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“Schweizer Vereine sollten Junge besser integrieren”

Davide Wüthrich und Wanja Kaufmann präsentierten die Aktivitäten des Auslandschweizer Jugendparlaments (ASJUPA) und stellten dessen Forderungen am 6. August am Auslandschweizer-Kongress in Bern. ASO

Der jüngeren Generation eine lautere Stimme geben und sich ihren Bedürfnissen anpassen: Diese Forderung stellt das Parlament der jungen Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer (ASJUPA) an die Schweizer Vereine im Ausland. Sollten diese nicht rasch handeln, könnten sie ihre eigene Zukunft gefährden, warnt das Netzwerk, das junge Schweizerinnen und Schweizer in der Welt miteinander verbindet.

“Wir brauchen Euch, und wir zählen auf Euch”, sagte Aussenminister Didier Burkhalter, als er sich anlässlich der Festivitäten zu 100 Jahren Auslandschweizer-OrganisationExterner Link (ASO) Anfang August in Bern an die jungen Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer wandte. Er spornte sie dazu an, “mit Euren Ideen und Eurer Weltgewandtheit zur schweizerischen Gesellschaft beizutragen”.

Während die Mitarbeit der jungen Schweizer Expats für die Eidgenossenschaft wichtig ist, ist diese für die Zukunft der ASO und der Schweizer Vereine im Ausland unabdingbar. Diese Meinung wurde an Konferenzen der ASO oft wiederholt. Mit dem Resultat, dass die Integration der Jugend in ihre Strukturen und in Schweizer Vereine der verschiedenen Länder zu einer der Prioritäten im Entwicklungsplan der Organisation der nächsten Jahre wurde.

ASJUPA

Am 13. August 2015 entschloss sich eine Gruppe junger Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer, die an einem Seminar der Auslandschweizer-Organisation (ASO) teilgenommen hatte, ein Auslandschweizer Jugendparlament (ASJUPA) zu gründen.

Es sollte ein überparteiliches Netzwerk werden, das allen Schweizer Bürgerinnen und Bürgern zwischen 15 und 35 Jahren offen steht, die im Ausland leben oder mindestens während 10 Jahren im Ausland gelebt haben und nun wieder in der Schweiz sind.

Am 18. Oktober 2015 wählte das ASJUPA online ein eigenes Komitee aus 13 Mitgliedern für ein Mandat von 2 Jahren. Das Komitee bespricht sich einmal monatlich via Skype.

Auf ziviler Ebene fördert das ASJUPA Aktivitäten und den Austausch, liefert Informationen und organisiert Treffen. Auf Bürgerebene unterstützt es die politische Bildung und sensibilisiert über die Bedeutung der Teilnahme am Schweizer System der direkten Demokratie.

Von Worten zu Taten

Viele schöne Worte aber genügen laut Davide Wüthrich, Präsident des Auslandschweizer Jugendparlaments (ASJUPA), nicht: “Wir brauchen konkrete Fakten, um junge Menschen zur Teilnahme zu bewegen.” Seiner Meinung nach gibt es in der Tat ein Potenzial für jugendliches Interesse.

Die Feedbacks, die er nach der ersten Generalversammlung des Auslandschweizer Jugendparlaments erhalten habe, seien der Beweis dafür: Von den 130 Teilnehmern und Teilnehmerinnen seien “viele positive Rückmeldungen gekommen. Zudem konnten wir neue Mitglieder aufnehmen”. Das ASJUPA hatte sich am 6. August anlässlich des Auslandschweizer-Kongresses in Bern getroffen.

Nun geht es darum, die notwendigen Schritte zu unternehmen, um dieses Potenzial in Bewegung zu setzen. Einen ersten konkreten Schritt machte der Auslandschweizerrat (ASR), der drei Sitze für Delegierte der Jugend freimachte. Bisher war Wüthrich, in diesem Frühling gewählt, der einzige Abgeordnete der Jugend im ASR.

“Eine Verdreifachung der Jugendvertreter ist ohne Zweifel ein tolles Zeichen. Wir fühlen uns besser anerkannt und sind uns bewusst, dass wir unsere Verantwortung wahrnehmen müssen. Somit sind wir ermutigt, uns noch mehr zu engagieren”, sagt der ASJUPA-Präsident.

Die jungen Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer erwarten, dass der Integrationsprozess rasch auch in den anderen Organen der ASO und der darin organisierten Schweizer Vereine auf der ganzen Welt aufgenommen wird.

Gemeinsame und selbständige Aktivitäten

Für Davide Wüthrich ist klar, dass dies keine leichte Aufgabe ist: “Man muss Kompromisse eingehen”, sagt er. Beide Seiten müssten die Fähigkeit haben, gemeinsam im gegenseitigen Interesse zu handeln, parallel dazu aber auch an die jeweiligen Bedürfnisse angepasst eigenständige Aktivitäten zu entwickeln. Diese Strategie wurde bereits in Schweizer Verbindungen in Italien verfolgt.

