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Wahlen und Geld: Wer legt seine (grossen) Summen offen, wer versteckt sie?

Mann an Rednerpult mit Schweizer Fahne
Die SVP, die stärkste politische Partei des Landes, hier ihr Präsident Albert Rösti, ist bei der Finanzierung ihrer Kampagnen intransparent. Keystone / Jean-christophe Bott

Das Westschweizer Radio und Fernsehen (RTS) hat die Parteien gefragt, wie viel Geld sie in die Eidgenössischen Wahlen vom 20. Oktober investierten. Mehr als 25 Millionen Franken wurden offengelegt. Die Transparenz nimmt zu, ausser bei der SVP.

Kann man Stimmen kaufen? Im Vorfeld der Eidgenössischen Wahlen vom Oktober verstärken Parteien und Kandidierende ihre Bemühungen, die Stimmberechtigten anzuziehen: Werbekampagnen, Plakate, Videos, Streuversände an alle Haushalte, Veranstaltungen, etc. All diese Aktionen sind teuer. Die Investitionen belaufen sich auf Hunderttausende von Franken, manchmal auf Millionen.

In der Schweiz weiss eigentlich niemand, wie viel Geld in den Wahlkampf investiert wird, und auch nicht von wem. Um den Schleier etwas zu lüften, kontaktierte RTS die 188 kantonalen Parteisektionen, denn ein wichtiger Teil des Wahlkampfs spielt sich in den Kantonen ab.

Mehr als vier von fünf Sektionen antworteten zumindest teilweise auf die Fragen. 14% lehnten es jedoch ab, ihr Wahlkampfbudget offen zu legen, und 3% ignorierten die Anfragen, auch auf mehrmaliges Nachstossen hin. Insgesamt antworteten deutlich mehr Parteisektionen als 2015, als bei einer ähnlichen Umfrage nur zwei von drei Sektionen auf die Fragen eingegangen waren.

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Transparenz auf dem Vormarsch

Die Sektionen der Grünen, der Sozialdemokratischen Partei (SP), der Grünliberalen (GLP) und der Evangelischen Volkspartei (EVP), die schon 2015 am transparentesten waren, legten ihre Wahlkampfbudgets alle offen.

Das ist nicht wirklich erstaunlich, denn eine Volksinitiative, die fordert, dass die Parteien ihre Wahlkampfkonten und die Herkunft aller Spenden von mehr als 10’000 Franken offenlegen müssen, wurde von der Linken, der Bürgerlich-Demokratischen Partei (BDP) und der EVP lanciert.

Auf Seite der Rechten machten zwar viele kantonale Sektionen mit, die Mehrheit ist aber weiterhin gegen eine Regulierung. Die Sektionen der Schweizerischen Volkspartei (SVP), von denen die Hälfte es ablehnte, ihre Wahlkampfbudgets offenzulegen, zeigten sich am wenigsten transparent. “Die Finanzierung der Parteien ist eine Privatsache”, erklärten mehrere von ihnen.

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Geld bleibt im Wahlkampf tabu

Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht Kaum jemand weiss, wer Parteien sowie Kandidaten und Kandidatinnen finanziert und in welchem Ausmass. Ein Erklärungsversuch.

Mehr Geld bleibt im Wahlkampf tabu

Der grösste Wandel war bei der Christlichdemokratischen Volkspartei (CVP) und – vor allem – bei der Freisinnig-Demokratischen Partei (FDP.Die Liberalen) zu beobachten. Während 2015 nur neun Sektionen von FDP.Die Liberalen bereit waren, ihre Budgets offenzulegen, waren es in diesem Jahr 18. Aber wie die SVP stellt sich die Partei nach wie vor gegen jegliche gesetzliche Regulierung.

17 Millionen in den Kantonen

Die RTS-Umfrage bestätigt, dass für die Wahlen diesen Herbst grosse Summen investiert werden: Mehr als 25 Millionen Franken insgesamt. Einerseits kommen etwa acht Millionen aus den Koffern der nationalen Parteien. Nur die SVP Schweiz, bekannt für ihre üppigen Kampagnen, weigerte sich, ihr Budget offenzulegen.

Andererseits fliessen mehr als 17 Millionen aus den kantonalen Sektionen in den Wahlkampf. Diese Zahlen fussen auf den freiwilligen Angaben der Parteien und können nicht unabhängig verifiziert werden.

