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Plädoyer für zeitgenössische Musik zum Start des Lucerne Festival

Die kanadische Sängerin und Dirigentin Barbara Hannigan war an der Eröffnung des Lucerne Festival für einmal als Rednerin engagiert. Dabei forderte sie ein offeneres Ohr für die zeitgenössische Musik. (Archivbild) Georg Anderhub/Lucerne Festival sda-ats

(Keystone-SDA) Die kanadische Sopranistin und Dirigentin Barbara Hannigan hat zum Auftakt des Lucerne Festival davor gewarnt, in den Konzertprogrammen die zeitgenössische Musik zu übergehen. Diese trage wesentlich zur Entwicklung der klassischen Musik bei.

Die 1971 geborene Hannigan sagte in ihrer Eröffnungsrede, wenn die Programmgestaltungen weiter auf das traditionelle Repertoire fokussierten, werde das sehr negative Rückwirkungen auf die Musikgeschichte haben. Es werde eine Lücke entstehen zwischen dem, was das Publikum zu hören gewohnt sei und dem, was komponiert werde.

Die Kanadierin wies darauf hin, dass die zeitgenössische Musik früher das Kerngeschäft und keine Sache von Aussenseitern gewesen sei. Mozart und Haydn hätten jede Woche neue Werke produzieren müssen.

Hannigan hielt eine sehr persönliche Eröffnungsrede. Zu Beginn ihrer Karriere sei sie von den traditionellen Werken eingeschüchtert worden, sagte sie. Die Erfahrungen mit lebenden Komponisten hätten ihr das Vertrauen gegeben, zu den Partituren älterer Epochen zurückzukehren und durch die Musikgeschichte ihren Weg zu finden.

Hannigan ist eine der vier Frauen, die eines der 28 Sinfoniekonzerte dirigieren werden, die am Lucerne Festival im KKL Luzern zur Aufführung kommen. Insgesamt sind an den über hundert Anlässen des fünfwöchigen Festivals elf Dirigentinnen programmiert, dazu über 40 Solistinnen und 25 Komponistinnen.

Lucerne Festival hat die diesjährige Ausgabe unter das Motto “PrimaDonna” gestellt. Es will damit darauf hinweisen, dass die Stellung der Frau im Musikleben nach wie vor alles andere als prima sei.

Unter den Gästen war Bundespräsident Johann Schneider-Ammann. Die Stichworte Gleichberechtigung und Gustav Mahler griff er in seinem Grusswort auf. Mahler habe seiner Frau ein Konkurrenzverbot auferlegt, als er ihr das Komponieren untersagt habe, sagte er. Als Volkswirtschaftsminister könne er das nicht gutheissen. Zudem hätte das Genie Mahler dies gar nicht nötig gehabt.

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