Schweizer Perspektiven in 10 Sprachen

Wenn das Parlament bockt, setzt man auf das Volk

Weisse Füchse in Käfigen
In der Pelzproduktion werden Tiere in engen Käfigen eingesperrt. Das wäre in der Schweiz verboten. Sylvain Cordier/Biosphoto/AFP

Das Schweizer Parlament sagte Nein zum Importverbot von Stopfleber, Froschschenkeln und anderen tierquälerisch erzeugten Produkten. Gleich zwei Volksinitiativen könnten dem Anliegen nun doch noch zum Durchbruch verhelfen.

Wenn man in der Schweiz mit einem Anliegen im Parlament scheitert, bleibt einem immer noch die direkte Demokratie. Wenn das Parlament Nein sagt, heisst das noch lange nicht, dass das Volk ebenfalls Nein sagt. Also lanciert man eine Volksinitiative und schlägt dem Parlament mit Hilfe der Stimmbevölkerung ein Schnippchen.

Mehr
Eine Gans wird zwangsgefüttert

Mehr

Tradition ist stärker als Tierliebe

Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht Batteriehaltung, Stopfleber und Schächten ohne Betäubung sind in der Schweiz verboten. Der Import dieser Produkte bleibt jedoch erlaubt.

Mehr Tradition ist stärker als Tierliebe

So kürzlich geschehen in Bezug auf ein Importverbot von Produkten, deren Herstellung in der Schweiz wegen Tierquälerei verboten ist: Nach dem Entscheid der kleinen Parlamentskammer, dass Tierqualprodukte weiterhin importiert werden dürfen, kündigte eine Allianz von TierschutzorganisationenExterner Link eine Volksinitiative an. Diese soll das im Parlament gescheiterte Anliegen des Parlamentariers Matthias AebischerExterner Link von der Sozialdemokratischen Partei (SP) eins zu eins umsetzen.

Doppelt genäht hält besser

Auch die Fair-Food-InitiativeExterner Link der Grünen will den Import von Lebensmitteln verbieten, die nicht den hiesigen Tierschutzbestimmungen entsprechen. Warum also braucht es die Volksinitiative von Alliance Animale Suisse?

Die Fair-Food-InitiativeExterner Link ist weiter gefasst und richtet sich nicht ausschliesslich gegen Tierqualprodukte. Sie will Lebensmittel fördern, die umwelt- und ressourcenschonend, tierfreundlich und unter fairen Arbeitsbedingungen hergestellt werden. Die Lebensmittelverschwendung soll eingedämmt werden und saisonale Produkte sollen einen Marktvorteil erhalten, so dass Umwelt und Klima geschont werden.

«Wenn die Fair-Food-Initiative angenommen würde, wäre unsere Volksinitiative hinfällig», räumt Michael Gehrken von Alliance Animale SuisseExterner Link ein. Nicht aber, wenn sie abgelehnt würde. Gerade weil die Fair-Food-Initiative weiter gefasst ist, scheint es durchaus denkbar, dass die Stimmbevölkerung die Fair-Food-Initiative ablehnt, der Initiative zum Importverbot von Tierqualprodukten hingegen zustimmt.

Halal- und Koscherfleisch nicht betroffen

Welche Produkte dürften nicht mehr in die Schweiz importiert werden, wenn die Stimmbevölkerung der Volksinitiative von Alliance Animale Suisse zustimmen würde? «Alle tierquälerisch erzeugten Produkte», sagt Gehrken und will keine einzelnen Produkte nennen. Betroffen wären laut Gehrken alle Produktionsweisen, die in der Schweiz bereits unter Strafe stehen.

Mit einer Ausnahme: Halal- und Koscherfleisch sind laut Gehrken von der geplanten Initiative nicht tangiert, obwohl Schächten ohne Betäubung in der Schweiz verboten ist. «Die Grundrechte – insbesondere die Religionsfreiheit – sind in der Schweiz gewährleistet», erklärt Gehrken.

Diese Produkte könnten möglicherweise von einem Importverbot betroffen sein:

Eier aus Batteriehaltung: Die Tiere leben auf engstem Raum in Käfigen, was in der Schweiz verboten ist.

Foie Gras (Stopfleber): Die Gänse und Enten werden mehrmals täglich mit Hilfe eines Metallrohrs zwangsgefüttert, damit ihre Leber gross und fett wird. Durch das Stossen des Metallrohrs in die Speiseröhre erleiden die Tiere häufig Verletzungen. In der Schweiz ist diese Prozedur ausdrücklich als Tierquälerei verboten.

Froschschenkel: Den Tieren werden die Beine oftmals ohne Betäubung abgeschnitten. Häufig leiden sie mehrere Stunden, bis der Tod eintritt. Die ausländischen Produktionsmethoden zur Gewinnung von Froschschenkeln sind in der Schweiz ausdrücklich verboten.

Pelz: Die Tiere sind in engen Käfigen mit Drahtgitterböden ohne Rückzugsmöglichkeiten einer ständigen Reizüberflutung ausgesetzt. Jene Tiere, die mittels Jagd der Natur entnommen werden, werden in der Regel mit Fallen gefangen, wobei sie vielfach schwerste Verletzungen erleiden und oftmals qualvoll sterben.

Wachteleier: Für die Produktion von Wachteleiern werden Zugvögel, die normalerweise in Kleingruppen leben, in Käfigbatterien gepfercht, worin sie sich kaum bewegen können. Diese Haltungsform ist in der Schweiz verboten.

Weitere diskutierte Produkte: Haifischflossen, Robbenbabys, Reptilienhäute, Halal- und Koscherfleisch (sofern das Tier vor dem Schächten nicht betäubt wird).

In Übereinstimmung mit den JTI-Standards

Mehr: JTI-Zertifizierung von SWI swissinfo.ch

Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!

Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft