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Schweiz wird Schauplatz der politischen Konflikte in Kamerun

Cameroun
Bei den Präsidentschaftswahlen im Oktober 2018 wurde Paul Biya für eine achte Amtszeit wiedergewählt. Eine Langlebigkeit, die sich in häufigen Aufenthalte in Genf bemerkbar macht. Keystone / Nic Bothma

Eine Delegation von Gegnern der kamerunischen Regierung weilt in der Schweiz zu Gesprächen, die Bern für mögliche Friedensverhandlungen organisiert hatte. Dann fliegt Autokrat Paul Biya in Genf ein. Es kommt zu Schlägereien im Hotel. Und zum diplomatischen Eklat.

Seit 2017 tobt ein blutiger Konflikt zwischen englischsprachigen Separatisten und Regierungskräften in der ehemaligen deutschen Kolonie Kamerun, die nach dem Ende des Ersten Weltkriegs von Frankreich und dem Vereinigten Königreich übernommen wurde. Die Separatisten wollen, dass ihre beiden Provinzen – der Südwesten und der Nordwesten – zu einem unabhängigen Staat werden: Ambazonia. Eine Forderung, die in der Hauptstadt abgelehnt wurde.

Das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) hat es am Donnerstag bekanntgegeben: “Auf Wunsch der Parteien übernimmt die Schweiz die Rolle des Moderators in der Krise im Nordwesten und Südwesten Kameruns. Zu diesem Zweck fand in der Schweiz ein zweites Vorbereitungstreffen mit verschiedenen kamerunischen Oppositionsgruppen statt.”

Die Zeitung “Le Temps” berichtet, dass das erste Treffen im Mai in Genf stattfand, während das zweite im Wallis in Saint-Luc über die Bühne ging. Regierungsvertreter hätten an diesen Vorbereitungstreffen explizit nicht teilnehmen sollen.

Der bis dahin geheimgehaltene Prozess zielt nach Angaben des EDA darauf ab, “einen umfassenden Verhandlungsprozess zu ermöglichen”. Ziel dieses zweiten Treffens war es, die “künftigen Friedensverhandlungen zwischen der kamerunischen Regierung und der politischen Opposition vorzubereiten.”

Zufall oder nicht, der Staatschef von Kamerun hält sich ausgerechnet jetzt wieder im Hotel Intercontinental Genf auf. Seine regelmässigen Aufenthalte dort sind den Menschen in Kamerun seit langem ein Dorn im Auge. Dies auch, weil der Präsident sich an die Macht klammert. Paul Biya übernahm die Präsidentschaft am 6. November 1982, nachdem er gegen Ahmadou Ahidjo geputscht hatte – gegen den ersten gewählten Präsidenten des unabhängigen Kameruns.

Biyas Anwesenheit hat auch das Treffen seiner Opposition im Wallis gestört. Das sagte Dabney Yerima, Vizepräsidentin der selbsternannten Republik Ambazonia, die für das Treffen in die Schweiz kam: “Ich war überrascht, als ich sah, dass Paul Biya in Begleitung einer Delegation in der Schweiz war. Es war zu befürchten, dass entgegen allem was mir gesagt wurde, Regierungsbeauftragte am Treffen teilnehmen könnten”. Sie verzichtete auf eine weitere Teilnahme an der Konferenz.

Etwa vierzig kamerunische Gegner hatten sich bereits am Dienstag Zutritt zum Hotel Intercontinental verschafft. Die “Tribune de Genève” berichtete von einer “Schlägerei” zwischen Demonstranten und Mitgliedern der präsidialen Sicherheitskräfte.

Am nächsten Tag versammelten sich etwa zehn Gegner vor dem Hotel, um zu demonstrieren. Ein Journalist des Schweizer Radiosenders RTS wurde bei der Berichterstattung von Leibwächtern des kamerunischen Präsidenten angegriffen. Auf Anfrage von swissinfo.ch bestätigte der EDA-Sprecher Georg Farago, dass nach dem Vorfall diplomatische Schritte unternommen wurden: “Der kamerunische Botschafter wurde nach Bern berufen und das EDA hatte ihm mitgeteilt, dass solche Vorfälle inakzeptabel seien, dass die Pressefreiheit geschützt sei und respektiert werden müsse.”

Eine Demonstration ist für diesen Samstag in Genf geplant. Die in verschiedenen europäischen Ländern im Exil lebenden Kameruner und Kamerunerinnen sind aufgerufen, gegen das 86-jährige Staatsoberhaupt zu protestieren.

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