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Den Tunnelbauern geht die Arbeit noch lange nicht aus

Schon weit fortgeschritten sind die Arbeiten in der Oströhre des Monte Ceneri-Basistunnels. Dank ihm und dem Gotthard-Basistunnel müssen Züge, welche die Schweiz in Nord-Süd-Richtung durchfahren, keine grösseren Steigungen mehr absolvieren. Keystone/GAETAN BALLY sda-ats

(Keystone-SDA) Auch nach der Inbetriebnahme des Weltrekord-Gotthard-Basistunnels sind die Tunnelbauer in der Schweiz nicht arbeitslos: Derzeit sind mehr als 50 Kilometer Bahn- oder Strassentunnel in Bau. Weitere, ganz grosse Projekte sind geplant.

Praktisch im Monatstakt wurden im zu Ende gehenden Jahr Tunnelanstiche oder Durchstiche vermeldet. Angestochen wurde beispielsweise die dritte Röhre durch den Gubrist, der seit der Eröffnung des Bareggtunnels zum eigentlichen Nadelöhr auf der A1 im Grossraum Zürich geworden ist.

Wie der Gubrist so bekommt auch der A2-Belchentunnel zwischen Hägendorf SO und Eptingen BL eine dritte Röhre. Nach der Eröffnung können abwechslungsweise die beiden bestehenden Durchgänge saniert werden. Kleinere Tunnels bilden auch Teile von neuen Umfahrungsstrassen in Baar ZG und Küssnacht SZ. In Küssnacht gab’s 2017 zweimal Probleme.

Flachbahn durch die Schweiz wird Realität

Der längste, derzeit in Bau befindliche Tunnel ist der 15,4 Kilometer lange Ceneri-Basistunnel vom Sopraceneri, von Camorino in der Magadinoebene, ins Sottoceneri bei Vezia. Wenn er in drei Jahren in Betrieb genommen wird, wird die durchgehende Flachbahn von Altdorf bis Lugano Realität.

Bis allerdings auf diesem Korridor auch Güter mit einer Eckhöhe von vier Metern transportiert werden können, müssen viele kleine und einige grössere Tunnels zwischen Basel und Chiasso vergrössert werden. Das grösste derartige Projekt ist der Bau eines neuen Tunnels durch den Bözberg zwischen Effingen und Schinznach-Dorf im Kanton Aargau.

Ein grösseres Bahnprojekt stellt auch der knapp sechs Kilometer lange, neue Albula-Tunnel der Rhätischen Bahn zwischen Preda und Spinas dar. Er soll Ende 2020 in Betrieb genommen werden und den alten, seit 1903 in Betrieb stehenden Bahntunnel ablösen.

Durchstich verschoben

Für Ende 2017 war auch der Durchstich des Eppenberg-Tunnels der SBB zwischen Wöschnau und Gretzenbach geplant. Inzwischen ist der viermonatige Vorsprung im Bauprogramm kleiner geworden, so dass der Durchstich erst im Frühjahr 2018 stattfinden kann, wie die SBB mitteilten. Der gesamte Vierspurausbau im solothurnischen Niederamt wird ab 2020 die Kapazität der Hauptschlagader des Schweizer Schienennetzes deutlich erhöhen.

Im Rahmen des Doppelspurausbaus der Linie Bern-Neuenburg ist bei Rosshäusern BE ein neuer, zwei Kilometer langer Tunnel in Bau, der in rund einem Jahr in Betrieb genommen werden kann. In St. Gallen wurde Mitte Jahr der 700 Meter lange Ruckhaldentunnel durchbrochen. Dank dem Tunnel können die Appenzeller Bahnen künftig ohne Zahnradbetrieb von St. Gallen nach Trogen fahren.

Im Raum Genf ist ebenfalls Mitte Jahr der letzte Tunnel einer neuen S-Bahnlinie durchbrochen worden, die Genf mit dem französischen Ort Annemasse verbinden. 14 Kilometer der hauptsächlich im Untergrund verlaufenden Bahnlinie liegen im Kanton Genf. In Lausanne bekommt die Waadtländer Regionalbahn Lausanne-Echallens-Bercher (LEB) einen neuen, 1,7 Kilometer langen Tunnel.

Gleich mehrere Tunnels weist auch der Vortrieb der Autobahn A9 Richtung Oberwallis auf. Der dieses Jahr in Betrieb genommene Ostast der A5 bei Biel und die Eröffnung des letzten Teilstücks der Transjurane von Biel bis Boncourt JU weisen ebenfalls mehr als einen Tunnel auf.

Ab 2020 wird am Gotthard erneut gebohrt

Das Gotthardmassiv wird demnächst ein viertes Mal durchlöchert. Frühestens 2020 erfolgt der Anstich der vom Schweizer Volk an der Urne bewilligten zweiten Autobahnröhre. Diese kostet rund zwei Milliarden Franken. Die Eröffnung der zweiten Röhre ist frühestens für Ende 2027 geplant.

Etwas früher, nämlich 2025, soll eine der beiden nördlichen Zufahrtsstrecken zum Gotthard, diejenige entlang der Axenstrasse zwischen Brunnen SZ und Flüelen UR ausgebaut werden. Dabei soll zwischen Ingenbohl SZ und Sisikon UR eine neue, acht Kilometer lange Strasse gebaut werden, die grösstenteils durch den Felsen verläuft.

Auch die Arbeiten am Lötschberg-Basistunnel sind noch nicht abgeschlossen. Je rund 14 Kilometer der zweiten Röhre sind fertiggestellt beziehungsweise im Rohbau fertig, doch weitere sechs Kilometer müssen erst noch ausgebrochen werden.

Utopische Projekte

Je grösser der Zeithorizont, desto anspruchsvoller werden die in der Schweiz geplanten Tunnelbauprojekte. Dies trifft auch den Bau eines Durchgangsbahnhofes Luzern zu, mit dem die enge und umständliche Zu- und Wegfahrt zum derzeitigen Kopfbahnhof beseitigt werden könnte.

Geradezu utopisch mutet das Projekt “Cargo sous terrain” an. Es handelt sich um Pläne für eine unterirdische Güterbahn quer durchs Schweizer Mittelland. Als erster Ast soll bis 2030 die 3,5 Milliarden Franken teure Strecke zwischen Härkingen SO/Niederbipp BE nach Zürich gebaut werden.

Das gesamte, vollautomatisch betriebene Netz von Genf bis St. Gallen und von Basel bis Luzern mit rund 80 Hubs zum Ein- und Ausladen von Waren soll bis 2045 fertig gestellt werden.

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

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