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Diven und US-Produktionen dominieren Piazza Grande

Grosses Kino auf der Piazza Grande. Keystone

Mehr Filme aus den USA und Asien und eine eher magere Schweizer Vertretung prägen die 60. Ausgabe des Internationalen Filmfestivals von Locarno.

Unter den 19 Filmen im internationalen Wettbewerb um den Goldenen Leoparden ist die Schweiz mit dem Streifen “Fuori Dalle Corde” des Jungressieurs Fulvio Bernasconi vertreten.

Grosse Produktionen, gute Unterhaltung! Frédéric Maire, seit zwei Jahren als künstlerischer Direktor für das Filmfestival von Locarno verantwortlich, verfolgt seine Linie konsequent und, wie es scheint, erfolgreich.

Die Piazza Grande ist publikumsfreundlich programmiert, dominiert von US-Streifen wie “The Bourne Ultimatum” von Paul Greengrass, in dem Matt Damon als Jason Bourne bereits zum dritten Mal über die Riesenleinwand im Herzen von Locarno hetzen wird.

Nicht nur Adam Shankmans Musikkomödie “Hairspray”, ein Remake des gleichnamigen Films von John Waters mit John Travolta und Michelle Pfeiffer oder die Horrorparodie “Planet Terror” von Robert Rodriguez tragen zur Vielfalt der Piazza Grande bei, sondern auch US-Independent-Produktionen wie die Komödie “Waitress” von Adrienne Shelly und die Doku-Fiction “Chicago 10” von Brett Morgan.

Locarno im Wandel der Zeiten

Trotz Retrospektiven und Blicke in die Vergangenheit des nunmehr 60 Jahre jungen Festivals stehen die Verantwortlichen mit beiden Beinen in der Gegenwart und haben die Weichen für die Zukunft gestellt.

Mit dem japanischen computergenerierten Animationsfilm “Vexille” von Fumihiko Sori wird das Festival eröffnet, ein Schritt in die Zukunft, die auch im Film-Business digital sein wird. Für diese digitale High-Definition-Projektion musste die Vorführkabine auf der Piazza Grande technisch neu aufgerüstet werden.

Locarno ist stolz auf seine Entdeckertradition. Diese wird mit der Retrospektive “Retour à Locarno” gefeiert. Präsentiert werden Filmemacher und ihre Werke, die ihren Durchbruch am Filmfestival gemacht haben. Erwartet werden unter anderen Claude Chabrol, Istvàn Szabó, Alain Tanner, Fredi M. Murer und Yousri Nasrallah.

Werke von und über Frauen

Mehr als 20 der 170 Festival-Filme wurden von Regisseurinnen realisiert, ein vergleichsweise hoher Anteil. Dabei wird, wie im Dokumentarfilm “Vogliamo anche le rose” der Italo-Schweizerin Alina Marazzi, häufig die Rolle der Frau thematisiert.

“Signore & Signore” ist eine Hommage an die Grandes Dames des italienischen Kinos. Sie wird mit einer Auswahl von 20 Filmen zelebriert. Darunter Luchino Viscontis “Bellissima” mit Anna Magnani von 1951, Federico Fellinis “Giulietta degli spiriti” mit Giulietta Masina von 1975 sowie Filmen mit Gina Lollobrigida, Franca Valeri, Sofia Loren, Monica Viti, Ornella Muti, Monica Belluci und anderen mehr.

Bescheidenes Schweizer Filmschaffen

Im Gegensatz zum letzten Jahr muss man nach Filmen aus helvetischer Produktion beinahe suchen – ein Spiegel der aktuellen Produktion. Zum Abschluss des Schweizer Tages am 7. August wird Jacob Bergers Spielfilm “1 Journée” gezeigt, anstelle des Animationsfilms Max & Co., der vom Verleiher nicht freigegeben wurde, da er erst im Winter in die Schweizer Kinos kommen soll.

In der Reihe “Appellations Suisse” werden zehn Schweizer Kinofilme mit internationalem Potenzial vorgestellt. Darunter “I Was A Swiss Banker” von Thomas Imbach, der bereits im Vorprogramm des internationalen Filmfestivals von Berlin gezeigt wurde.

Stolze Organisatoren

“Wir sind stolz darauf, dass Locarno mit seinen sechzig Jahren in der Champions-League der Filmfestivals spielt”, freute sich Festivalpräsident Marco Solari bei der Präsentation des Programms in Bern gegenüber swissinfo.

“Doch das geht nur, weil wir auf öffentliche Subventionen und die Unterstützung der Wirtschaft zurückgreifen können. Wir selbst generieren nur 15 bis 20% der Einnahmen.”

swissinfo, Etienne Strebel

Das Internationale Filmfestival von Locarno feiert dieses Jahr seine 60. Auflage.

Gegen 20 Debutfilme werden vorgeführt.

In der offiziellen Auswahl fungieren über 30 Länder

In den offiziellen Hauptprogramm-Reihen werden rund 80 Spielfilme gezeigt.

Die neuen Filme werden auf fünf verschiedene Programmreihen verteilt:
die Piazza Grande, den Internationalen Wettbewerb, den Wettbewerb der Cinéastes du présent, Ici & Ailleurs sowie die Léopards de demain.

Dazu gesellen sich der Ko-Produktions-Workshop, die Open Doors-Publikumsvorführungen, Play Forward, die Retrospektive Retour à Locarno, Signore & Signore (Hommage an die Grandes Dames des italienischen Kinos) und die Parallel-Sektionen Semaine de la Critique und Appelations Suisse.

Das mit dem Hauptpreis verbundene Preisgeld von 90’000 Fr. geht zu gleichen Teilen an den Regisseur und an die Produzenten des Sieger-Films.

2006: Das Fräulein (Andrea Štaka), Schweiz
2005: Nine Lives (Rodrigo García), USA
2004: Private (Saverio Costanzo), Italien
2003: Khamosh Pani – Silent Waters (Sabiha Sumar), Pakistan
2002: Das Verlangen (Iain Dilthey), Deutschland
2001: Alla rivoluzione sulla due cavalli (Maurizio Sciarra), Italien
2000: Baba (Shuo Wang), China

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