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Bundesgericht gewährt Taiwan Rechtshilfe

Eine der sechs Fregatten in Taiwan. Keystone Archive

Das Bundesgericht hat die Rechtshilfe für Taiwan über die Fregattenaffäre aus dem Jahre 1991 abgesegnet. Dabei geht es um Schmiergelder in Millionenhöhe.

Den definitiven Entscheid muss der Bundesrat fällen. Er begibt sich auf heikles Terrain: Ein Ja könnte ungehaltene Reaktionen aus Peking auslösen.

Das Bundesgericht hat grünes Licht gegeben für die Rechtshilfe der Schweiz für Taiwan. Das wurde am Mittwoch bekannt. Andrew Wang, zentrale Figur in der Affäre um den Verkauf von sechs französischen Fregatten an Taiwan, ist vor Bundesgericht unterlegen. Die Lausanner Richter erachteten diesmal die von Taiwan abgegebenen Zusicherungen als ausreichend.

Im vergangenen Juni sicherte der taiwanesische Premierminister – nachdem bereits der Justizminister dies garantiert hatte – zu, dass Taiwan die Todesstrafe gegen Andrew Wang und seine Angehörigen weder beantragen noch verhängen werde. Dies genügte jetzt den Richtern in Lausanne, ihre bisherigen Bedenken fallen zu lassen und der Rechtshilfe zuzustimmen.

Bereits im Frühjahr 2004 hatte das Bundesgericht grundsätzlich grünes Licht für die Rechtshilfe gegeben. Es wies jedoch das Bundesamt für Justiz (BJ) an, von Taiwan erst verschiedene Garantien einzuholen.

Bundesrat muss entscheiden

Mit dem neuen Entscheid des Bundesgerichtes ist der Fall allerdings nicht abgeschlossen: Hängig ist noch eine Beschwerde beim Bundesrat. Bis diese erledigt ist, wird die Rechtshilfe laut Rudolf Wyss, Vizedirektor des BJ, ausgesetzt.

Der Geschäftsmann Wang hatte sich mit der Bitte an Justizminister Christoph Blocher gewandt, aus politischen Gründen auf die Rechtshilfe zu verzichten. Es seien Interessen der Schweiz tangiert.

Im vergangenen Herbst wies das Departement Blocher diese Beschwerden ab. Dagegen erhoben die Anwälte eine Verwaltungsbeschwerde an den Gesamtbundesrat, die derzeit noch hängig ist.

China sehr empfindlich

Das heisst, der Gesamtbundesrat muss sich mit dem Fall auseinandersetzen und begibt sich dabei auf politisch heikles Terrain: Für China ist Taiwan eine abtrünnige Provinz und kein eigener Staat. Die Schweiz anerkennt die Insel – wie die meisten andern Staaten – denn auch nicht. Auf vermeintliche Schritte der Anerkennung von Taiwan reagiert China trotzdem äusserst ungehalten.

Erst im August hatte der chinesische Botschafter in der Schweiz die “starke Unzufriedenheit” über einen Besuch von Ständeratspräsident Bruno Frick in Taiwan kund getan. Der Christdemokrat und Mitbegründer der Parlamentarier-Gruppe “Schweiz-Taiwan” hatte bei einer Privatreise eine Audienz beim taiwanesischen Präsidenten.

Keine Anerkennung

Der Bundesrat hatte sich allerdings bereits im November 2004 mit der Fregatten-Affäre befasst, als er in der Antwort auf eine Interpellation von Ständerat Peter Briner erklärte, die Schweizer Rechtshilfe komme keiner Anerkennung Taiwans gleich. Auch die traditionelle Ein-China-Politik der Schweiz sei nicht in Frage gestellt.

Dennoch liessen der Bundesrat und Justizminister Christoph Blocher bei der Behandlung des Vorstosses im Parlament die mit der hängigen Beschwerde gestellte Frage ausdrücklich offen.

500 Mio. Dollar eingefroren

Bei der Fregatten-Affäre geht es um Schmiergelder. 1991 bestellte Taiwan 2,5 Mrd. Dollar (3,25 Mrd. Franken) sechs französische Kriegsschiffe beim Rüstungs-Unternehmen Thomson. Der Preis soll massiv überhöht gewesen sein, um Schmiergelder ausrichten zu können. Auf Bankkonten in der Schweiz sind in diesem Zusammenhang rund 500 Mio. Dollar (0,65 Mrd. Franken) eingefroren. Andrew Wang fungierte als Vermittler für den Deal.

Im Rahmen der Rechtshilfe sind in der Schweiz Unterlagen zu Bankkonten der Familie Wang beschlagnahmt und rund eine halbe Mrd. Dollar eingefroren worden. Andrew Wang will auf keinen Fall, dass die Schweiz Taiwan die Dokumente aushändigt.

swissinfo und Agenturen

Die sechs Fregatten wurden der taiwanesischen Marine 1991 durch die französische Rüstungsschmiede Thomson geliefert. Der Kaufpreis betrug 2,5 Mrd. Dollar (3,25 Mrd. Franken).

Andrew Wang, damals Verantwortlicher der Rüstungsschmiede Thomson, soll Hunderte von Mio. Dollar als Schmiergelder an taiwanesische Entscheidungsträger bezahlt haben, um den Fregatten-Deal zu einem überhöhten Preis zu garantieren.

500 Mio. Dollar (650 Mio. Franken) sind gegenwärtig auf Schweizer Bankkonten blockiert.

Als Mao Tse-Tung 1949 die Volksrepublik gründete, baute der Pazifik-Archipel Taiwan mit seinen 22 Mio. Einwohnenden seine eigenen politischen Strukturen auf.

Allerdings wird Taiwan nur von rund zwanzig kleinen Ländern anerkannt.

Die Schweiz betrachtet Taiwan als eine chinesische Provinz ohne juristische Persönlichkeit im internationalen Recht. Die Regierung wird als Provinzbehörde betrachtet.

Aus der Sicht von China ist Taiwan eine abtrünnige Provinz. Wenn ein anderer Staat Taiwan anerkennt, bedeute das automatisch die Beendigung der diplomatischen Beziehungen mit China.

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