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Pionierin und Exotin in der Schweizer Bankenwelt

Die Schalterhalle des ABS-Hauptsitzes in Olten. Keystone

Jahr für Jahr ist sie gewachsen, aber immer noch klein. Ihren Grundsätzen ist sie treu geblieben: Die Alternative Bank ABS, die ihr 15-jähriges Bestehen feiert.

Seit ihrer Gründung 1990 bietet die ABS “sozial verantwortlichen Personen” Anlage- und Kreditmöglichkeiten und versteht sich als Vorreiterin ethisch ausgerichteten Bankings.

Sie sei “angenehm angetan” vom Erfolg der Alternativen Bank, sagte Verwaltungsratspräsidentin Claudia Nielsen gegenüber swissinfo. “Es brauchte Wagemut und ein Stück Verrücktheit, ein solches Unternehmen zu gründen.”

Die Idee zu einer “anderen” Bank war bereits Mitte der 1980er-Jahre entstanden. Eine Umfrage der entwicklungspolitischen Organisation “Erklärung von Bern” ergab 1982, dass ein grosses Interesse an der Schaffung einer Bank mit sozialen und ökologischen Zielsetzungen besteht.

Die Geburt der “anderen” Bank

Viele Privatpersonen, Organisationen und auch Parteien empörten sich damals über Despotengelder auf Schweizer Bankkonten und die Unterstützung des Apartheid-Regimes in Südafrika durch Schweizer Grossbanken.

Dem in Verruf geratenen Finanzplatz wollte die Trägerschaft eine Alternative entgegensetzen, eine Bank, die ihre Geschäfte transparent macht, sozial und ökologisch wirtschaftet und die Ethik vor den Erfolg stellt.

Die Alternative Bank startete 1990 mit einem Kapital von 2 Mio. Franken und schrieb nach den ersten Aufbaujahren bald schwarze Zahlen. Die Bilanzsumme stieg in den letzten Jahren regelmässig um 5 bis 10%. “Wir stehen heute mit beiden Füssen auf dem Boden”, freut sich die ABS-Präsidentin.

Die “Frauenbank”

Seit 2005 wird die ABS, die einen Frauenanteil von 43% und in der Führungsetage von 50% aufweist, von Claudia Nielsen und Geschäftsleiterin Christa Joss geleitet.

“Die Medien rannten uns die Türe ein, weil zwei Frauen an der Spitze stehen. Das hat in der Schweiz Seltenheitswert, was ich schockierend finde”, so Nielsen, eine Verfechterin der Quotenregelung.

Die Gründer der Bank, alles Männer, gaben sich eine Geschlechterquote, was laut Nielsen auf dem Finanzplatz Schweiz, aber auch im europäischen Verband alternativer Banken (FEBEA), einzigartig ist.

“Wenn Frauen und Männer zusammenwirken, ist die Vielfalt bei der Entscheidungsfindung grösser, auch wird eher auf Trends reagiert.”

Die Alternative Bank richtet ihr ganzes Geschäft nach ethischen Prinzipien aus. Wer bei der ABS Geld anlegt, könne sicher sein, dass davon keine Waffenhändler profitierten und das angelegte Geld nicht in schlechte Gesellschaft gerate, verspricht die Bank.

Ethik hat Vorrang

Für Ulrich Thielemann vom Institut für Wirtschaftsethik der Universität St. Gallen sind Ethik und Erfolg vereinbar. “Man muss aber zwischen Gewinnmaximierung und Gewinnerzielung unterscheiden.” Thielemann leitet seit 2005 die unabhängige Ethik-Kontrollstelle der ABS.

“Mindestens im Zweifel muss der Ethik der Vorrang eingeräumt werden. Das ist bei der ABS klar der Fall.” Die Alternative Bank verstehe Erfolg breiter als üblich, nicht nur als Gewinn. “Erfolg ist für sie etwa auch, wenn sie zu einer Wirtschaft beigetragen hat, die Umwelt- und Sozialverträglichkeit hochhält”, so Thielemann gegenüber swissinfo.

Für den Wirtschaftsethiker ist Ethik in der modernen Gesellschaft kontrovers. Es sei Definitionssache, eine Sache der Klärung konfligierender Ansprüche und Werte.

Er kann aber bestätigten, dass in der ABS “zweifelsfrei ein Geist herrscht, der die Ethik hochhält. Die ganze Sinnbestimmung des Unternehmens ist darauf ausgerichtet, ein ethisch integriertes Management, ein ethisch integriertes Banking zu betreiben.”

Die kleine Vorreiterin

Um Einfluss auf die anderen Banken auszuüben oder die Bankenlandschaft gar zu verändern, dafür sei die ABS, die sich ganz bewusst nur auf die Schweiz konzentriert, deutlich zu klein, zu marginal.

“Vielleicht aber fordert die ABS die anderen Banken ethisch ein Stück weit heraus. Wir beobachten derzeit ja eine Art Ethik-Wettbewerb. Und da setzt die Alternative Bank die Latte wohl am höchsten”, sagt Thielemann.

Claudia Nielsen sieht die ABS als eine Art Vorreiterin. Vieles sei, zumindest in Ansätzen, nachgeahmt worden. “Öko, sozial-verantwortlich oder nachhaltig, vor 15 Jahren noch Buh-Wörter, sind heute gängiger Bankenslang.”

So bieten auch “normale” Banken Spezialzinsen für Minergie-Bauten an oder Sonderfonds. Die gleiche Bank, die ethische Fonds anbiete, könne aber auch Waffenhändler finanzieren, betont Nielsen.

“Bei uns gibt es dieses ethische Rosinenpicken nicht. Wir richten unser ganzes Geschäft nach ethischen Prinzipien aus.”

Wurde die “andere” Bank in ihren Anfängen noch belächelt, die Gründer gar als weltfremde Idealisten abgetan, hat sie sich durch ihre Gradlinigkeit doch gewissen Respekt geholt. “Um irgendwo Paroli zu bieten, ist die ABS aber deutlich zu klein”, so Thielemann.

swissinfo, Gaby Ochsenbein

1990 wird in Olten die Alternative Bank Schweiz eröffnet.
Zum Trägerverein gehören Entwicklungshilfe- und Umweltorganisationen, politische und kirchliche Kreise und 1200 Privatpersonen.
1991: Bilanzsumme: 57,1 Mio. Franken
12 Beschäftigte, 3750 Kundinnen und Kunden
2005: Bilanzsumme: 691 Mio. Franken
Reingewinn: 0,75 Mio. Franken
56 Beschäftigte, Frauenanteil: 43%
20’358 Kundinnen und Kunden
4350 Aktionärinnen und Aktionäre.

Die ABS ist eine kleine ökologisch und sozial ausgerichtete Spar- und Kredit-Bank. Ethische Grundsätze stehen vor Profitmaximierung.

Sie investiert in biologische Landwirtschaft, erneuerbare Energien, kleine und mittlere Unternehmen und in ökologischen Wohnungsbau. Nachhaltiges Bauen wird mit tiefen Zinsen belohnt.

Nebst dem Hauptsitz in Olten betreibt die ABS Zweigstellen in Zürich, Lausanne, Genf und in Bellinzona.

2005 führt sie eine unabhängige Ethik-Kontrolle ein.

Die ABS ist Mitglied im europäischen Verband alternativer Banken.

Für ihren Einsatz bei der Chancengleichheit von Mann und Frau erhält die ABS 2005 den “Prix Egalité”.

Zum 15-Jahr-Jubiläum erscheint die ABS-Chronik “Die Geschichte einer aussergewöhnlichen Bank: Die Alternative” des Historikers Mario Küng.

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