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Lehrer: Schwarze Liste wird im Recht verankert

In den Kantonen wird der Schutz der Kinder höher gewichtet als derjenige der Lehrer. Keystone

In der Schweiz soll die schwarze Liste pädophiler und anderer untragbarer Lehrkräfte rechtlich abgesichert werden: Darin sind sich alle Kantone einig.

Nach Einwänden der Datenschützer entschlossen sich die Kantone, eine Rechtsgrundlage für die Liste zu schaffen, die sie seit Beginn des letzten Jahres führen.

Die Liste wurde eingeführt, um Kinder und Jugendliche vor Lehrkräften zu schützen, denen die Unterrichtsberechtigung entzogen wurde. Dabei handelt es sich etwa um pädophile, süchtige oder gewalttätige Lehrkräfte.

Mit der Liste soll verhindert werden, dass betroffene Lehrkräfte sich einfach in einen anderen Kanton “einschleichen”. Andererseits steht es jedem Kanton frei, einem Betroffenen in Kenntnis um seine Vergangenheit eine neue Chance zu geben.

Die Schweizerische Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK) führt die Liste bereits seit dem 1. Januar 2004 – von Anbeginn an rechtmässig, wie sie überzeugt ist, zumal die Anforderungen des Datenschutzes von Anfang an eingehalten worden seien.

Nach Einwänden der Vereinigung der schweizerischen Datenschutzbeauftragten (DSB+), entschloss sich die EDK dennoch, eine explizite Rechtsgrundlage zu schaffen.

Nach üblichen Rechtsgrundsätzen

Sie tut dies im Rahmen der derzeitigen Revision der Interkantonalen Vereinbarung über die Anerkennung von Ausbildungsabschlüssen. Dort wird ein neuer Artikel (12bis) aufgenommen. Er regelt das Führen der Liste nach den in den Kantonen üblichen Rechtsgrundsätzen.

Die Revision war bis Mitte Februar bei den Kantonen in der Vernehmlassung und wird nun von der EDK ausgewertet, wie EDK-Sprecherin Gabriela Fuchs sagt. Nach einer Umfrage der Nachrichtenagentur sda haben alle Kantone dem neuen Artikel grundsätzlich zugestimmt.

Datenschützer: “Ein grosser Erfolg”

Nach ihrem anfänglichen Widerstand sind jetzt auch die kantonalen Datenschützer zufrieden. “Die DSB+ erachtet es als einen grossen Erfolg ihrer Bemühungen, dass die EDK nun eine Rechtsgrundlage für die Lehrerliste schafft”, erklärt DSB+-Präsident Bruno Baeriswyl, Datenschutzbeauftragter des Kantons Zürich.

Nach Ansicht von EDK-Generalsekretär Hans Ambühl handelte es sich bei den DSB+-Bedenken allerdings um einen “überspitzten Formalismus”. Aber er sei “froh, dass die Datenschützer jetzt auch zufrieden sind”.

Auch Lehrerschaft befürwortet Liste

Wenn die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen gewahrt bleiben, hat auch der Dachverband Schweizer Lehrerinnen und Lehrer (LCH) nichts gegen die Liste, wie LCH-Präsident Beat W. Zemp sagt. “Dazu gehört insbesondere, dass die Betroffenen über einen Eintrag und dessen Löschung informiert werden.”

Der neue Artikel findet auch bei den Kantonen Zustimmung. Kinderschutz komme vor Lehrerschutz, heisst es einhellig. Einige Kantone müssen noch Rechtsanpassungen vornehmen.

Zürich für Meldepflicht

Andere Kantone, wie etwa Neuenburg, fordern in ihrer Vernehmlassungsantwort ausdrücklich eine kompetente Rekursstelle für die Betroffenen.

Auch der Kanton Zürich befürwortet die neue Regelung. Sie ist ihm aber noch zu unverbindlich: Im Artikel müsse ausdrücklich eine Meldepflicht festgelegt werden.

Aus sprachlichen Gründen nimmt das Tessin eine Sonderstellung ein. “Die praktische Nützlichkeit der Liste ist für das Tessin beschränkt”, erklärt Diego Erba, Chef des Tessiner Schulamtes. Die wenigen Fälle pädophiler Lehrer im Kanton seien bekannt, sie seien nicht mehr im Unterricht tätig.

swissinfo und Agenturen

Schule und Bildung sind in der Schweiz grundsätzlich Sache der Kantone.

Die Schweizerische Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK) ist der Zusammenschluss der 26 kantonalen Regierungsmitglieder, die für Erziehung zuständig sind.

Sie ist wichtiger bildungspolitischer Partner des Bundes und vertritt mit ihm zusammen auch das schweizerische Bildungswesen nach aussen.

Der neue Artikel, der das Führen der schwarzen Liste rechtlich regelt, enthält die folgenden Punkte:

Die EDK führt eine Liste über Lehrpersonen, denen im Rahmen eines kantonalen Entscheids die Unterrichtsberechtigung entzogen wurde.

Diese enthält den Namen der Lehrer, das Datum ihres Diploms und der Entzugsverfügung, die Entzugsbehörde und die Dauer des Entzugs.

Amtsstellen erhalten auf schriftliche Anfrage hin Auskunft über konkrete Einträge.

Bei Wiedererteilung der Unterrichtsberechtigung wird der Eintrag gelöscht.

Die betroffenen Lehrer werden über den Eintrag und die Löschung in der Liste informiert. Sie dürfen sie jederzeit einsehen.

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