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Der Wald erobert sich die Voralpen zurück

Weniger Weiden, mehr Wald. René Maier

Die Fläche des Schweizer Waldes hat in den letzten elf Jahren um fast 5% zugenommen. Der Wald erobert sich immer mehr ungenutzte Alpweiden zurück.

Dies zeigen die ersten Ergebnisse des dritten Landesforstinventars, das bedeutende regionale Unterschiede aufzeigt.

Der Schweizer Wald bedeckt heute eine Fläche von 1,27 Millionen Hektaren; das sind 31% der Landesfläche. Im Vergleich zum zweiten Landesforstinventar (1993-1995) hat der Wald innert elf Jahren gesamtschweizerisch um 4,9% zugenommen.

Im Jura und im Mittelland hat sich die Waldfläche seither nicht signifikant verändert. In den Voralpen hat sie um rund 2% und in den Alpen und auf der Alpensüdseite um je rund 9% zugenommen.

Die Mutation von Alpweiden zu Waldflächen hat positive und negative Folgen. Positiv ist die CO2-Senkenleistung des Waldes. Beim Wachstum nimmt der Wald C02 aus der Atmosphäre auf. Wald ist zudem ein guter Wasserspeicher und nimmt in den Bergen auch Schutzfunktionen ein.

Sie Erweiterung der Waldfläche sagt nichts aus über den Gesundheitszustand – Stichwort Waldsterben – der Bäume.

Negative Auswirkungen habe die Entwicklung auf die Artenvielfalt, führt Adrian Aeschlimann, Sprecher des Bundesamtes für Umwelt gegenüber swissinfo aus. “Bewirtschaftete Alpen sind auch Lebensraum für seltene Pflanzen und Tiere.”

Aeschlimann erinnert daran, dass seit mehr als 100 Jahren in der Schweiz ein Rodungsverbot existiert. “Flächen, die sich der Wald zurückerobert, dürfen nicht gerodet werden.”

Das soll sich künftig ändern. Die Landesregierung hat eine Revision der Waldgesetzgebung beschlossen. Der Ball liegt nun beim Parlament.

“Mit der Revision sollen Rodungen auf einstmals landwirtschaftlich genutzten Flächen grundsätzlich ermöglicht werden. So etwa, wenn zukünftige Besitzer eine Alp wieder nutzen möchten.”

Zuwenig Nadelholz

Laut dem dritten Landesforstinventar beträgt der Gesamtvorrat aller lebenden und toten Bäume rund 420 Mio. Kubikmeter. Dies entspricht einer leichten Zunahme in den letzten elf Jahren von 3%.

Der Vorrat pro Hektare Waldfläche hat sich hingegen nicht verändert, was unter anderem mit der Zunahme der Waldfläche zusammenhängt.

Der Laubholzvorrat hat in allen Regionen zugenommen, im Durchschnitt um rund 10%. Bei Nadelholz ist dagegen eine leichte Abnahme zu verzeichnen; gesamtschweizerisch ist der Nadelholzanteil von 71 auf 69% gesunken.

Regional sind grosse Unterschiede auszumachen: Während der Holzvorrat der Alpensüdseite um fast 20% zunahm, hat er im Mittelland um rund 7% abgenommen. Betrachtet man den Vorrat der Fichte, so zeigt sich im Mittelland eine Vorratsabnahme von 22% in den letzten elf Jahren.

Bedürfnisse der Holzindustrie vernachlässigt

Das ist teils auch eine Folge des Sturms “Lothar” im Jahr 1999 und des Hitzesommers 2003. Insgesamt beträgt aber der Holzzuwachs jährlich 9,5 Millionen Kubikmeter.

Die Abnahme des Fichtenvorrats im Mittelland um 22% sei unerwartet hoch, schreibt Waldwirtschaft Schweiz. Die Fachleute seien gefordert, sich damit zu befassen. Denn die Fichte sei für die holzverarbeitende Industrie die weitaus wichtigste Baumart.

Der Markt suche Nadelholz, hielt auch der Verband Holzindustrie Schweiz fest. Der Rückgang des Fichtenvorrats sei Ausdruck einer Forstpolitik, die sich einseitig an Naturschutzzielen orientiere und die Bedürfnisse der Holzindustrie vernachlässige. Nötig sei eine forstpolitische Umkehr zu Gunsten der Fichte.

swissinfo und Agenturen

Die 5. Ministerkonferenz zum Schutz der Wälder in Europa hat vom 5. bis 7. November in Warschau stattgefunden.

49 Länder haben daran teilgenommen, darunter auch die Schweiz.

Die Konferenz hat zwei Resolutionen verabschiedet. Die erste verlangt eine vermehrte Nutzung des Holzes in der Energieproduktion.

Die zweite Resolution fordert eine bessere Koordination von Wald- und Wasserressourcenpolitik, sowohl auf lokaler Ebene wie auch grenzüberschreitend.

Wälder bieten einerseits Schutz gegen Hochwasser und Bodenerosion, andererseits liefern sie sauberes Trinkwasser.

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