Schweizer Perspektiven in 10 Sprachen

Eine Lobby kämpft gegen den Tod des Italienischen

Die reale Schweiz ist nicht wirklich mehrsprachig, sagt das "Forum Lingua Italiana". Keystone

Die italienische Sprache ist in der Schweiz seit langem auf dem Rückzug. Eine nationale Vereinigung will diesen Trend nun wenden. Ihr Ziel: 2020 ist die Schweiz kein deutschweizerisch-französischsprachiger "Bilingue-Staat" mehr.

Forum Lingua Italiana nennt sich die Vereinigung “zur Verteidigung des Italienischen in der Schweiz”, die am 30. November in Zürich gegründet wurde.

Den Anstoss hatte der Kanton Tessin im vergangenen Juli gegeben, um der Zurückdrängung des Italienischen an Schulen in der deutsch- und französischsprachigen Schweiz Einhalt zu gebieten. Unterstützung kam aus dem Kanton Graubünden, von kulturellen Organisationen aus der Schweiz und Italien und von der Universität der italienischsprachigen Schweiz im Tessin.

Bündelung der Kräfte

“Man muss seine Strategie definieren, die alle Kräfte koordiniert und bündelt im Kampf zur Rettung der italienischen Sprache in der Schweiz”, sagte der Tessiner Bildungsdirektor Manuele Bertoli bei der Gründung.

Der Tessiner Nationalrat Ignazio Cassis sagt: “Zahlreiche Vereinigungen und Organisationen verteidigen die Italianità in der Schweiz. Aber sie kämpfen für sich und bleiben so schwach.”

Die Initianten wollen die heutige, “zweisprachige Nation” Schweiz bis 2020 überwinden, indem das Italienisch wieder seinen festen Platz hat, und zwar als gesprochene Sprache statt nur auf dem Papier. “Deutsch und Französisch, das übrigens ebenfalls an Terrain einbüsst, sind nämlich die einzig wahren, offiziellen Sprachen der Schweiz”, sagt Manuele Bertoli.

Die Sprache Dantes sei auf den Rang eines Dialekts für die Südschweiz zurückgestuft worden, und diese werde meist mit dem Tessin verwechselt, weil die italienischsprachigen Bündner Südtäler systematisch vergessen gingen. “Wir werden eine echte Lobby des Italienischen in der Schweiz”, verspricht das Mitglied der Tessiner Kantonsregierung.

Rumantsch nicht vergessen

Um dies zu unterstreichen, schickte der Kanton Graubünden seinen Bildungsdirektor Martin Jäger an die Gründungsversammlung. Er unterstrich seinen Willen zur Rettung des italienischen Sprache, richtete aber auch einen Appell zur Rettung des Rumantsch an die Anwesenden. “Für die Bündner Regierung müssen die drei Sprachen dieselben Rechte haben. Wir dürfen die grossen Probleme nicht vergessen, welche die Rumantsch sprechende Minderheit hat”, so Jäger.

Konkret hat sich das Forum vier Ziele gesetzt: Stärkung des Italienisch als offizielle Landessprache, Förderung von Sprachaustauschen zur Verbesserung der Kenntnisse der italienischen Sprache in der Schweiz, Förderung der Kultur der italienischsprachigen Schweiz via Radio und Fernsehen sowie die Stärkung der vier Landessprachen gegenüber der Herausforderung durch die Globalisierung.

Auf Kaderstufe praktisch inexistent

Punkt 1 ist die Domäne der “Interparlamentarischen Gruppe Italianità”. Aktuell sind gerade mal 7% aller Bundesbeamten italienischer Muttersprache. In den oberen Etagen sind es gar nur 2%.

Die Gruppe, die im letzten März gegründet wurde und die 41 Parlamentarier zählt, wird von Ignazio Cassis und Silva Semadeni präsidiert.

Seit kurzem hat sie mit Filippo Lombardi sogar den neuen Ständeratspräsidenten in den eigenen Reihen. Gefragt sind aber insbesondere auch die Kantone, Gemeinden, Schulen und Universitäten, aber auch die Medien bis hin zu den Botschaften.

“Ich bin zuversichtlich, dass wir bis 2020 gute Arbeit leisten werden, in dem wir unsere Anliegen bekannter machen werden. Nicht nur das Italienische selber, sondern auch die Kultur der italienischen Schweiz über deren Grenzen hinaus”, unterstreicht Manuele Bertoli.

Deutsch: 63,7%

Französisch: 20,4%

Italienisch: 6.5%

Rumantsch: 0,5%

Andere: 9,0%

(Quelle: Volkszählung 2000)

In 17 von 26 Schweizer Kantonen ist Deutsch offizielle Sprache, Französisch in vier und Italienisch in einem Kanton, dem Tessin. Drei Kantone sind zweisprachig. Dreisprachig ist einzig Graubünden.

Von den 17 deutschsprachigen Kantonen wird einzig in den beiden Basel sowie Solothurn Französisch als erste Fremdsprache unterrichtet. In den übrigen 14 Kantonen ist Englisch die erste Fremdsprache.

In allen Kantonen der französischen Schweiz dagegen wird Deutsch als erste Fremdsprache unterrichtet, gefolgt von Englisch. Im Tessin ist Französisch erste Fremdsprache, Deutsch die zweite.

(Übertragung aus dem Französischen: Renat Kuenzi)

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