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England setzt seine Reihe der EM-Fehlstarts fort

(Keystone-SDA) Einmal mehr gewinnt Englands Nationalmannschaft ihren ersten EM-Einsatz nicht. Russlands Captain Wasili Beresuzki zerstört die Hoffnungen mit einem Kopfball-Tor nach 92 Minuten.

Verteidiger Wassili Beresuzki köpfelte den Ball nach einer Flanke von Igor Smolnikow und einem gewonnenen Kopfballduell in Richtung Tor. Denis Gluschakow drosch die Kugel anschliessend in den Netzhimmel. Wahrscheinlich hatte der Ball die Torlinie bereits überflogen, als Gluschakow herangesaust kam.

Für die Russen spielte der Namen des Torschützen am Ende keine Rolle: Sie sicherten sich einen Punktgewinn, der vorher 20 Minuten lang nicht mehr realistisch erschien.

Denn England ging in der 73. Minute verdientermassen durch einen direkt verwandelten Freistoss aus 17 Metern von Eric Dier in Führung. Das Goal Diers fiel während einer Phase, in der sich ein Unentschieden immer deutlicher abzuzeichnen begann. Die Engländer, die fulminant, energiegeladen, optimistisch und erfrischend furios begonnen hatten, wurden immer müder. Und die Russen, die sich in der ersten Halbzeit mit einer passiven, behäbigen Spielweise hatten dominieren lassen, traten nach dem Seitenwechsel mutiger auf.

Dann jedoch setzte England nach 70 Minuten zum Schlussspurt an: Zuerst konnte der starke russische Goalie Igor Akinfejew einen Flachschuss von Wayne Rooney irgendwie an die Latte abwehren. Und aus dem nächsten Angriff resultierte der Freistoss, der schliesslich zum 1:0 führte. Dass Eric Dier überhaupt schiessen durfte, war schon eine kleine Überraschung. Der 22-jährige Mittelfeldstratege bestritt erst sein achtes Länderspiel. Er war einer von fünf Endrunden-Debütanten im englischen Team (Dier, Rose, Walker, Alli, Kane) – alle fünf stehen bei Tottenham Hotspur unter Vertrag. Dier kam bei seinem Geschoss entgegen, dass sich Goalie Akinfejew bei der Schussabgabe kurz in die falsche Richtung bewegte.

Die Personalentscheide von Roy Hodgson dürften auf der Insel wieder zu reden geben. Der ehemalige Schweizer Nationaltrainer (1992 bis 1995) und Coach von Xamax (90 bis 92) und den Grasshoppers (1999 bis 2000) verzichtete vor vier Jahren unmittelbar nach der Amtsübernahme auf Rio Ferdinand und scheiterte an der EM in Polen und der Ukraine in den Viertelfinals an Italien. Vor zwei Jahren überstanden die Engländer an der WM in Brasilien die Vorrunde nicht; gegen Italien, Uruguay und Costa Rica resultierte bloss ein Punktgewinn.

Auch vor dem ersten Spiel in Frankreich pokerte Hodgson wieder hoch, nicht nur wegen der fünf Tottenham-Debütanten. Captain Wayne Rooney, während der EM-Qualifikation mit sieben Toren bei acht Einsätzen erfolgreichster Torschütze, spielte erstmals im Nationalteam im Mittelfeld statt im Sturm. Und Stürmer Jamie Vardy, der einzige Selektionierte von Überraschungsmeister Leicester City, den viele Fans gerne in der Startaufstellung gesehen hätten, durfte sich während der 90 Spielminuten im Vélodrome von Marseille nicht einmal warmlaufen. Die Resultate von Hodgsons Wagnissen darf sich sehen lassen: Rooney spielte bis zu seiner Auswechslung kurz nach dem 1:0 überragend. Der Wechsel vom Stürmer zum Strategen bereitete ihm nicht die geringsten Probleme. Rooney lief viel, kam zu vielen Ballkontakten, bereitete drei Grosschancen vor und kam selber zweimal in ausgezeichneter Position zum Abschluss. England erspielte sich ausreichend Möglichkeiten, um die Partie klar zu gewinnen. Am Ende stand es aber 1:1. Und die Engländer müssen bereits wieder über die Bücher.

Die Engländer sind anscheinend nicht dafür geschaffen, vernünftig in ein EM-Turnier zu starten. Seit 1980, als die EM erstmals im Gruppenformat (damals zwei Vierergruppen) ausgetragen wurde, gewannen die Engländer kein einziges Mal ihr erstes Endrundenspiel. Drei Partien gingen verloren, vier weitere – auch das gegen die Schweiz 1996 im Wembley (1:1) – endeten unentschieden. In dieser Zeit hatten sich die Engländer zweimal nicht für das EM-Turnier qualifiziert. So fehlten sie auch an der EURO 08 in Österreich und der Schweiz.

England – Russland 1:1 (0:0)

Marseille. – 60’000 Zuschauer. – SR Rizzoli (ITA). – Tore: 73. Dier (Freistoss) 1:0. 92. Wasili Beresuzki (Smolnikow) 1:1.

England: Hart; Walker, Cahill, Smalling, Rose; Alli, Dier, Rooney (77. Wilshere); Lallana, Kane, Sterling (87. Milner).

Russland: Akinfejew; Smolnikow, Ignaschewitsch, Wasili Beresuzki, Schtschennikow; Neustädter (80. Gluschakow), Golowin (77. Schirokow); Smolow (85. Mamajew), Schatow, Kokorin; Dsjuba.

Bemerkungen: Beide Mannschaften komplett. Pfostenschuss: 71. Rooney. Verwarnungen: 62. Cahill (Foul), 73. Schtschennikow (Foul).

Resultate: Wales – Slowakei 2:1 (1:0). England – Russland 1:1 (0:0).

Rangliste: 1. Wales 1/3 (2:1). 2. England 1/1 (1:1). 2. Russland 1/1 (1:1). 4. Slowakei 1/0 (1:2).

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