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Der Künstler Cuno Amiet: Privat und offiziell

Drei "offizielle" Werke Cuno Amiets im Berner Kunstmuseum: "Die Geigenspielerin", "Der Dirigent" und "Die grosse Bernerin" (von links). Keystone

Das Kunstmuseum Bern präsentiert eine grosse Cuno Amiet- Sammlung zusammen mit den museumseigenen Werken des Künstlers. Die Ausstellung "Freude meines Lebens" widmet sich dem Gegensatz zwischen den "offiziellen" und privaten Werken.

Cuno Amiet gilt heute als Wegbereiter der Moderne in der Schweizer Kunst. Er war mit vielen anderen bedeutenden schweizerischen und internationalen Künstlern bekannt oder befreundet, mit Giovanni Giacometti, Giovanni Segantini und Ferndinand Hodler.

Er wurde zudem vom Stil Vincent Van Goghs angeregt. Amiet gehörte auch dem internationalen expressionistischen Künstlerverbund “Brücke” an, der die Entwicklung der Malerei Anfang des 20. Jahrhunderts stark beeinflusste.

In der Phase der Schweizerischen geistigen Landesverteidigung, mit der die sich die Schweiz gegen Nazi-Deutschland abzugrenzen versuchte, wurde Amiet (nach Hodlers Tod) zum “Schweizer Nationalkünstler” stilisiert.

Cuno Amiet führte ein Leben – wie viele Schweizer Künstler – zwischen Internationalität und Schweizerischer Bodenständigkeit. Dies wird auch in der Ausstellung “Freude meines Lebens” im Kunstmuseum Bern deutlich.

Das Museum zeigt keine Retrospektive, sondern stellt zwei sammlerische Ansätze einander gegenüber und erlaubt damit einen Einblick in die künstlerische Entwicklung Amiets – im privaten wie im offiziellen Bereich.

Entstehung der Sammlung Gerber

1931 verbrannten in München über 50 Werke Cuno Amiets. Der Gärtnerlehrling Eduard Gerber erfuhr 1933 davon durch die Zeitung. Der damals Sechzehnjährige war tief berührt und fuhr mit dem Velo auf die Oschwand, wo Cuno Amiet wohnte und arbeitete und wollte ihm mit seinem Ersparten ein Bild abkaufen. Ein Ölgemälde konnte er sich nicht leisten, die Aquarelle waren günstiger.

Das Aquarell, das ihn ansprach, Landschaft mit Bergkette (Kleine Scheidegg, Blick auf Grosse Scheidegg) kostete eigentlich 170 Franken, wie die Kuratorin der Ausstellung, Regula Berger, erzählt. Soviel hatte der Lehrling nicht gespart. “Cuno Amiet gab ihm das Bild trotzdem mit. Er könne es in Raten bezahlen, habe Amiet beschlossen”, sagt Berger.

Ob Gerber sein erstes Bild jemals ganz bezahlt hat, sei nicht bekannt. Gerber wurde ein Freund des damals bereits arrivierten Künstlers.

Damit legte der kunstbegeisterte Eduard Gerber den Grundstein einer Sammlung, die er bis zum Tod Amiets kontinuierlich erweiterte. Berger sammelte nur diejenige Werke, die ihm gefielen und die er sich leisten konnte.

Er habe sich in erster Linie von “der Freude an der Kunst” leiten lassen, wie Matthias Freshner, der Direktor des Kunstmuseums, ausführte. “In seiner Sammlung findet man deshalb nicht diejenigen Bilder, die ein einträgliches Geschäft versprachen, sondern vor allem solche, die für den Künstler und den Sammler besondere Bedeutung hatten.”

Das Kunstmuseum Bern präsentiert mit  dieser Sammlung den eher inoffiziellen, persönlicheren Teil von Cuno Amiets Schaffen. Es sind über hundert Werke des Berner Künstlers, Aquarelle, Zeichnungen, Skizzen und einige Ölgemälde, die während des zweiten Weltkriegs dazukamen. Drei Büsten gehören ebenfalls zur Sammlung.

Im Kunstmuseum Bern

Auch das Kunstmuseum Bern sammelte Amiets Werke schon zu dessen Lebzeiten. Amiet erhielt 1919 die Ehrendoktorwürde der Universität Bern, er war als Künstler anerkannt und war selbst Mitglied des Direktoriums des Berner Kunstmuseums.

So habe er die Entscheidungen, welche Bilder das Museum kaufen solle, beeinflussen können, erklärte der heutige Direktor des Kunstmuseums Bern. Die Institution besitzt 56 Amiet-Gemälde sowie121 seiner Arbeiten auf Papier.

Einige davon werden der Sammlung von Eduard Gerber gegenübergestellt. Es sind “offizielle Werke”, solche, die Amiets Schaffen wie auch die damalige Zeit repräsentieren.

Ein bedeutendes Kunstwerk ist das Sgraffito “Apfelernte”, das Amiet an der Fassade des Kunstmuseums anbrachte. Es wird zur Zeit renoviert. Dass Amiet 1936 den Auftrag für die Fassade des Kunstmuseums erhielt, erweckte Missgunst anderer Künstler. Das fertiggestellte Sgraffito wurde damals mit Pech beworfen.

Die Ausstellung im Kunstmuseum Bern findet zur Erinnerung an Amiets 50. Todesstag statt. In Solothurn, dem Geburtsort des Künstlers, ist im Kunstmuseum vom 24. September an eine Vergleichsausstellung zwischen Werken Amiets und Ferdinand Hodler zu sehen.

Die Ausstellung “Freude meines Lebens” Sammlung Eduard Gerber im Kunstmuseum Bern ist vom 19. 8. 2011 bis am 15. 01. 2012 zu sehen.

Cuno Amiet wurde am 28. März 1868 in Solothurn geboren.

Mit fünfzehn Jahren malt er sein erstes Selbstbildnis.

1886 zieht er nach München und studiert an der dortigen Kunstakademie.

1887 lernt er Giovanni Giacometti kennen, mit dem ihn eine lebenslange Freundschaft verbindet.

1888 bis 1892 lebt Amiet in einer Ateliergemeinschaft mit Giacometti in Paris.

1893/94 kehrt Amiet in die Schweiz zurück und bezieht ein Atelier in Hellsau.

Amiet stellt in München, in Zürich und in Wien aus und heiratet in der Schweiz Anna Luder.

1906 beteiligt Amiet an einer Ausstellung des Künstlerverbundes “Brücke”.

1912 lässt eine Scheune in der Nähe seines Wohnhauses in der Gemeinde Oschwand zum Atelier ausbauen. In der Folge wird die Oschwand ein Treffpunkt von Künstlern.

1931 werden 50 Bilder bei einem Brand in München zerstört.

1933 lernt die Familie Amiet den Kunstsammler Eduard Gerber kennen.

1961 stirbt Cuno Amiet in Oschwand.

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