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Kein E-Voting mehr für neun Kantone

Die Sicherheit bleibt die grosse Herausforderung beim "Vote électronique". Keystone

Die neun Kantone des "Consortiums Vote électronique", darunter Zürich und Aargau, haben vom Bundesrat keine Bewilligung zur Durchführung des E-Votings für die Nationalratswahlen vom Oktober 2015 erhalten. Ein Audit wies im System des Consortiums eine Lücke beim Schutz des Stimmgeheimnisses nach. Deshalb wird die elektronische Stimmabgabe lediglich in vier Kantonen möglich sein.

“Keine Bewilligung erhielten die Kantone des Consortiums Vote électronique”, heisst es lapidar in der Mitteilung der BundesbehördenExterner Link. Hinter diesem Satz versteckt sich Zündstoff. In Klartext bedeutet er, dass Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer in neun Kantonen am 18. Oktober nicht elektronisch wählen können: Zürich, Glarus, Freiburg, Solothurn, Schaffhausen, St. Gallen, Graubünden, Aargau und Thurgau.

Als Grund gibt die Bundeskanzlei an, Anfang Juli habe sie das Consortium über die Ergebnisse eines von ihm in Auftrag gegebenen externen Audits informiert. “Dieses weist im System des Consortiums eine Lücke beim Schutz des Stimmgeheimnisses nach.” Diese könne zwar technisch behoben werden, “jedoch ist dies vor den Nationalratswahlen nicht mehr rechtzeitig möglich. Zudem erfüllt das System des Consortiums nicht alle Anforderungen der Verordnung der Bundeskanzlei über die elektronische Stimmabgabe”.

Bei den Nationalratswahlen 2011 hatten 22‘000 Stimmberechtigte der Kantone Aargau, St. Gallen, Graubünden und Basel-Stadt elektronisch wählen können.

Im Gegensatz zu 2011, als alle involvierten Kantone nur Auslandschweizer Stimmberechtigte in die Versuche einbezogen haben, werden 2015 zum ersten Mal auch Stimmberechtigte mit Wohnsitz im Inland elektronisch wählen können. In den Genuss kommen 96’000 Stimmberechtigte in den Kantonen Genf und Neuenburg.

(Quelle: BK)

Mit diesem Entscheid verfolge der Bundesrat die Strategie zur schrittweisen Einführung der elektronischen Stimmabgabe nach dem Ansatz “Sicherheit vor Tempo” weiter, so die Bundeskanzlei.

In den Kantonen Genf, Luzern, Basel-Stadt und Neuenburg hingegen werden alle registrierten Auslandschweizer Stimmberechtigten (rund 34‘000) per Internet an den Nationalratswahlen teilnehmen können. Die Gesuche dieser vier Kantone wurden bewilligt.

Ernüchterung bei Kantonen und Auslandschweizern

Die neun Consortiums-Kantone reagieren mit Unverständnis auf den Entscheid. Seit nunmehr sechs Jahren führten sie erfolgreich Urnengänge mit E-Voting für Auslandschweizerinnen und -schweizer durch, teilen sie mit. Das System sei in enger Zusammenarbeit mit der Bundeskanzlei weiterentwickelt worden. Doch habe es in letzter Zeit vermehrt Diskussionen gegeben.

Mit der Ablehnung werde “eine lange Phase von erfolgreich durchgeführten E-Voting Versuchen an Abstimmungen und Wahlen leider beendet”, schreibt etwa die Bündner StandeskanzleiExterner Link.

“Im Hinblick auf die Nationalratswahlen 2015 verbesserte das Consortium das 2009 vom Kanton Zürich übernommene System nochmals in wesentlichen Teilen”, so die Standeskanzlei. “Die überwiegende Mehrheit der Kantone teilt die Vorbehalte des Bundesrats nicht, die nun zur Ablehnung des Gesuches geführt haben.”

Auch die Auslandschweizer-OrganisationExterner Link (ASO) bedauert den Verzicht des Bundesrats. Die vom Bundesrat erteilte Genehmigung für die Verwendung des E-Voting wäre nur eine Formalität gewesen, heisst es.

“Für die Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer ist es schlicht eine Katastrophe”, sagt Ariane Rustichelli, Co-Direktorin der ASO, gegenüber swissinfo.ch. “Wir verstehen die Motive nicht, denn die Mitteilung des Bundesrats lässt viele Fragen offen. Die gesamte Road-Map des Bundesrats ist in Frage gestellt.”

Gerade die Fünfte Schweiz brauche die Möglichkeit einer Stimmabgabe via Internet, so Rustichelli. Sie weist darauf hin, dass bisher alle Abstimmungen und Wahlen, die per E-Voting durchgeführt wurden – sei es mit dem Zürcher oder mit dem Genfer Modell – funktioniert hätten.

Botschaft in Paraguay schliesst

Für rund 1400 Auslandschweizer in Paraguay kommt eine schlechte Nachricht hinzu: Die Schweizer Botschaft in ihrer Wahlheimat wird aus finanziellen Gründen geschlossen. Ab 2016 nehmen die Botschaft in Buenos Aires und ein Honorarkonsulat in Asunciòn die Interessen der Schweiz in dem lateinamerikanischen Land wahr. Der Bundesrat fällte den Entscheid am Mittwoch gegen den Willen der zuständigen Kommissionen von National- und Ständerat. Die Sparmassnahmen vom 11. Februar verlangten rasche Anpassungen, begründet die Landesregierung den Schritt.

Im Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) seien beträchtliche Einsparungen sowohl in der Zentrale als auch im Aussennetz erforderlich. Der Entscheid folge auf eine Empfehlung des EDA, teilte die Landesregierung mit.

Der schweizerische Botschafter in Argentinien wird nun in Paraguay akkreditiert und ein Honorarkonsulat soll die Beziehungen vor Ort pflegen. Konsularische Dienstleistungen für Schweizer Bürger in Paraguay werden bereits seit 2012 von der Botschaft in Buenos Aires erbracht.

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