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Polanski-Anwalt spricht von “absurder Situation”

Starregisseur Roman Polanski besuchte in dieser Woche das Zurich Film Festival, um seinen neuen Film zu präsentieren. (Archivbild) KEYSTONE/ENNIO LEANZA sda-ats

(Keystone-SDA) Der französisch-polnische Starregisseur Roman Polanski sieht sich erneut mit Vergewaltigungsvorwürfen konfrontiert, diesmal in der Schweiz. Polanskis Anwälte sehen in der im Kanton St. Gallen eingereichten Anzeige den Versuch, Medienrummel zu verursachen.

Die Vorwürfe stammen von einer ehemaligen Deutschen Schauspielerin. Polanski soll 1972 die damals 15-Jährige in einem Chalet im Berner Oberländer Nobelkurort Gstaad vergewaltigt haben.

Jan Olszewski, ein polnischer Anwalt des heute 84-jährigen Starregisseurs, sprach gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters von einer “absurden Situation”. Das Vorgehen der Frau nach über vierzig Jahren habe vor allem zum Ziel, Medienaufmerksamkeit zu generieren. Ähnlich äusserte sich auch ein weiterer von Reuters kontaktierter Anwalt Polanskis.

Die 61-jährige gebürtige Deutsche reichte am 26. September im Kanton St. Gallen Anzeige ein. Laut “New York Times”, die den Fall publik machte, erstattete die Frau erst jetzt Anzeige, weil sie ihre inzwischen verstorbenen Eltern nie mit der Sache belasten wollte.

Die gebürtige Münchnerin deponierte ihre Aussagen bei der St. Galler Kantonspolizei, obwohl sie nicht im Kanton wohnhaft ist. Ein solches Vorgehen ist nach Schweizer Recht möglich. Die St. Galler Staatsanwaltschaft hat am Mittwoch ein Übernahmeersuchen an die Staatsanwaltschaft des Kantons Bern geschickt, wie sie in einer Mitteilung bekannt gab.

Auf Berner Seite muss die Staatsanwaltschaft in einem ersten Schritt nun prüfen, ob sie zuständig ist. In der Folge gilt es namentlich abzuklären, ob der zur Anzeige gebrachte Vorfall verjährt ist.

Seit Jahren im Visier der Justiz

Die 61-jährige Deutsche ist mittlerweile die vierte Frau, die Vorwürfe wegen Vergewaltigung gegen Polanski erhebt. 1977 gab Polanski zu, in den USA Sex mit einer Minderjährigen gehabt zu haben. Der Filmemacher sass nach einer Vereinbarung zwischen Anklage und Verteidigung 42 Tage in Haft ab.

Als der Richter nach Angaben von Polanskis Anwalt den Deal platzen liess und stattdessen eine langjährige Haftstrafe forderte, floh Polanski nach Europa.

Die USA stellten das Verfahren, trotz entsprechender Bitte der Klägerin, nie ein. 2009 wurde Polanski in der Schweiz verhaftet. Er hätte eigentlich am Zurich Film Festival eine Auszeichnung für sein Lebenswerk entgegennehmen sollen, doch stattdessen klickten die Handschellen.

Hausarrest im Nobelkurort

Polanski sass zwei Monate in der Schweiz in Haft, anschliessend stand er acht Monate lang in seinem Chalet im Berner Oberländer Nobelkurort Gstaad unter Hausarrest und musste eine elektronische Fussfessel tragen. Einem Auslieferungsgesuch an die USA entsprach die Schweizer Justiz nicht.

2010 brachte eine britische Schauspielerin Vorwürfe vor, Polanski habe sie als 16-Jährige in eine sexuelle Beziehung gezwungen. Eine dritte Frau beschuldigte Polanski im vergangenen August, er habe sie 1973 sexuell bedrängt. Damals sei sie 16 gewesen.

Der französisch-polnische Regisseur lebt heute in Paris. Der Schweiz war er, unter anderem durch sein Chalet in Gstaad, stets verbunden. Am Montag war Polanski noch zu Gast am Zurich Film Festival.

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

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