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Bundesrat vor den Medien

Heute in der Schweiz

Liebe Auslandschweizerinnen, liebe Auslandschweizer

Heute ist der 1. April, aber niemand ist zum Scherzen aufgelegt. Das Coronavirus beherrscht noch immer die Schlagzeilen, und daran wird sich so schnell nichts ändern.

Herzliche Grüsse aus Lyss im Kanton Bern

Polizist am See
Keystone / Alexandra Wey

Das Coronavirus hat in der Schweiz zu einem neuen “Röstigraben” geführt: Die Sprachregionen reagieren unterschiedlich auf die vom Bundesrat angeordneten Massnahmen. Nebst der geografisch unterschiedlichen Ausbreitung des Virus machen Experten auch kulturelle Gründe dafür aus.

Das Tessin und die französischsprachigen Kantone sind für harte Massnahmen der Behörden im Kampf gegen Corona, die Deutschschweizer gelten als zögerlich. Gemäss einer Umfrage von Sotomo im Auftrag der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG), zu der auch swissinfo.ch gehört, sind 68% der Tessiner der Meinung, der Bund habe zu langsam reagiert. Dieser Meinung sind auch 64% der Westschweizer, hingegen lediglich 42% der Deutschschweizer.

59 Prozent der Westschweizerinnen und Westschweizer sind der Ansicht, dass die Massnahmen des Bundes nicht weit genug gehen, verglichen mit 38% in der Deutschschweiz und 30% der italienischsprachigen Bevölkerung. Rund 70% der Deutschschweizer gaben an, Vertrauen in die Behörden zu haben, verglichen mit lediglich 45% in den italienisch- und französischsprachigen Regionen.

Experten machen kulturelle Gründe für die relativ grossen Unterschiede verantwortlich: In der französischsprachigen Schweiz orientiere man sich am zentralistischen Frankreich, wo die Anordnungen von oben kämen. Die südlichen Kulturen seien soziale Isolation weniger gewohnt als die Deutschsprachigen. In der deutschen Kultur gelte, dass individuelle Verantwortung zu kollektiver Verantwortung führe.

Portrait Nicole Töpperwien
© Eveline Zurwerra

Die Beratungsdienste für Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer der Genossenschaft Soliswiss werden derzeit rege genutzt. Die Geschäftsführerin von Soliswiss, Nicole Töpperwien, verriet im Interview mit swissinfo.ch, mit welchen Anfragen sie im Moment konfrontiert sind.

In den ersten Tagen der Corona-Krise seien hauptsächlich Fragen rund um die Rückreise in die Schweiz eingegangen. Jetzt gehe es häufig um finanzielle Sorgen der Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer, so Töpperwien.

“Bei der Mehrheit der Anfragen, die wir von der Auslandschweizer-Gemeinschaft erhalten, ist es der Herzenswunsch der Betroffenen, das zu bewahren, was sie sich in ihrer Wahlheimat aufgebaut haben”, erzählt Töpperwien im Interview. “Sie wollen nicht aus wirtschaftlichen Gründen in die Schweiz zurückkehren müssen.”

Die Beratungsstelle rate den Betroffenen in diesen Fällen, sich über Unterstützungsprogramme im Wohnland zu informieren. Viele Corona-Angebote seien gerade erst im Entstehen. Ob rückkehrende Auslandschweizer von Corona-Massnahmen der Schweiz profitieren können, weiss die Beratungsstelle nicht mit Sicherheit.

Zahnbürsten
© Keystone / Gaetan Bally

In der Schweiz müssen Eltern während der Corona-Krise die vollen Kosten für Krippenplätze zahlen, auch wenn sie ihre Kinder zu Hause betreuen. Laut einem Bericht des Tages-Anzeigers plant der Bund nun, Hunderte Millionen einzuschiessen.

Kinderkrippen müssen während der Corona-Krise in der Schweiz geöffnet bleiben. Viele Eltern behalten die Kinder jedoch den Empfehlungen entsprechend zu Hause. Den Krippenplatz müssen sie trotzdem bezahlen.

Die Fixkosten der Kinderkrippen wie Miete und Lohnkosten laufen weiter, viele Einrichtungen haben Kurzarbeit beantragt. Manchen Krippen droht der Konkurs. Zumal viele Eltern nicht zahlen wollen und sogar mit Kündigung des Vertrags drohen.

