Schweizer Perspektiven in 10 Sprachen

Nächste Runde in heisser Debatte um kalte Betten

Eingeschränkte Beschränkung: EU-Bürger dürfen in der Schweiz Immobilien frei kaufen. Keystone

Schon kurze Zeit nach dem Ja des Stimmvolkes zur Zweitwohnungs-Initiative wächst in der Schweiz der politische Druck, die Restriktionen für den Kauf von Immobilien und Wohnungen durch Ausländer zu lockern.

Die vom Schweizer Stimmvolk am 11. März gutgeheissene Initiative des Landschaftsschützers Franz Weber schreibt vor, dass der Anteil von Zweitwohnungen in den Gemeinden maximal 20% betragen darf.

Das mit knapper Mehrheit angenommene Begehren hat insbesondere in den Bergregionen und in der Tourismusbranche einen Schock ausgelöst. Aus diesen Kreisen wird jetzt die Forderung laut, die Restriktionen für den Kauf von Häusern und Wohnungen durch Ausländer zu lockern.

Besonders Mitte-Rechts-Politiker und Volksvertreter aus den Bergregionen argumentieren, es sei endlich der Moment gekommen, bei diesen Restriktionen nochmals über die Bücher zu gehen.

Das hatte vor vier Jahren schon der Bundesrat versucht, als er vorschlug, die Beschränkungen für Ausländer aufzuheben. Doch das Parlament verwarf 2008 das Ansinnen der Regierung.

Doch die Forderung auf eine Lockerung hat einen schweren Stand: Politiker auf der linken wie auf der rechten Seite verweisen auf das Risiko, dass im Fall einer Aufhebung internationales Kapital seinen Weg in den ungeschützten Schweizer Immobilienmarkt fände.

“Eine Aufhebung der Restriktionen hätte einen Druck auf die Immobilienpreise zur Folge”, sagt Daniel Müller-Jentsch, Immobilienexperte bei Avenir Suisse, einem Think Tank der Schweizer Wirtschaft. “Und zwar in Städten wie Zürich und Genf, aber möglicherweise auch in kleineren Orten wie Luzern und Zug, die international ein hohes Prestige geniessen.”

Das wäre dann ein weiterer preistreibender Faktor, neben den bereits bestehenden wie hohe Einwanderung und tiefe Zinsen. Einen ähnlichen preistreibenden Effekt erwartet man auch in den wichtigsten Tourismusorten, hier als Folge der Zweitwohnungs-Initiative.

Mit Steuereinnahmen koppeln 

In der laufenden Debatte wird auch vorgeschlagen, Hauskäufe mit Steuerbeiträgen zu kombinieren. Konkret solle ein Teil der Steuereinnahmen aus dem Immobilienhandel für die Finanzierung von Infrastruktur-Projekten bereit gestellt werden.

Die sozialdemokratische Nationalrätin Jacqueline Badran hat ihrerseits vorgeschlagen, als minimale Vorbedingung für einen Immobilienkauf eine fünfjährige Aufenthaltsdauer des Käufers in der Schweiz zu verlangen.

Badran will dies nicht als Ausländerfeindlichkeit verstanden wissen, denn die Regeln sollten für alle gelten, unabhängig von der Nationalität. ” Ziel ist es, einen Anstieg der Immobilienpreise zu verhindern, insbesondere in den städtischen Räumen”, so Jacqueline Badran.

Ähnlich sieht es Hans Kissling, ein Ökonom, der auf Planungsfragen der regionalen Entwicklung spezialisiert ist. “Für die Städte ist entscheidend, dass die Einschränkungen für Ausländer, die Immobilien in der Schweiz kaufen möchten, bestehen bleiben,.”

Gegenüber dem Zürcher Tages-Anzeiger warnte Kissling auch davor, dass eine Lockerungen der Restriktionen ausländischen Investoren Tür und Tor öffnen würde, um von goldenen Möglichkeiten auf dem Schweizer Immobilienmarkt zu profitieren.

Mit sofortiger Wirkung

Während sich Gegner und Befürworter über die Beschränkungen und deren Umsetzung in den Haaren liegen, wiederholte Umweltministerin Doris Leuthard letzte Woche die Haltung des Bundesrates.

