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Internationale Beziehungen

1999: Unterzeichnung der Bilateralen I in Luxemburg
1999: Unterzeichnung der Bilateralen I in Luxemburg. Keystone

Das Ende des Kalten Krieges erlaubte es der Schweiz, eine aktivere Aussenpolitik zu betreiben. Oft bietet sie sich auch als Bindeglied zwischen Nationen an, die nicht direkt miteinander sprechen.

Die Ziele der Schweizer AussenpolitikExterner Link können kurz unter den folgenden Stichworten zusammengefasst werden:

  • Friedliches Zusammenleben
  • Achtung und Förderung der Menschenrechte
  • Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen
  • Wahrung der Interessen der Schweizer Wirtschaft im Ausland
  • Linderung von Not und Armut in der Welt

Die Schweiz ist trotz ihrer Neutralität vernetzt mit der Welt und eingebunden in den internationalen Kontext. So gehört sie einer Reihe internationaler OrganisationenExterner Link an wie der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), der Organisation für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit (OECD), dem Europarat oder der Frankophonie-Organisation.

Erst 2002 trat jedoch die Schweiz den Vereinten Nationen (UNO) als Vollmitglied bei – als einziger Staat vollzog sie diesen Schritt aufgrund einer Volksabstimmung. Rund 55% der Stimmenden hatten die Volksinitiative für den Beitritt gutgeheissen.

Mit der Europäischen Union (EU) ist das Land über die bilateralen Abkommen wirtschaftlich, politisch, gesellschaftlich, wissenschaftlich und kulturell eng verbunden.

Die Stadt Genf ist zudem so etwas wie die “internationale Hauptstadt” der Schweiz. Sie beherbergt rund 200 internationale Organisationen wie das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) oder den europäischen Sitz der UNO.

Dass die Schweiz in den letzten Jahren gegenüber früher eine “aktivere Aussenpolitik” verfolgt, stösst vor allem in rechtskonservativen politischen Kreisen auf Kritik.

Gute Dienste und Vermittlung

Ein wichtiger Pfeiler der Schweizer Aussenpolitik ist der Einsatz für Frieden und Sicherheit. Die “Guten Dienste”Externer Link der Schweiz haben eine lange Tradition und spielen eine wesentliche Rolle in der Friedenspolitik der Schweiz.

Dank ihrer Neutralität tritt die Schweiz auch öfter als Vermittlerin auf. So spielte die Schweizer Diplomatie eine wichtige Rolle bei der Vermittlung von Gesprächen über eine Normalisierung der Beziehungen zwischen Armenien und der Türkei. Das Abkommen wurde 2009 in Zürich unterzeichnet.

Die Schweiz engagierte sich auch bei Vermittlungsbemühungen für den Nahen Osten, Sudan, Sri Lanka oder Kolumbien. Zudem bietet sie ihr neutrales Territorium für schwierige internationale Gespräche an, wie verschiedentlich zwischen Vertretern der USA mit ihren Kollegen aus dem Iran und Russland und in letzter Zeit für Verhandlungen über das iranische Atomprogramm oder über eine Lösung im Syrien-Konflikt.

Auch die Vertretung von Interessen eines Landes, das mit einem anderen Staat keinen offiziellen Kontakt hat (SchutzmachtmandateExterner Link), ist Teil der Guten Dienste. So vertritt die Schweiz seit der Geiselkrise von 1980 die Interessen der USA im Iran. Seit 2016 amtet sie auch als Schutzmacht zwischen Saudi-Arabien und Iran und vertritt die gegenseitigen Interessen der beiden Länder.

Zudem vertritt sie seit 2008 die Interessen Russlands in Georgien, seit 2009 die Interessen Georgiens in Russland und seit 1979 die iranischen Interessen in Ägypten. Von 1961 bis 2015 diente die Schweiz als Vermittlerin zwischen den USA und Kuba, seit 1991 vertritt sie Kuba in den USA.

