Der Grund sind die noch geltenden Sanktionen der USA gegen den Gottesstaat. AFP

Nachdem der grösste Teil Handelssanktionen gegen Iran aufgehoben wurden, würden Schweizer Unternehmen gerne auf den iranischen Markt vorstossen. Doch weil die USA ihrerseits bisher noch nicht alle ihre Embargo-Massnahmen aufgehoben haben, bleibt die finanzielle Abwicklung von Geschäften schwierig.

An einem Dienstagnachmittag ist ein Konferenzsaal in einem Hotel in Bern vollbesetzt mit Vertretern aus der regionalen Wirtschaft. Sie wollen mehr über den allfälligen Verkauf ihrer Produkte in den Iran erfahren.

Die Teilnehmer sitzen auf ihren Stühlen, sprechen leise über ihre Interessen, während Referenten sie über die zahlreichen Chancen im iranischen Markt informieren: Es locken der Bau riesiger Infrastrukturprojekte, eine riesige und junge Mittelschicht, die nur darauf wartet, sich Dinge zu leisten, und es grosse Nachfrage nach qualitativ hochstehenden Produkten. Unter den harschen Sanktionen waren die Menschen in Iran 12 Jahre lang gezwungen, vor allem Billigware aus China zu kaufen.

Doch als ein Vertreter der Berner Kantonalbank aufsteht, um eine der wichtigsten Fragen zu beantworten, wird die Realität rasch klar: Wie sieht es aus, wenn man Unternehmen sucht, die Geld aus Iran in die Schweiz transferieren würden und umgekehrt?

“Es sieht schlecht aus”, gesteht er. “Wir folgen internationalen finanziellen Regeln und man riet uns abzuwarten. Im Moment sehe ich nicht viele Möglichkeiten, Zahlungen an Iran zu überweisen.”

Prinzip Vorsicht regiert

Nach Angaben von Suhail El Obeid von der Schweizer Export-Organisation Switzerland Global Enterprise (S-GE), welche die Veranstaltung mit dem Berner Handels- und Industrieverein organisierte, gehen die Schweizer Banken keine Risiken ein.

El Obeid sagte, dass eine Schweizer Bank jüngst eine Transaktion verweigert habe, als ein Teilnehmer einer ähnlichen Veranstaltung seine Teilnahmegebühr mit dem Vermerk “Iran” per Bank überweisen wollte.

Das Thema sei wirklich heikel, so der Exportförderer: “Sie können nicht einfach zu einer Schweizer Bank gehen und sagen, ‘ich will Geld aus Iran überweisen’.”

Touraj Etezady, der mit dem Baukonzern Marti in Iran Geschäfte tätigte, stimmte zu: “Unglücklicherweise sind Finanztransaktionen sehr schwierig”. Das Thema sei oft angesprochen worden, als eine Delegation von Politikern und Wirtschaftsführern im Februar mit Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann Iran besucht hatte.

Die Ängste der Banken sind nicht unbegründet. Die Bank BNP Paribas musste im vergangenen Jahr in den USA wegen Umgehung von US-Sanktionen gegen Iran eine Busse von 8,9 Mrd. Dollar bezahlen, die Credit Suisse 2009 eine solche von 536 Mio Dollar, weil sie sich nach Ansicht der US-Justizbehörden in die Finanzierung von Terror-Organisationen verwickelt war. Dazu kommt, dass die Schweizer Banken die Milliarden von Dollar an Bussen nicht vergessen haben, die sie im Zusammenhang mit dem Steuerstreit an die USA zahlen mussten.

Angesichts solcher Faktoren mache es Sinn, dass Finanzinstitutionen sich vorsichtig verhielten, wenn es um Geschäfte mit Iran gehe, erklärte Daniela Flückiger von der Schweizerischen Bankiervereinigung (SBVg) gegenüber swissinfo.ch.

“Banken respektieren internationale Sanktionen. Es ist daher verständlich, wenn sie etwas weniger schnell als andere Sektoren auf einen Markt vorstossen”, sagte Flückiger. Sie SBVg erlasse aber keine Parameter oder Empfehlungen an die Banken, in welchen Ländern sie aktiv sein sollten und wo nicht.

Komplexe Diskussionen

Die verbleibenden Restriktionen können auch zu komplizierten Szenarien für Schweizer Unternehmen führen, die in den US aktiv sind, etwa über Niederlassungen oder Tochtergesellschaften.

Gina Schmied, Beraterin bei der Abteilung für Sanktionen im Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO), sagte bei der Veranstaltung der S-GE in Bern, Unternehmen sollten die Bedingungen sämtlicher Iran-Geschäfte mit einer möglichen Verbindung zu den USA mit ihrem Büro überprüfen. Das, um sicherzustellen, dass sie nicht gegen noch bestehende Sanktionen verstossen würden.

Sie unterstrich, dass zum Beispiel der Export von Gütern amerikanischen Ursprungs nach Iran, oder die Beteiligung von US-Staatsangehörigen an irgendeiner Finanztransaktion mit Iran von den US-Sanktionen betroffen sein könnten. Die weiterhin geltenden Sanktionen können sich auch auf Transaktionen nach oder aus Iran in US-Dollar auswirken.

Viele Unternehmer sagten in Bern, sie seien erst dabei, den Markt auszuloten und hätten noch keine Beziehungen zu Iran etabliert. So auch Markus Hauri, der ein Immobilienmanagement-Unternehmen führt. Er nahm an der Veranstaltung teil, weil er sich genauer informieren wollte, hatte aber nicht damit gerechnet, dass es noch derart viele Restriktionen gibt.

“Mafiöser Einfluss der USA”

“Ich war überrascht zu hören, wie stark die noch existierenden US-Sanktionen die Entwicklung in Iran bremsen. Und wie sehr die ganze Schweiz noch immer Angst haben muss vor den USA”, sagte Hauri. “Es ist fast etwas mafiaartig.”

Da die Schweiz einige Iran-Sanktionen schon 2012 aufgehoben hatte, haben einige Schweizer Unternehmen unterdessen bereits einen Fuss in der Tür und sind bestrebt, ihre Geschäftschancen zu erhöhen – besonders, wenn die Bankprobleme einmal gelöst sind. 

“Ich hätte nie gedacht, dass das Marktpotential derart gross ist”, sagte Elena Amsler. Sie ist bei der Schweizer Firma Helmut Fischer, die seit 2012 in den Iran exportiert, zuständig für die Geschäftsbeziehungen mit dem Iran. “Es war gut zu hören, dass es so viele Möglichkeiten gibt – wir werden uns weiter darum bemühen.”

Doch sie muss vorsichtig vorgehen, jedes Detail mit Blick auf die Restriktionen denen die Geschäfte nach wie vor unterliegen, genau überprüfen. “Ich bin ständig mit der Realität der nach wie vor geltenden Iran-Sanktionen der USA konfrontiert, sei es bei den Banken, bei einer Transportfirma oder einem Kurier.”

(Übertragung aus dem Englischen: Rita Emch)

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