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Für den Club of Rome führen alle Wege nach Winterthur

Kämpft für seine Stadt: der "Winterthur Löwe" Robert Heuberger und Ehefrau Ruth. Bild: Familie Heuberger

Die Züricher wollten ihn nicht. Jetzt zieht der Club of Rome von Hamburg in die ehemalige Industriestadt Winterthur. Den Teppich ausgerollt hat Mäzen Robert Heuberger.

Der Winterthurer Stadtpräsident konnte frohlocken: “Das ist ein grosser Coup”, sagte Ernst Wohlwend, als er am Montag den Umzug der Denkfabrik Club of Rome in seine Stadt verkündete.

Der Mann hinter dem Coup ist Robert Heuberger. Der 86-jährige Immobilienunternehmer und Mäzen gab nicht nur den Anstoss, sondern mit 1,8 Mio. Franken Starthilfe auch den entscheidenden Schub. Aber erst, nachdem er bei seiner Frau Ruth das Okay eingeholt hatte.

“Nachdem die Zürcher Stimmbürger einen solchen Beitrag abgelehnt hatten, wollte ich den Club of Rome nach Winterthur holen und damit etwas für die Stadt tun”, sagt Heuberger gegenüber swissinfo. Diese sei begeistert; allein der “Winterthurer Landbote” habe am Dienstag drei Artikel gebracht, berichtet der vife Mäzen stolz.

Weltweite Ausstrahlung

Der Think Tank verlegt nicht nur seinen Hauptsitz nach Winterthur, sondern will dort ein internationales Zentrum für Zukunftsfragen aufbauen. “Die Präsenz des Clubs wird für die Stadt sehr wichtig werden, seine Studien und Tagungen haben weltweite Ausstrahlung”, ist Heuberger überzeugt.

Die Konkurrenz, gegen die sich das “kleine” Winterthur durchgesetzt hat, war gross: Zug, Genf, Basel und sogar Stockholm sowie Madrid buhlten um die international renommierten Forscher und Denker.

Zwei Punkte waren es, die den Ausschlag zugunsten der Eulachstadt gaben: Einerseits die schnelle, unbürokratische Abwicklung – ermöglicht durch Heubergers Beitrag. Die 1,8 Millionen, aufgeteilt in 360’000-Franken-Tranchen auf die nächsten fünf Jahre, knüpft er an keine Bedingungen.

Zwischen Zürich und Flughafen

Für Winterthur sprach andererseits auch die unmittelbare Nähe des Standorts zum Flughafen und zur Stadt Zürich. Die Verantwortlichen des Club of Rome hätten durchblicken lassen, dass der neue Standort viel günstiger liege als Zürich selber, erwähnt Heuberger nicht ohne Schalk.

In der neuen Zentrale des Clubs arbeiten fünf Personen. In den nächsten drei bis vier Jahren sollen dort aber rund 20 Arbeitsplätze entstehen. Die Büroräume in unmittelbarer Nähe des Bahnhofs stellt Heuberger der Organisation zur Verfügung, zur halben Miete.

Der Löwe von Winterthur

Es ist nicht das erste Mal, dass sich Heuberger mit seiner Stiftung um die Stadt und ihre Bewohner verdient gemacht hat. Im letzten Sommer ehrte ihn die Stadt für seine zahlreichen Vergabungen, mit dem eigens für ihn geschaffenen Preis des “Winterthurer Löwen”.

Mit der Ansiedelung des Club of Rome verfolgt Heuberger keinen Eigennutz. Aber er schafft Synergien. Für die Stadt, aber auch für sein Unternehmen. Zum einen kann Winterthur sein Image als Stadt mit “Zukunftscharakter” in die Welt tragen. Zum anderen erhöhen die internationalen Tagungen des Gremiums die Auslastung des Kongresszentrums Hotel “Banana City”. Dieses befindet sich im Besitz von Heubergers Siska Holding.

Selfmade Man

1954 hatte Heuberger zusammen mit seiner Frau Ruth die Heuberger Holding AG gegründet. Beide amtieren noch heute als Präsident und Vizepräsidentin des Verwaltungsrats. Und noch heute ist Heuberger jeden Tag in seinem Büro, um die Geschicke des Familien-Unternehmens zu leiten.

Dieses hat in Winterthur bisher rund 1000 Wohnungen gebaut. Wie der Club of Rome legt dabei auch der Immobilienunternehmer Heuberger den Fokus auf Nachhaltigkeit. “Wir bauen nach dem Minergiestandard, was die Heizkosten um mindestens einen Drittel reduziert”, sagt er. Davon profitierten direkt die Mieter, in Form von geringeren Nebenkosten.

Immer vorwärts

Das Immobiliengeschäft, neben Wohnungen erstellte die Siska auch Einkaufszentren und Hotels, hat sich für Heuberger immer gerechnet. “In den 55 Geschäftsjahren haben wir noch nie einen Verlust erlitten”, sagt er. Sein Kennzeichen ist eine umsichtige Geschäftspolitik: keine riskanten Geschäfte, die Gewinne bleiben grösstenteils in der Firma. Ein Teil davon wandert in die Robert und Ruth Heuberger Stiftung für gemeinnützige, kulturelle und wissenschaftlich orientierte Zwecke. Sie ist mit 2,5 Mio. Franken dotiert.

Wenn Heuberger erzählt, spricht aus seiner Stimme der ungebrochene Elan des Unternehmers, der nie still steht. Die 23 Mio. Franken Gewinn, die das Familienunternehmen im letzten Jahr erzielte, sind das Sprungbrett für die nächsten Schritte.

swissinfo, Renat Künzi

Der Club of Rome (CoR) wurde 1968 in Rom gegründet.

Der unabhängigen und nichtkommerziellen Organisation gehören Ökonomen, Industrielle, Wissenschafter und andere Persönlichkeiten an.

Mittels Studien, Konferenzen und Publikationen wird das Ziel verfolgt, zur einer nachhaltigen und harmonischen Entwicklung der Menschheit beizutragen.

Der CoR sorgte mit dem 1972 veröffentlichten Bericht “Die Grenzen des Wachstums” international für Aufsehen. Er wurde weltweit zwölf Millionen Mal verkauft.

Wichtigstes Fazit der Autoren war, dass die natürlichen Ressourcen der Erde (insbesondere Erdöl) begrenzt sind.

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