Weiterführende offizielle Informationen zur Friedenspolitik der Schweiz finden Sie auf der Website des AussenministeriumsExterner Link.

Entwicklungszusammenarbeit

Zu den sichtbarsten Einsätzen der Schweizer Aussenpolitik gehören die Programme der Entwicklungszusammenarbeit, die auf so genannte Schwerpunktländer unter den ärmsten Staaten konzentriert und auf Hilfe zur Selbsthilfe ausgelegt sind. Oberste Priorität hat der Kampf gegen die Armut im Einklang mit den UNO-Millenniumszielen.

Die Programme fördern die wirtschaftliche und staatliche Eigenständigkeit und konzentrieren sich auf Hauptaspekte wie ländliche Entwicklung, Wasser, Schutz der Umwelt (Klimawandel), Gesundheit und Bildung.

Daneben unterstützt die Schweiz im Rahmen der multilateralen Zusammenarbeit internationale Organisationen wie die UNO oder regionale Entwicklungsbanken und kann so auch Länder unterstützen, die sie mit der direkten, bilateralen Hilfe nicht erreicht.

Der Anteil der öffentlichen Entwicklungshilfe der Schweiz lag im Jahr 2009 bei 0,47% des Bruttonational-Einkommens (BNE). Die Schweiz liegt damit leicht unter dem Durchschnitt der Länder des Entwicklungsausschusses der OECD (0,48%).

Die Schweiz macht auch mit im 1999 ins Leben gerufenen Stabilisierungspakt für Südosteuropa (heute Regionaler Kooperationsrat) und unterstützte die Staaten der Region in diesem Rahmen mit mehr als einer Milliarde Schweizer Franken.

Weiterführende offizielle Informationen zur Entwicklungszusammenarbeit bietet die Website der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA)Externer Link.

Humanitäre Hilfe

Neben der Entwicklungszusammenarbeit leistet die Schweiz einen beträchtlichen Einsatz mit ihrer Humanitären Hilfe. Diese kommt vor allem nach Katastrophen wie Erdbeben oder Überschwemmungen zum Einsatz, aber auch bei Krisen und Konflikten.

Sie unterstützt dabei je nach dem Projekte anderer humanitärer Organisationen oder führt eigene Projekte durch. Sie leistet in Notsituationen zuerst Überlebenshilfe und unterstützt die Menschen später längerfristig beim Wiederaufbau.

Weiterführende offizielle Informationen zur Humanitären Hilfe der Schweiz finden Sie bei der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA)Externer Link.

Das wohl bekannteste Symbol der humanitären Schweiz ist das IKRK, das Internationale Komitee vom Roten KreuzExterner Link, das 1863 in Genf gegründet wurde. Das IKRK bietet Kriegsopfern Hilfe und Schutz, verteilt in Konfliktgebieten Lebensmittel und anderes wichtiges Material und organisiert medizinische Hilfe. Das IKRK ist weltweit im Einsatz.

Als Depositarstaat der Genfer Konventionen kommen der Schweiz besondere Rechtspflichten zu. Die 4 Genfer Konventionen von 1949 und die 2 Zusatzprotokolle von 1977 sowie das Zusatzprotokoll von 2005 bilden den Kern des humanitären Völkerrechts.

Weiterführende offizielle Informationen zum humanitären Völkerrecht finden Sie auf der Website des AussenministeriumsExterner Link.

Mit einem Beitrag von 105 Millionen Franken war die Schweiz 2009 die drittgrösste Geldgeberin des IKRK – nach den USA und der EU. 70 der 105 Mio. gingen an das Budget des Genfer Hauptsitzes.

Beziehungen zur Europäischen Union EU

Eine Sonderstellung nehmen die Beziehungen der Schweiz mit der Europäischen Union (EU) ein: Obschon mitten in Europa gelegen, ist die Schweiz nicht Mitglied der Union, sondern setzt bis heute auf den Weg der bilateralen Abkommen. Grosse Teile der Bevölkerung stehen einem EU-Beitritt skeptisch gegenüber.