“Die Verfassungsänderung tritt mit sofortiger Wirkung in Kraft”, sagte sie vor den Medien. Kaufgesuche, die Interessenten vor dem Datum des Volksentscheides eingereicht hätten, behielten ihre Gültigkeit, sicherte sie zu.

Gleichzeitig aber rief Leuthard die Behörden der Gemeinden auf, Kaufgesuche ab dem 11. März so lange nach den einschränkenden Richtlinien zu behandeln, bis die Details zu der Gesetzesänderung vorlägen.

“In kontroversen Fällen wird es Sache der Gerichte sein, einen Entscheid zu fällen”, machte die Bundesrätin klar. Insbesondere Bergkantone sind hier anderer Ansicht und plädieren dafür, dass sämtliche Käufe bis Ende des laufenden Jahres unter den bisherigen Regelungen abgewickelt werden.

Details im Herbst

Ab 2013 müssen Gemeinden mit einem Zweitwohnungs-Anteil von über 20% zusichern, dass sie keine entsprechenden Baubewilligungen mehr erteilen werden.

Zur Ausarbeitung von Übergangsbestimmungen setzte die Regierung eine Task Force ein, der Vertreter von Bund, Kantonen, Gemeinden und des Initiativkomitees angehören. Die Übergangsbestimmungen sollen so lange gelten, bis die Verfassungsänderung vom Parlament gutgeheissen sind.

Das Resultat der Abstimmung vom 11. März habe keine unmittelbaren Auswirkungen auf den Immobilienbesitz von Ausländern in der Schweiz, verlautet aus dem Justizdepartement (EJPD).

Der Erwerb von Immobilien bleibt somit für Ausländer möglich, sofern die aktuelle Einschränkung von maximal 1500 Bewilligungen nicht überschritten werden.

In den letzten Jahren war diese Quote stets zu 70% bis 100% ausgenutzt worden. Im Jahr 2010 stammten die meisten Gesuche aus den Kantonen Wallis, Waadt und Tessin.

“Die Einschränkung betrifft im Prinzip nur Ausländer, die ausserhalb der Schweiz leben, sowie ausländische Personen ohne Aufenthaltsbewilligung”, erklärt EJPD-Sprecherin Ingrid Ryser. Das bedeute, dass Bürger von Ländern der Europäischen Union und der Europäischen Freihandelszone (Efta) von den Restriktionen ausgenommen seien.

Dabei spielt es aus gesetzlicher Sicht keine Rolle, ob der Immobilienbesitz als permanenter Wohnsitz oder als Feriendomizil dient. “Was zählt, ist allein die Frage, wo der Käufer gemäss Schweizerischem Zivilgesetzbuch die meiste Zeit lebt”, so Ingrid Ryser.

Personen und Firmen aus dem Ausland, die in der Schweiz Immobilien kaufen wollen, benötigen eine Bewilligung des Kantons, in dem das Objekt liegt. Die Zahl dieser Bewilligungen ist streng limitiert.

Bürger von Ländern der Europäischen Union (EU), der Europäischen Freihandelszone Efta sowie Inhaber von Aufenthaltsbewilligungen des Typs C sind von der Einschränkung ausgenommen.

Ausgenommen sind auch Immobilien, die als permanente Firmensitze dienen sollen.

Ausländer, die eine Immobilie als Heim kaufen, müssen sie auch als Hauptwohnsitz nutzen.

Erstmals waren in der Schweiz 1961 Einschränkungen für Grundstückkäufe von Ausländern eingeführt worden. Damit sollte verhindert werden, dass Investoren aus Übersee den heimischen Wohnungsmarkt aushöhlen.

Die Restriktionen wurden 1983 gesetzlich verankert und später überarbeitet.

2008 war ein Vorschlag der Regierung, die Einschränkungen aufzuheben, vom Parlament abgelehnt worden.

(Übertragung aus dem Englischen: Renat Kuenzi)

In Übereinstimmung mit den JTI-Standards

Mehr: JTI-Zertifizierung von SWI swissinfo.ch

Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!

Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft