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Deutsche Wirtschaft erstmals seit 2015 geschrumpft – Eurozone lahmt

Die Probleme der deutschen Autoindustrie sind ein Grund für die konjunkturelle Abschwächung. (Archivbild) KEYSTONE/AP dapd/Joerg Sarbach sda-ats

(Keystone-SDA) Die deutsche Wirtschaft ist im dritten Quartal erstmals seit dreieinhalb Jahren geschrumpft. Schuld sind die Autoindustrie und schwächelnde Exporte. Dies sorgte auch für Bremsspuren in der Eurozone.

Im dritten Quartal legte die Wirtschaft in der Eurozone noch um 0,2 Prozent zum Vorquartal zu. Das ist das schwächste Wachstum seit über vier Jahren.

Vor allem das Schwächeln Deutschlands als grösste Volkswirtschaft im Währungsraum bremste die gesamte Dynamik. Die Konjunktur in Italien stagnierte, während es in Frankreich um 0,4 Prozent nach oben ging.

Die deutsche Wirtschaft schrumpfte im dritten Quartal erstmals seit dreieinhalb Jahren. Sinkende Exporte und eine geringere Kauflust der Konsumenten liessen das Bruttoinlandprodukt (BIP) um 0,2 Prozent zum Frühjahr sinken. Die Bundesregierung begründete dies auch mit Problemen der Autoindustrie bei der Umstellung auf den neuen Abgasprüfzyklus WLTP.

Zum letzten Mal war die Wirtschaftsleistung im ersten Jahresviertel 2015 rückläufig. Damals war das BIP um 0,1 Prozent gesunken.

Neue Abgasprüfstandard als Klotz am Bein

Ökonomen gehen aber davon aus, dass sich der Aufschwung in Deutschland fortsetzt. “Der Aufschwung wurde im dritten Quartal nur unterbrochen. Ursache war die WLTP-Problematik in der Autoindustrie”, erklärte das deutsche Wirtschaftsministerium. Hintergrund sind die Probleme wegen der Umstellung auf den neuen Abgas-Prüfstandard WLTP.

Weil nicht alle Automodelle rechtzeitig eine Genehmigung für eine Neuzulassung hatten, mussten Hersteller die Produktion herunterfahren. “Die aufgrund fehlender Zulassungen gedrosselte Automobilproduktion wird in den kommenden Monaten aufgeholt, das Wachstum dann entsprechend grösser sein”, erläuterte Dekabank-Chefökonom Ulrich Kater.

Die Probleme der Autobauer schlugen auch auf den Privatkonsum durch, der als Stütze der Konjunktur gilt. Die Verbraucher im In- und Ausland warteten mit ihren Autokäufen ab. Das drückte die Konsumausgaben gegenüber dem Vorquartal.

Der Export fiel als Wachstumstreiber aus. Nach vorläufigen Berechnungen gab es im Sommer weniger Ausfuhren, aber mehr Importe als im zweiten Quartal des Jahres.

Die Exportnation Deutschland leidet zunehmend unter den vor allem von den USA angeheizten Handelskonflikten. Auch ohne die Probleme in der Autoindustrie wäre die deutsche Wirtschaft wegen nachlassender Nachfrage aus China kaum noch gewachsen, erläuterte Commerzbank-Chefökonom Jörg Krämer.

Fortsetzung des Aufschwungs erwartet

Gegenüber dem Vorjahreszeitraum stieg das deutsche Bruttoinlandprodukt im dritten Quartal preisbereinigt um 1,1 Prozent.

Ökonomen rechnen mit einer Fortsetzung des Aufschwungs, das weitere Wirtschaftswachstum dürfte aber an Stärke verlieren. Volkswirte, internationale Organisationen sowie die Bundesregierung hatten zuletzt ihre Konjunkturprognosen gesenkt.

So rechnen beispielsweise die “Wirtschaftsweisen” inzwischen für dieses Jahr mit einem Zuwachs des Bruttoinlandprodukts von 1,6 Prozent und für 2019 von 1,5 Prozent. Etwas optimistischer ist die Bundesregierung. Sie ging zuletzt von einem Plus von jeweils 1,8 Prozent aus. Im vergangenen Jahr hatte die deutsche Wirtschaft noch um 2,2 Prozent zugelegt.

Japan leidet unter Naturkatastrophen

Ebenfalls nicht rosig sieht die Lage in Japan aus. Hier haben Naturkatastrophen wie Erdbeben, Taifune und starken Regenfälle die Wirtschaft im dritten Quartal stark belastet. Das auf das Jahr hochgerechnete BIP fiel von Juli bis Ende September im Vergleich zum Vorquartal um 1,2 Prozent. Im zweiten Quartal war die Wirtschaft noch um 3 Prozent gewachsen.

Dagegen haben in China Industrieproduktion und Investitionen von Unternehmen im Oktober überraschend etwas an Fahrt aufgenommen. Die Industrieproduktion sei im Oktober im Vergleich zum Vorjahr um 5,9 Prozent gestiegen, teilte die Regierung mit. Experten hatten damit gerechnet, dass der Produktionsanstieg auf dem Vormonatswert von 5,8 Prozent verharrt.

Noch besser fiel der Anstieg der Investitionen aus. Schwächer als erwartet war dagegen der Detailhandelsumsatz.

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