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Takhi – ein Geisterpferd kommt zurück

In der Steinzeit zogen Wildpferde zu  Tausenden durch die Steppen Eurasiens. 1960 war die Population erloschen. Mit den letzten ihrer Art – nur zwölf Tieren – haben Schweizer Natur- und Tierfreunde nun eine neue Population gezüchtet. Das "Takhi" streift wieder durch die Wüste Gobi. 

Ausgerottet ist ausgerottet – das gilt nicht immer: Steinbock, Rothirsch, Biber, Luchs und Bartgeier wurden in der Schweiz wieder angesiedelt. Man nutzte dazu gesunde Populationen aus dem nahen Ausland. Weit komplizierter war das Schicksal des Przewalskipferds, der einzigen überlebenden Wildform des Pferdes. Denn von ihm gab es keine Population mehr. Mit Hilfe der Schweiz konnten Tierfreunde den Bestand jedoch wieder aufbauen. 

“Takhi”: Das heilige Pferd der Mongolen

In der Steinzeit zogen Wildpferde zu  Tausenden durch die Steppen Eurasiens. Frühzeitliche Künstler malten sie an Höhlenwände – und bejagten sie. Über Jahrtausende zog sich die Art nach Zentralasien zurück. Den Mongolen war sie heilig; sie nannten sie “Takhi”. Doch das schützte sie nicht vor Verdrängung und Verfolgung. Im 20. Jahrhundert blieben bloss versprengte Individuen in der mongolischen Gobi übrig. Auch diese wurden in den 1960ern gewildert. Buchstäblich wurde das Takhi so zum Geisterpferd.

Hoffnung blieb: In Zoos hatten rund 50 Tiere überlebt. Würde das reichen, die extrem seltene Art zu retten? Eine Handvoll weitsichtiger Tierpärke, Mäzene, Naturschützer und Forscher wollte es wissen. Sie setzten sich zum Ziel, das Takhi in seinem letzten Lebensraum von Europa aus wieder anzusiedeln. Sie starteten ein Erhaltungszuchtprogramm und bauten aus gerade mal zwölf Gründertieren in langjähriger Arbeit einen Bestand auf.

1992, dreissig Jahre nach der Ausrottung, transportierten Naturschützer ein erstes Grüppchen Geisterpferde in die Gobi zurück. Dort wurden sie in grossen Eingewöhnungsgehegen akklimatisiert. Die Naturschützer formierten sich später in der „International Takhi Group“Externer Link (ITG) mit Sitz in der Schweiz. Heute ist die erste Wiederansiedlung 25 Jahre her – Anlass für die Naturschutzorganisation, ihre Arbeit und ihren Erfolg in der Mongolei zu zeigen. Einige der hier publizierten Bilder entstammen einer Wanderausstellung der Organisation, zu deren Realisierung auch die Deza beigetragen hat. 

Durch Krankheiten und mörderische Winter

Das ganze Projekt war ein generalstabsmässiges Unterfangen, geprägt von Pioniergeist. Die Takhi waren in Zoos aufgewachsen; doch die Wüste Gobi hat ein besonders brutales Klima: 40 Grad Celsius im Sommer, minus 45 Grad im Winter. Die völlig unerfahrenen Tiere, so selten wie der Grosse Panda, mussten das genetische Nadelöhr, Krankheiten und mörderische Winter überstehen.

Heute durchstreifen wieder über 170 Takhi die Südwestmongolei. “Ihre bisher erfolgreiche Wiederansiedlung zeigt, dass in Freiheit erloschene Arten noch aus kleinsten Beständen gerettet werden können”, schreiben die Verantwortlichen der International Takhi Group, “doch dies brauchte jahrelanges Engagement – und Spenden von Naturliebhabern.”

Die ehrenamtlich arbeitende Takhi Group schützt damit nicht nur das Takhi, sondern auch das einmalige Ökosystem der Gobi mit weiteren seltenen Arten, etwa dem Schneeleoparden. Lokale Ranger stellen heute sicher, dass die Regeln des Schutzgebietes eingehalten werden. Noch ist der Takhi-Bestand aber winzig. Krankheiten oder ein heftiger Winter könnten das Takhi wieder an den Rand des Aussterbens bringen, zum Geisterpferd machen. Daher läuft das Zuchtprogramm und die finanzielle Unterstützung vor Ort weiter, wie die Takhi Group mitteilt.

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