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Ein Blick auf die Kriege der Gegenwart

Keystone

Das IKRK hat in Genf und New York die Ausstellung "Unsere Welt im Krieg" eröffnet. Die Ausstellung zeigt die Arbeit von fünf Fotografen in Konfliktzonen vom Kongo über Kolumbien bis zu den Philippinen.

Die Idee ist, mit diesen Fotografien in der Öffentlichkeit Bewusstsein zu schaffen. Die Wanderausstellung soll später in 40 Ländern gezeigt werden.

Für die Ausstellung wählte das IKRK den nüchteren Saal der AIG beim Pont de la Machine.

In der Tat könnte der Kontrast zwischen der Ruhe am Genfersee und den Bildern der Fotografen der Agentur VII nicht grösser sein.

Für die Besucher beginnt diese Reise in Liberia. Die Bilder werden mit erläuternden Texten begleitet, zum Beispiel über die unzähligen Landminen in Afghanistan und ihre Folgen: Amputierte, Tote und Verletzte.

Oder die Geschichte eines 16-jährigen Mädchens, das von seinen Eltern verlassen wurde und jetzt in einem Heim für Geisteskranke lebt. Dort wird es vielleicht den Rest seines Lebens verbringen.

Die Bilanz von 14 Jahren Bürgerkrieg in Liberia sieht nicht besser aus. Die Bilder der Agentur zeigen die Rehabilitierung Amputierter und ihre Fussballmannschaften. Letztere versuchen, ihnen Menschenwürde und Lebensfreude zurückzugeben.

Die Fotografien erzählen auch von den “Toten durch Hunger, Krankheiten und Erschöpfung auf den Wegen Liberias”. Ein besonders grauenhafter Fall ist derjenige einer Frau, die zum Singen und Tanzen gezwungen wurde, während die Guerrilleros ihren Mann folterten und anschliessend ihre 12-jährige Tochter vergewaltigten.

Kolumbien, Georgien, Haiti

Die Ausstellung zeigt die Folgen von 45 Jahren Konflikt in Kolumbien mit der Bilanz von 2,5 Millionen Vertriebenen und Flüchtlingen. Oder die Wirklichkeit Georgiens im Kaukasus. Dort besuchte der Fotograf eine Baracke, in welcher 20 Familien mit einer einzigen Toilette ohne fliessendes Wasser leben.

Laut dem IKRK beträgt die Arbeitslosigkeit in einigen Gegenden Georgiens 70%. Die staatliche Unterstützung beläuft sich pro Monat auf 22 Laris oder umgerechnet 10 Franken pro Familie. “Die Flüchtline überleben dank einer Diät von Hülsenfrüchten und Teigwaren”, erläutert der Text des IKRK.

Die Reise führt weiter nach Haiti, dem rückständigsten Land der westlichen Hemisphäre. Hier malt das IKRK ein düsteres Bild “von chronischer Armut, Elend, Entforstung, Gewalttätigkeit, fehlender ärztlicher Betreung und politischer Instabilität”; ein Land, wo die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung mit weniger als einem Franken pro Tag auskommen muss.

“Oft backen die Leute Brot aus Lehm mit Butter und Salz, um ohne Hungergefühl einschlafen zu können”, erläutert der Fotograf der Agentur VII. Andere Bilder zeigen Mütter, die mit ihren gelähmten Säuglingen mitten im Abfall schlafen.

Der Libanon, die Philippinen und der Kongo

Die traurige Reise zu den Dramen der Gegenwart führt weiter in den Libanon und auf die Philippinen. Dort halten die Fotografen mit ihrer Kamera die Folgen der bewaffneten Auseinandersetzung zwischen Israel und der Hisbollah (pro-iranische Miliz) oder den Konflikt auf den Philippinen zwischen Regierungstruppen und islamischen Guerrillabewegungen in Mindanao (Süden) fest.

Die Reise endet im Kongo, wo die Lage wahrscheinlich am schlimmsten ist. Die Bilder des Fotografen Ron Haviv sprechen von 3 Millionen Kriegstoten, Hungersnot und Krankheiten. Dazu kommt eine Million Vertriebener und Flüchtlinge. Ein Land ohne Gesetz, wo Vergewaltigungen an der Tagesordnung sind.

Haviv widmet seine Aufmerksamkeit besonders vergewaltigten Frauen, die in den “Häusern des Zuhörens” weiterzuleben versuchen. Dort können sie ihren Gefühlen freien Lauf lassen und zu ihren Erinnerungen zurückkehren. So zum Beispiel eine Frau, deren 81-jährige Mutter zusammen mit ihren beiden minderjährigen Töchtern vergewaltigt wurden. Die Mädchen wurden schwanger.

Eine Agentur engagierter Fotografen

Die Fotografen, die zur Ausstellung beigetragen haben, sind James Nachtwey, der auf die Philippinen und nach Afghanistan reiste. Franco Pagetti fotografierte im Libanon und in Kolumbien. Ron Haviv war im Kongo, Christopher Morris in Liberia und Antonin Kratovchil in Georgien. Zusammen haben sie fast alle Preise der Bildberichterstattung gewonnen.

Rodrigo Carrizo Couto, swissinfo
(Übertragung aus dem Spanischen: Regula Ochsenbein)

Die Agentur ist ein Zusammenschluss engagierter Fotoreporter, die am 9.September 2001 ins Leben gerufen wurde. Der Name erinnert an die Anzahl Gründungsmitglieder.

Zwei Tage nach der Gründung schoss einer der Gründer, James Nachtwey, von seiner Wohnung aus einige der besten Bilder zum Anschlag auf die Zwillingtürme in New York.

Heute hat die Agentur Büros in New York und Paris.

Das Interntaionale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK), das 1863 in Genf gegründet wurde, ist in 80 Ländern tätig.

Es hilft Opfern von Krieg und interner Gewalt und agiert als neutraler Vermittler in Konflikt-Fällen. Das IKRK-Hauptquartier ist in Genf.

Zudem gibt es 186 nationale Rotkreuz- und Rothalbmond-Gesellschaften. Sie bilden das Rückgrat der Internationalen Rotkreuz- und Rothalbmond-Bewegung.

Jede nationale Gesellschaft beschäftigt Freiwillige und Angestellte.

Die nationalen Gesellschaften sind in der Internationalen Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmond-Gesellschaften zusammengefasst, welche 1919 in Paris gegründet wurde. Die Föderation hat ihren Hauptsitz ebenfalls in Genf und beschäftigt weltweit 1300 Personen.

Rund um den Globus sind etwa 100 Millionen Mitarbeiter, Mitglieder und Freiwillige für das Rote Kreuz und den Roten Halbmond im Einsatz.

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