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Sollen Mitarbeiter in Krippen gefährdete Kinder melden müssen?

Angestellte von Kinderkrippen oder professionelle Sporttrainer sollen künftig die Behörden informieren müssen, wenn sie den Verdacht haben, dass das Wohl eines Kindes gefährdet ist. (Symbolbild) KEYSTONE/CHRISTOF SCHUERPF sda-ats

(Keystone-SDA) Der Ständerat entscheidet heute Donnerstag, ob die Meldepflicht bei Verdacht auf Gefährdung des Kindeswohls ausgeweitet werden soll. Geht es nach dem Bundesrat, sollen zum Beispiel Angestellte von Kinderkrippen die Behörden informieren müssen.

Der Nationalrat hatte sich dagegen ausgesprochen. Im Ständerat hat die Vorlage jedoch bessere Chancen: Die vorberatende Kommission nahm sie einstimmig an. Sagt der Nationalrat allerdings anschliessend ein zweites Mal Nein, ist dieser Entscheid definitiv.

Im Nationalrat konnten sich die SVP und die FDP durchsetzen, aus deren Sicht die heutigen Bestimmungen genügen. Die Ständeratskommission sieht dies anders. Die Ausweitung der Meldepflicht sei eine wichtige Voraussetzung dafür, Delikte aufdecken und bekämpfen zu können, argumentiert sie. Unterschiedliche kantonale Regelungen seien beim Kindesschutz nicht angebracht.

Angestellte von Krippen

Von den neuen Regeln betroffen wären Personen, die beruflich regelmässig Kontakt zu Kindern haben – beispielsweise professionelle Sporttrainer, Musiklehrer, Angestellte von Kinderkrippen und Tagesmütter. Der Bundesrat möchte sie dazu verpflichten, bei den Kindesschutzbehörden Meldung zu erstatten, wenn sie denn Verdacht haben, dass das Wohl eines Kindes gefährdet ist.

Heute müssen nur Personen in amtlicher Tätigkeit – beispielsweise Lehrer oder Sozialarbeiter – den Behörden grundsätzlich mitteilen, wenn ein Verdacht auf Gefährdung des Kindeswohls besteht. Neu soll diese Pflicht auch für Fachpersonen aus Betreuung, Bildung, Religion oder Sport gelten.

Melderecht bei Berufsgeheimnis

Untersteht eine Person dem Berufsgeheimnis, soll sie nach dem Vorschlag des Bundesrates nicht verpflichtet, aber berechtigt sein, sich an die Kindesschutzbehörde zu wenden. Das betrifft etwa Ärztinnen, Psychologen und Anwälte. Heute dürfen diese nur Meldung erstatten, wenn eine strafbare Handlung vorliegt. Künftig sollen sie vorher einschreiten.

Generell soll eine Meldung jedoch nur dann erfolgen, wenn die Fachperson nach Abwägung der Interessen zum Schluss kommt, dass das dem Wohl des Kindes dient. Personen, die dem Berufsgeheimnis unterstehen, sollen neu auch berechtigt sein, der Kindesschutzbehörde bei der Abklärung des Sachverhalts zu helfen. Die Ständeratskommission möchte bei den Anwälten beim geltenden Recht bleiben.

Unbegründete Meldungen

Im Nationalrat hatten die Gegner vor einer Zunahme unbegründeter Meldungen gewarnt, etwa wegen blauer Flecken. Ein Verdacht sei etwas sehr Vages, gaben sie zu bedenken. Auch der Begriff des Kindeswohls sei vage.

Die Befürworter warfen den SVP- und FDP-Vertretern vor, stets harte Strafen für Täter zu fordern, aber nicht bereit zu sein, die Opfer besser zu schützen. Justizministerin Simonetta Sommaruga gab zu bedenken, im Nachhinein stelle sich oft die Frage, weshalb niemand hingeschaut habe. Heute sei von Kanton zu Kanton unterschiedlich geregelt, wer zu einer Meldung verpflichtet und wer dazu berechtigt sei. Das sei nicht sinnvoll.

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