Im Dezember 1992 war auch der Beitritt des Landes zum Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) in einer Volksabstimmung knapp abgelehnt worden. Die anderen drei Mitglieder der Europäischen Freihandels-Assoziation (EFTA) – Island, Liechtenstein und Norwegen – hingegen traten dem EWR bei. Die EFTA besteht indes bis heute weiter.

Im Mai 1992 hatte die Schweizer Regierung bei der EU ein Beitrittsgesuch eingereicht. Nach dem Nein zum EWR beschloss sie, den Beitritt als “strategisches Ziel” beizubehalten, fror aber das Gesuch ein. Im Juni 2016 sprach sich das Parlament dafür aus, das auf Eis gelegte Beitrittsgesuch offiziell zurückzuziehen.

Die Skepsis gegenüber der EU basiert auf einer Reihe von Faktoren. In den Augen vieler Schweizer und Schweizerinnen hat die EU zu viele Demokratiedefizite. Die in der Schweiz rege genutzten Volksrechte der Initiative und des Referendums müssten drastisch revidiert werden, um den EU-Regeln zu entsprechen.

Dazu kommen Bedenken über die Kosten, die ein Beitritt nach sich ziehen könnte. Die Schweiz würde in der EU zu einer Nettozahlerin. Zudem gibt es Zweifel, ob die Neutralität der Schweiz mit einer EU-Mitgliedschaft kompatibel wäre.

Nach dem Nein zum EWR hat sich die Regierung auf den bilateralen Weg konzentriert und mit der EU mehr als 100 bilaterale Abkommen geschlossen, die Bereiche wie den freien Personenverkehr, den Abbau von Handelshemmnissen, öffentliches Beschaffungswesen, Landwirtschaft, Verkehr, Forschung, innere Sicherheit, Asylwesen, Umwelt und Kultur abdecken. In zwei Schritten wurden die Abkommen vom Stimmvolk im Jahr 2000 und 2005 angenommen. Zudem stimmte das Volk im Jahr 2006 dem Kohäsionsbetrag von einer Milliarde Franken für die neuen, ärmeren EU-Staaten zu.

Ein realpolitisches Resultat des bilateralen Wegs, der immer steiniger wird, ist, dass die Schweiz ihre Gesetzgebung in zahlreichen Belangen jener der EU anpassen muss, obschon sie nicht Mitglied der Union ist.

Dieser Weg allerdings wurde im Februar 2014 in Zweifel gezogen, als das Stimmvolk die so genannte “Masseneinwanderungs-Initiative” annahm, welche die Zuwanderung beschränken will. Laut der EU widerspricht dies der Personenfreizügigkeit zwischen den EU-Staaten, welche die Schweiz ebenfalls unterzeichnet hat.

Wie sich die Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU entwickeln werden, ist schwierig abzuschätzen. Die Schweiz sollte nach dem Volksentscheid mit Brüssel Verhandlungen über Zuwanderungsquoten und bilaterale Abkommen führen, doch solche wurden von der EU nach dem Entscheid Grossbritanniens, die Union zu verlassen, verschoben.

Im Dezember 2016 einigte sich das Schweizer Parlament auf einen Kompromiss: Das Gesetz sieht weder Höchstzahlen noch Kontingente vor, sondern verpflichtet Unternehmen – im Fall von hoher Arbeitslosigkeit in bestimmten Branchen oder Regionen – lediglich dazu, Arbeitskräfte zuerst im Inland zu suchen, ein Inländervorrang “light”, sozusagen.

Weiterführende offizielle Informationen zu den Beziehungen der Schweiz mit der EU finden Sie auf der Website der Direktion für europäische AngelegenheitenExterner Link.

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