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Präsident Hollande sagt Besuch in der Schweiz zu

Frankreichs Präsident François Hollande empfängt Bundespräsidentin Eveline Widmer-Schlumpf im Elysée. swissinfo.ch

François Hollande wird "in den nächsten Monaten" in die Schweiz reisen. Dies hat der französische Staatspräsident der Schweizer Bundespräsidentin Eveline Widmer-Schlumpf am Freitag anlässlich ihres Besuches in Paris zugesichert.

Die Visite, deren genaues Datum noch nicht fest steht, ist aber in etwa die einzige gute Nachricht, welche die Schweizer Bundespräsidentin nach ihrem kurzem Arbeitsbesuch in den Elysée-Palast vom Freitag vermelden konnte.

In der Steuerdiskussion bleiben die Differenzen bestehen. Immerhin einigten sich beide Länder auf einen “strukturierten Dialog”. 

Die Abgeltungssteuer, welche die Schweiz dem Nachbarn schmackhaft machen will, stösst bei Hollande nach wie vor auf offene Ablehnung. Er liess es bei der Bemerkung bewenden, dass er seine Meinung dazu ändern könne.

Mit der Abgeltungssteuer würde dem französischen Fiskus Geld von Vermögen zufliessen, welche französische Steuerflüchtlinge auf Schweizer Banken versteckt halten. Die Anonymität der Steuersünder bliebe dabei gewahrt, wie auch das Schweizer Bankgeheimnis, zumindest teilweise.

Frankreich besteht aber darauf, dass “gewisse Probleme” noch gelöst werden müssten. Dies gilt insbesondere für das neue Abkommen über die Erbschaftssteuer und die Zusammenarbeit in Steuerfragen.

“Es kann keine Steueramnestie geben”, rief Präsident Hollande dem Gast aus der Schweiz in Erinnerung. Widmer-Schlumpf entgegnete, dass das Modell der Abgeltungssteuer keineswegs eine Amnestie darstelle.

Schweizer Erben härter zur Kasse gebeten 

Besonders delikat sind auch die Neuerungen, die das Abkommen über die Erbschaftssteuer bringt. Dieses ist von Bern und Paris bereits paraphiert, vom Schweizer Parlament aber noch nicht gutgeheissen worden. Erben werden künftig in jenem Land besteuert, in dem sie leben und nicht mehr dort, wo die Person lebte, die das Erbe hinterliess.

Frankreich kennt sehr hohe Erbschaftssteuern. Davon betroffen wären viele der über 180’000 Schweizer, die im westlichen Nachbarland leben. Das neue Gesetz stösst deshalb in der Schweiz auf starken politischen Widerstand, namentlich bei der politischen Rechten.

“Paris hat einige Änderungen vorgeschlagen, um auf die Forderungen der Schweiz zu reagieren”, sagte Widmer-Schlumpf nach dem Treffen. Die Änderungen – Details wurden keine bekannt – würden jetzt den Finanzdirektoren der Kantone unterbreitet. Die Bundespräsidentin wies darauf hin, dass der Vertrag in der Schweiz vom Parlament gutgeheissen werden müsse und zudem noch dem fakultativen Referendum unterliege.

Der Behördenaustausch in Steuerfragen ist das andere Dossier, das Paris ärgert. Gegenwärtig sind in der Schweiz 200 Anfragen aus Frankreich blockiert. Der Grund? Bei jeder Anfrage müssen die Schweizer Behörden die Person informieren, deren Konten im Visier der französischen Steuerfahnder sind.

Dieses Problem soll mit einem neuen Gesetz über die behördliche Zusammenarbeit behoben werden. Bis es aber soweit ist, dauert es noch. Im Januar wird sich eine französisch-schweizerische Gruppe von Spezialisten treffen, um die Kooperation zu verbessern.

Immerhin ein Silberstreifen

Ganz verkachelt können die Beziehungen aber nicht sein. “Auf diplomatischer Ebene sind sie gut”, sagte EDA-Sprecher im Jean-Marc Crevoisier. Die beiden Aussenminister Didier Burkhalter und Laurent Fabius hatten sich im September während eineinhalb Stunden in Paris unterhalten. Vorgesehen war nur eine Stunde. Die Atmosphäre wurde von beiden als positiv gelobt. An der UNO-Generalversammlung in New York von Ende November und Anfang Dezember kreuzten sich ihre Wege erneut.

Unter Sarkozy war die Stimmung noch gut gewesen, zumindest zu Anfang. “Da ging es Frankreich nur um den möglichen Verkauf von Kampfflugzeugen des Typs Rafale an die Schweizer Luftwaffe”, sagte ein Insider.

Als sich die Schweiz anders entschieden habe, sei Sarkozy, der über enge Beziehungen zum Hersteller Dassault verfügt, sehr verärgert gewesen. Die Beziehungen zwischen den beiden Nachbarstaaten hätten die Folgen ausbaden müssen, sagte der Beobachter.

April 2009: Als Reaktion auf die Finanz- und Wirtschaftskrise sagen die G20-Staaten Steuerparadiesen den Kampf an.

Der damalige Präsident Frankreichs, Nicolas Sarkozy, griff die Schweiz scharf an, und sie wurde von der OECD auf eine graue Liste gesetzt.

Nach der Unterzeichnung von 12 Abkommen zur Zusammenarbeit in Steuerfragen und dem Informationsaustausch auf Verlangen kam die Schweiz auf eine weisse Liste.

August 2009: Die französische Finanzministerin Christine Lagarde und ihr Schweizer Amtskollege Hans-Rudolf Merz unterzeichnen ein neues Doppelbesteuerungs-Abkommen, das auf Anfang 2010 in Kraft tritt.

März 2012: Im Rennen um die Präsidentschaft schlagen sowohl Sarkozy als auch sein Herausforderer François Hollande die Besteuerung für Franzosen in der Schweiz vor. Diese bedingt eine Neuverhandlung des Steuerabkommens.

August 2012: Das Abkommen über die Erbschaftssteuer wird von den beiden Ländern paraphiert. Nach diesem werden Schweizer, die in Frankreich leben, auch dort besteuert. Das Gesetz stösst in der Schweiz auf politischen Widerstand, namentlich bei den politischen Rechten.

Gemäss einem französischen Medienbericht verfügte der aktuelle französische Budgetminister Jérôme Cahuzac bei der Grossbank UBS in Genf lange über ein Konto mit unversteuertem Vermögen.

Cahuzac wies die Vorwürfe als diffamierend zurück.

Die Informationsplattform Mediapart veröffentlichte am Mittwoch eine Tonaufnahme von Ende 2000. Darauf identifiziert sich ein Mann als Jérôme Cahuzac und bestätigt, dass er ein Konto auf einer Schweizer Bank besitze.

Laut Mediapart hat der Sozialist Cahuzac das Konto Anfang 2010 aufgehoben, nur wenige Tage bevor er Präsident der Finanzkommission des Parlaments wurde.

Das Geld soll der Minister nach Singapur transferiert haben.

(Übertragen aus dem Französischen: Renat Kuenzi)

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