Schliesslich war es der Erfolg dieses italienischen Modells, der zur Gründung des ASJUPA führte, einem Netzwerk von jungen Auslandschweizerinnen und Auslandschweizern aus der ganzen Welt, das sich mit den technischen Möglichkeiten und der Sprache der jungen Generation selber verwaltet und deren Ansprüche konkretisiert.

Das ASJUPA basiert auf dem Modell des Netzwerks junger Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer in Italien – die “Unione Giovani Svizzeri” –, das auf nationaler Ebene Kontakte herstellt und Koordination ermöglicht, wobei die Mitglieder selber auf lokaler und regionaler Ebene Gruppen ins Leben rufen können. Das ASJUPA wurde als internationales Netzwerk konzipiert, dessen Mitglieder über Facebook verbunden sind und Gruppen bilden können, die in ihren Ländern aktiv werden.

“Die Idee ist, dass die jungen Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer überall in der Welt einen Fuss haben”, sagt Wüthrich. Gegenwärtig sind beim Jugendparlament Mitglieder aus 22 Ländern Europas, Afrikas, Amerikas und Ozeaniens dabei.

Internationale Plattform für mobile Junge

Die Facebook-GruppeExterner Link, von etwa 15 Personen lanciert, hat nach einem Jahr bereits 475 Mitglieder. Doch dieser Kommunikationskanal allein reicht nicht, um die Kräfte zu bündeln und die gesamte Gemeinschaft der jungen Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer auf der Welt zu informieren. Kürzlich lancierte das ASJUPA auch ein Instagram-Profil, in nächster Zukunft sind ein Newsletter und eine Webseite geplant.

“Das sind unentbehrliche Instrumente, weil sie von den Jungen genutzt werden und der gegenwärtigen Mobilität angepasst sind”, erklärt Wüthrich. Tatsächlich ziehen junge Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer oft von einem Land ins andere, sei es wegen des Studiums oder dass ein neuer Job ruft. Über ihr Netzwerk bleiben sie unabhängig von ihrem Aufenthaltsort immer in Kontakt und können mit anderen Mitgliedern der Gemeinschaft kommunizieren.

“Angesichts dieser Mobilität ist es zentral, über eine internationale Austausch-Plattform zu verfügen, auf der alle zusammen kommunizieren und sich informieren können. Wenn man bereits Kontakte in einem Land hat, das man nicht kennt, ist das sehr beruhigend”, so Wüthrich.

Lokale Aktivitäten sind Fleisch am Knochen

Klar ist aber auch, dass diese technischen Instrumente für Kommunikation und Organisation “nie und nimmer den direkten Kontakt ersetzen” können, betont der ASJUPA-Präsident. In jenen Ländern und Regionen, in denen sie leben, müssen sich die jungen Landsleute im Ausland auch real treffen, um Veranstaltungen zu organisieren. Das ASJUPA bittet die Schweizer Vereine im Ausland deshalb, den Aktivitäten der jungen Generation Raum und Hand zu bieten.

“Der erste wesentliche Schritt, den die Mitglieder der Vereine machen können, ist ihre Kinder mitnehmen und ihnen die Möglichkeit geben, etwas selber zu organisieren. So können sie sich kennenlernen und Erfahrungen austauschen. Daraus kann der Wunsch entstehen, sich wiederzusehen, gemeinsam Aktivitäten zu erleben und auch andere Schweizer Jugendliche aus ihrer Region mitzubringen”, betont Davide Wüthrich. Er erinnert dabei an die Erfahrungen, die man in Italien gemacht habe.

Der Präsident und andere ASJUPA-Mitglieder konnten ihre Projekte bereits bei Schweizer Vereinen in verschiedenen Ländern vorstellen, weitere Treffen sind geplant. Die Reaktionen seien durchwegs positiv, so Wüthrich, der von vielversprechenden Signalen besonders aus Österreich und Grossbritannien spricht, wo bereits etwas geschehe. So ist etwa das Thema des nächsten Treffens des Verbands der Schweizer Vereine in GrossbritannienExterner Link (FOSSUK) im November genau jene Integration der Jugend in die Schweizer Politik.

Junge im Gesetz

Das neue AuslandschweizergesetzExterner Link, in Kraft seit November 2015, beauftragt die Eidgenossenschaft explizit, den Austausch junger Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer untereinander und mit der Schweiz zu fördern.

Diese Aufgabe nimmt der Bund einzig wahr über die Subventionierung der Organisationen, die sich um die jungen Landsleute im Ausland kümmern, über die Schweizer Schulen im Ausland sowie Informationen und Aktivitäten durch die diplomatischen Vertretungen der Schweiz in der Welt.

Haben Sie Ideen und Vorschläge zur Schaffung einer starken und dynamischen Gemeinschaft junger Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer, die ernsthaft auf deren Interessen eingeht? Schreiben Sie uns ihre Meinung!

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(Übertragen aus dem Italienischen: Christian Raaflaub)

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