Die Gesamtsumme stieg gegenüber 2015, als die Parteien Budgets in Höhe von 21 Millionen offenlegten, um 20%. Der Anstieg ist vor allem auf die grössere Zahl der eingegangenen Antworten zurückzuführen, vor allem aus der Deutschschweiz.

In Zürich, dem reichsten Kanton des Landes, stieg die Gesamtsumme der Budgets zum Beispiel durch die Angaben der FDP.Die Liberalen (850’000 Franken) und der CVP (130’000 Franken), die 2015 keine Zahlen bekanntgegeben hatten.

Zusammen mit der Aufstockung des Budgets der SP von 600’000 auf eine Million Franken stiegen die offengelegten Finanzmittel so auf mehr als 2,7 Millionen Franken, gegenüber 1,5 Millionen 2015. Ganz zu schweigen von der Zürcher SVP, die Christoph Blocher lieb und teuer ist und der sich nach wie vor weigert, Angaben zu seiner Wahlkampfkasse zu machen.

Zwischen 100’000 und 200’000 Franken pro Sitz

Da nicht alle Parteien ihre Budgets enthüllen, ist es nicht möglich, zu wissen, wer tatsächlich am meisten Mittel zur Verfügung hat. Die FDP.Die Liberalen verfügt, obschon fümf Sektionen ihre Mittel nicht transparent machten, global über das grösste Budget: Insgesamt rund 7,5 Millionen Franken, von denen etwa 40% von der nationalen Partei kommen.

Auf dem zweiten Platz liegt die SP mit 6,4 Millionen, gefolgt von der CVP mit 4,3 Millionen (Fümf Sektionen legten ihre Mittel nicht offen).

Diese drei grossen Parteien verfügen über weit mehr Mittel als die Grünen (1,9 Millionen), die GLP (1,6 Millionen) und die BDP (1 Million, drei nicht transparente Sektionen). Bleibt ein grosses Fragezeichen, die SVP: Die offengelegten Daten sind so lückenhaft, dass ihre Finanzmittel nicht eingeschätzt werden können.

Für die transparentesten Parteien kann berechnet werden, wie viel sie ein Parlamentssitz kostet. In Bezug auf die Zahl der Mandate in Bern gibt die SP pro Sitz 119’000 Franken aus, die Grünen kostet es 159’000 Franken und die Grünliberalen 206’000 Franken.

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Gewählte geben am meisten aus

Bleibt die letzte Ebene: Die persönlichen Kampagnen, die von den Kandidatinnen und Kandidaten selbst mitfinanziert werden. Über die persönlichen Kampagnen weiss man am wenigsten, und sie sind – angesichts der Zahl der Kandidierenden pro Sitz – wahrscheinlich am schwierigsten zu ergründen. Dazu kommt, dass die Praxis von Partei zu Partei und von Kanton zu Kanton sehr unterschiedlich ist.

Mann mit Cap mit Schweizer Kreuz
Eine Kampagne für 200’000 Franken: Soviel ist es dem Aargauer Ständerat Hansjörg Knecht wert, um seinen Sitz in Bern zu behalten. © Keystone / Alexandra Wey

So gibt es etwa in den Kantonen Neuenburg und Jura kaum persönliche Kampagnen, während solche im Wallis von zentraler Bedeutung sind. Die Favoriten organisieren ihre eigenen Spendenaufrufe, erhalten Gelder von der Partei und greifen auf ihre Ersparnisse zurück, um Summen in Höhe von manchmal bis zu 100’000 Franken zusammenzubringen.

Im Juni ergab eine Umfrage von RTS sowie des Deutschschweizer und des italienischsprachigen Radios und Fernsehens (SRF und RSI), dass einige bisherige Abgeordnete planen, bis zu 200’000 Franken in ihre Kampagnen für die Wiederwahl zu investieren, so zum Beispiel der Aargauer Ständerat Hansjörg Knecht (SVP). Aber dies sind Ausnahmen.

Gemäss einer Studie des Instituts Fors (Universität Lausanne) der Wahlen von 2015 hatte jeder Kandidat und jede Kandidatin für den persönlichen Wahlkampf im Schnitt 7500 Franken ausgegeben.

Die Daten zeigten einen klaren Trend: Die Kandidierenden, die gewählt wurden, hatten deutlich mehr ausgegeben, als jene, die verloren. Sie hatten durchschnittlich gegen 40’000 Franken in ihren Wahlkampf gesteckt, gegenüber 5800 Franken auf Seite der Verliererinnen und Verlierer.

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(Übertragung aus dem Französischen: Rita Emch)

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