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Fünf-Jahr-Jubiläum – sechs Wochen Ferien für alle

Travail.Suisse-Präsident Hugo Fasel posiert für die Ferien-Initiative. Keystone

Der Gewerkschafts-Dachverband Travail.Suisse hat am Samstag in Bern sein fünfjähriges Bestehen gefeiert. Das Leitthema des Kongresses lautete "Lebensqualität zuerst".

Unter dieses Motto stellt der christlich-soziale Verband auch seine Forderung nach sechs Wochen Ferien für alle.

Um die Forderung durchzusetzen, lanciert Travail.Suisse eine Volksinitative. Die Delegierten hätten sich mit grossem Mehr für die Initiative ausgesprochen, heisst es in einem Communiqué. Die Unterschriftensammlung beginnt Mitte Januar 2008.

Sowohl der Arbeitgeberverband als auch der Gewerbeverband lehnen die Ferien-Initiative ab.

Stichwort “Burn out”

Längere Ferien sind aus Sicht der Gewerkschafter erforderlich, weil die Belastung und dem Zeitdruck am Arbeitsplatz in den letzten Jahren massiv zugenommen habe. Es sei dringend nötig, die hohe Belastung auszugleichen, stellt Travail.Suisse fest. “Burn out” heisst das Stichwort, wie der Präsident des Verbandes, Hugo Fasel, ausführte.

Im europäischen Vergleich hätten Arbeitnehmende in der Schweiz weniger bezahlte Ferien und Feiertage und gleichzeitig längere Wochenarbeitszeiten, argumentiert der Verband. Zudem seien Schweizerinnen und Schweizer in den letzten Jahren produktiver geworden.

Akzente setzen

Am Kongress präsentierte Travail.Suisse die Grundsätze und Aktionen für die künftige politische Arbeit. Der Verband vertritt neben der Volksinitiative weitere zentrale Forderungen wie einen Vaterschaftsurlaub von 20 Tagen sowie faire Löhne und jährlich drei Tage bezahlte Weiterbildung für alle Arbeitnehmenden.

Die raschen Veränderung in der Berufswelt könnten nur bewältigt werden, wenn die Arbeitnehmenden ihr Wissen regelmässig erneuern könnten, sagte Fasel. “Heute haben sehr viele wenig oder gar keinen Zugang zu Weiterbildung.”

Ferner verlangt Travail.Suisse eine Überbrückungsrente für Personen mit tiefen Einkommen. Einer Privatisierung des Service Public erteilt der Dachverband eine Absage.

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Volksinitiative

Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht Die Volksinitiative erlaubt den Bürgerinnen und Bürgern, eine Änderung in der Bundesverfassung vorzuschlagen. Damit sie zu Stande kommt, müssen innerhalb von 18 Monaten 100’000 gültige Unterschriften bei der Bundeskanzlei eingereicht werden. Darauf kommt die Vorlage ins Parlament. Dieses kann eine Initiative direkt annehmen, sie ablehnen oder ihr einen Gegenvorschlag entgegenstellen. Zu einer Volksabstimmung kommt es…

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Arbeitsplätze durch erneuerbare Energien

Schliesslich möchte Travail.Suisse Investitionen in erneuerbare Energien fördern. So müsse der Bund die substanzielle Unterstützung von Gebäudesanierungen und die Anschubfinanzierung für neue Technologien konsequent vorantreiben.

“Die mutige und engagierte Förderung alternativer Energien und der Energieeffizienz wird Tausende neue Arbeitsplätze schaffen”, zeigte sich Fasel überzeugt.

Appell für Personenfreizügigkeit

Prominenter Redner am Kongress war der Botschafter der Europäischen Union (EU) in Bern, Michael Reiterer. Er appelierte an die Delegierten, sich bei einem allfälligen Referendum für die Ausdehnung der Personenfreizügigkeit auf Rumänien und Bulgarien einzusetzen. Die Ausdehnung sei nur natürlich, die EU könne auch kein Abkommen mit nur 24 Kantonen der Schweiz schliessen, sagte Reiterer.

“Die Freiheit, seinen Arbeits-, Ausbildungs-, Studien- und Wohnplatz zu wählen, ist ebenfalls Teil der Lebensqualität”, erklärte Reiterer und gab zu bedenken, dass sich die Schweiz gerne wettbewerbsfreudig zeige, wenn es um Steuern gehe. In anderen Bereichen scheine die Begeisterung weniger ausgeprägt.

“Nicht jeder niedrigere Lohn ist schon Lohndumping”, so der EU-Botschafter. “Es kommt auf Lohnnebenkosten, Sozialversicherungskosten sowie das Qualifikationsniveau an.”

In seiner Rede stellte Reiterer zudem die Grundsätze des europäischen Sozialmodells vor. In einigen Bereichen habe es für die Schweiz Vorbildfunktion.

swissinfo und Agenturen

Travail.Suisse ist mit rund 180’000 Mitgliedern der zweitgrösste Gewerkschafts-Dachverband der Schweiz. Ihm gehören 11 Verbände an.

Die grösste Arbeitnehmer-Dachorganisation ist der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB). Er vertritt die Interessen von 16 Gewerkschaften mit insgesamt rund 380’000 Mitgliedern.

Beide Organisationen bezeichnen sich als politisch und religiös unabhängig. Trotzdem ist der SGB historisch dem Sozialismus näher, während Travail.Suisse eher christlich-sozial geprägte Gewerkschaften vertritt. Präsident Hugo Fasel ist übrigens der einzige Vertreter der Christlichsozialen Partei der Schweiz (CSP) im Schweizer Parlament.

Weltweit bezahlte Ferientage:
Frankreich: 31
Deutschland: 29
Italien: 26
EU-Durchschnitt: 25
Schweiz: 25
Finnland: 23
Grossbritannien: 22
Japan: 18
USA: 12

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