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In 74 Fällen wurden Medikamentenengpässe erfasst

Eine Pflegefachfrau bereitet eine Infusion vor. Engpässe bei der Versorgung mit lebenswichtigen Medikamenten gibt es vor allem bei Injektionslösungen. (Archivbild) KEYSTONE/GAETAN BALLY sda-ats

(Keystone-SDA) Die seit dem 1. Oktober 2015 bestehende Heilmittelplattform zur Erfassung von Medikamentenengpässen hat sich nach Einschätzung des Bundesamtes für wirtschaftliche Landesversorgung (BWL) bewährt. Künftig sollen die Spitäler besser ins System eingebunden werden.

Bis Ende 2016 wurden insgesamt 74 Versorgungsstörungen erfasst, wie das BWL in einem am Donnerstag veröffentlichten Bericht schreibt. In 63 Fällen sei es tatsächlich zu einer Störung gekommen, in vier Fällen habe es sich um einen definitiven Marktrückzug gehandelt. Mit Ausnahme von zwei Meldungen zu Tabletten betrafen alle Meldungen injizierbare Arzneimittel.

Hauptsächlich von den Versorgungsstörungen betroffen waren die antineoplastischen Mittel mit gut einem Drittel der Meldungen. Es handelt sich dabei um Wirkstoffe, die vor allem zur Behandlung von Krebserkrankungen eingesetzt werden. In einem Viertel der Fälle waren zudem Impfstoffe betroffen.

Als häufigste Ursache wurde in 14 Fällen der Mangel an Wirkstoff genannt, gefolgt von plötzlichem Mehrverbrauch in 13 Fällen sowie Problemen beim Vertrieb in elf Fällen.

In den meisten Fällen hätten die eingetretenen Versorgungsstörungen durch die übrigen Anbieter und/oder durch die Verwendung anderer Volumina des gleichen Anbieters bewältigt werden können, schreibt das BWL weiter. In zwölf Fällen sei darauf hingewiesen worden, Hamsterkäufe zu vermeiden, da nur eine beschränkte Menge zur Kompensation zur Verfügung gestanden habe.

Ein Engpass bei den Anästhetika (starke Opioid-Analgetika) habe nicht kompensiert werden können und habe auf Spitalseite Schwierigkeiten und Prozessanpassungen verursacht. Auch eine Versorgungsstörung der antineoplastischen Substanzen habe nicht vollständig durch die Mitanbieter ausgeglichen werden können, was für Patienten suboptimale Therapieumstellungen zur Folge gehabt habe.

Häufig Pflichtlager genutzt

Die häufige Notwendigkeit der Pflichtlagereinsätze sei eine Besonderheit im Arzneimittelmarkt, schreibt das BWL weiter. Der freie Markt sei in den kritischen Bereichen aufgrund der geringen Zahl der Anbieter und der kleinen Lagerhaltung kaum mehr in der Lage, Verzögerungen in der Lieferkette selber auszugleichen.

Im Zusammenhang mit Pflichtlagerfreigaben soll auch definiert werden, wie mit der Publikation des Engpasses umgegangen wird, um Hamsterkäufe zu verhindern, aber gleichzeitig den Markt auf die angespannte Situation aufmerksam zu machen.

Verbesserungsmöglichkeiten bei der Meldeplattform betreffen vor allem den administrativen Bereich. Konkret geht es um die bessere Einbindung der Spitäler, die nach wie vor eine Übersicht über alle nicht lieferbaren Produkte, unabhängig der Lebenswichtigkeit, bevorzugen. Für diesen Zweck wird ein privates System genutzt.

Die Meldepflicht für bestimmte Medikamente und die dafür im BWL eingerichtete Informations- und Koordinationsplattform, kurz Heilmittelplattform, war per 1. Oktober 2015 eingeführt worden. Sie soll dafür sorgen, dass Versorgungsengpässe und Mangellagen bei lebenswichtigen Heilmitteln die Sicherheit der Patienten nicht gefährden.

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

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