Laut Recherchen des Tages-Anzeigers plant der Bund ein umfangreiches Corona-Hilfspaket für Krippen und ähnliche Betreuungsangebote. Bis zu 300 Millionen Franken sollen vom Bund kommen, nochmals denselben Betrag beisteuern müssten die Kantone. Der Bundesrat entscheide am Freitag.

Lauber
© Keystone / Peter Klaunzer

Die NZZ berichtet heute Brisantes über die Bundesanwaltschaft und verrät zwei Namen, die in einer kürzlich publizierten Verfügung der Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft geschwärzt waren.

Es geht um Folgendes: Als der Fussballfunktionär Gianni Infantino mit einer Kandidatur für das Fifa-Präsidium liebäugelte, versuchte er angeblich herauszufinden, ob ein damaliges Strafverfahren sich auch gegen seine Konkurrenten richtete. Er schickte dafür einen Jugendfreund zum Bundesanwalt, um zu sondieren.

Die Fifa dementiert das Treffen: “Gianni Infantino hat im Juli 2015 niemanden damit beauftragt, den Bundesanwalt zu treffen”, wird sie zitiert. Im Übrigen habe Infantino zu jenem Zeitpunkt nicht die Absicht gehabt, für das Fifa-Präsidium zu kandidieren. Auch Bundesanwalt Michael Lauber hält das Ganze für spekulativ. Er steht allerdings wegen informellen Treffen schon seit Längerem unter Beschuss.

Übrigens: Bei den Konkurrenten Infantinos, deren Namen geschwärzt wurden, handelt es sich laut NZZ um Joseph Blatter und Michel Platini. Diese machen schon seit Längerem geltend, sie seien damals mit einem Komplott ausser Gefecht gesetzt worden.

Bundesrat vor den Medien
Keystone / Alessandro Della Valle

Heute trat der Bundesrat erneut vor die Medien, um neue Massnahmen zu verkünden. Die Landesregierung will indirekt Betroffenen wie etwa Taxifahrern helfen. Bis nächsten Mittwoch sollen konkrete Vorschläge ausgearbeitet werden.

Ebenfalls bis nächsten Mittwoch will der Bundesrat prüfen, ob Kurzarbeit auch für Angestellte auf Abruf oder Haushaltshilfen in Privathaushalten möglich sei. Der Bundesrat will zudem mehr Geld für Bürgschaften zur Verfügung stellen.

Asylverfahren laufen weiter. Der Bundesrat will keinen Stillstand im Asylbereich, weil das zu Kapazitätsproblemen bei der Unterbringung der Betroffenen führen würde. Bundesrätin Karin Keller-Sutter betonte aber, dass im Moment nur wenige Asylgesuche in der Schweiz gestellt würden.

Der Bundesrat hat sich auch mit einer allfälligen Erhöhung der Zollkontingente für Eier und Butter beschäftigt. Wirtschaftsminister Guy Parmelin versicherte aber an der Pressekonferenz: “Sie müssen sich keine Sorgen um die Lebensmittelversorgung machen.”

Bundesräte betreten Mediencenter
Keystone / Peter Klaunzer

In diesen Tagen schauen Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer gespannt auf die Schweiz, wie sie mit der Corona-Krise umgeht. Zahlreiche Kommentare haben SWI swissinfo.ch auf verschiedenen Kanälen erreicht. 

Meine Kollegin Emilie Ridard hat die Stimmen aus der ganzen Welt in einem Artikel zusammengefasst. Das Fazit: Schweizerinnen und Schweizer im Ausland zeigen sich kritisch gegenüber dem Bundesrat.

Viele Wortmeldungen aus der Community sind nicht zufrieden mit dem Vorgehen der Schweiz und streichen den Umgang der Krise ihrer neuen Heimatländer heraus. 

“Bleiben Sie, wo immer Sie sind, es ist sicherer als in der ins Schleudern gekommenen Schweiz”, erreicht uns ein Kommentar aus Griechenland. Und aus Kanada schreibt uns Anne Auger: “Welcher vernünftige Mensch, der in einem anderen Land lebt, macht sich jetzt auf, um in die Schweiz zu reisen?”

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