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Post-Konzernspitze wegen Subventionsbetrug unter Druck

Gelbes Schweizer Postauto im Schnee
Sie gelten als Ikone des Service Public: Ein Postauto bringt Passagiere über eine frisch verschneite Passtrasse an ihr Ziel. Keystone

Die Chefin der Schweizerischen Post, Susanne Ruoff, ist in Erklärungsnot. Die illegale Buchhaltung bei der Post-Tochter, Postauto Schweiz AG, bringt sie stärker in Bedrängnis als zunächst angenommen. Obwohl sie behauptet, erst vor ein paar Monaten von den illegalen Umbuchungen erfahren zu haben, zeigen post-interne Akten etwas anderes.

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Die Vorgeschichte: Das Bundesamt für Verkehr (BAV) hat diese Woche publik gemacht, dass die Postauto Schweiz AG mit gesetzeswidrigen Tricks jahrelang ihren Gewinn kleinschrieb. Dadurch zahlten Bund und Kantone während Jahren zu hohe Subventionen. Postauto Schweiz muss Bund und Kantonen nun 78,3 Millionen Franken zurückzahlen. Die Post gab bekannt, bereits im November 2017 eine unabhängige Untersuchung zu den fehlbaren Umbuchungen eingeleitet zu haben. Diese soll bis Sommer 2018 abgeschlossen sein.

Was ist seither passiert? Die Post-Spitze wusste offenbar seit Jahren über die Buchhaltungstricks bei Postauto Bescheid. Das belegt eine vertrauliche Aktennotiz aus dem Jahr 2013, die das Boulevardblatt “Blick” am Donnerstag publiziert hat.

Postchefin Susanne Ruoff hatte zuvor erklärt, sie habe erst im vergangenen November von der laufenden Untersuchung bei Postauto Schweiz erfahren. Am Freitag veröffentlichte der “Blick” zudem eine Aktennotiz, die besagt, dass die Konzernspitze der Post 2013 die illegale “Gewinnsicherung” in einer Klausur akribisch geplant hatte.

Die Zeitung zitiert aus einem Memorandum zu dieser Klausur: Der Gewinn sollte nicht länger innerhalb der Postauto AG verschoben werden, sondern in den Mutterkonzern. So könnten Gewinne “im Konzern abgeschöpft” werden und müssten “nicht zwingend an den Besteller” (also Bund und Kantone) “weitergegeben werden”.

Wie reagiert die Verkehrsministerin? Die für die Schweizerische Post zuständige Bundesrätin Doris Leuthard weilt derzeit in den Ferien und fordert in einer schriftlichen Medienmitteilung eine lückenlose Aufklärung. Sie sei “enttäuscht” von den Vorgängen. Dem Verkehrsdepartement seien die entsprechenden Unterlagen rasch und vollständig zu unterbreiten.

Das Bundesamt für Verkehr und der Postkonzern seien daran, die Vorgänge der letzten Jahre aufzuarbeiten, so Leuthard weiter. Die Untersuchungen laufen. Bundesnahe Betriebe wie die Postauto AG hätten auch beim Umgang mit öffentlichen Geldern eine Vorbildfunktion; zum Wohl der Steuerzahler und ihrer Kundinnen und Kunden.

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Wie reagiert das Bundesamt für Verkehr? An einer Presseorientierung am Donnerstag sagte der Direktor des Bundesamts für Verkehr, Peter Füglistaler, man führe ein Gespräch mit der Bundesanwaltschaft. Jetzt werde abgeklärt, was wirklich gelaufen sei. Die Verbuchungspraktiken seien aber mit allerhöchster Wahrscheinlichkeit illegal. Dies könne man heute sagen, so Füglistaler.

Wie reagiert die Politik? Kurt Fluri, Nationalrat der Freisinnig-Demokratischen Partei (FDP.Die Liberalen) und Mitglied der nationalrätlichen Verkehrskommission, findet die Vorkommnisse gravierend. “Jetzt wird es schwierig für Susanne Ruoff. Sie wird sicher zum Thema an unserer nächsten Sitzung am Montag und Dienstag befragt. Dazu muss man aber auch die Gewinnvorschriften des Bundes hinterfragen. Wir müssen uns fragen, ob diese Strategie des Bundesrats, der Druck macht, Gewinne abzuliefern, wirklich sinnvoll ist.”

Ulrich Giezendanner Nationalrat der Schweizerischen Volkspartei (SVP), zeigt sich empört über diese Vorgänge. “Susanne Ruoff hat gemäss den Dokumenten (die gestern veröffentlicht wurden), von den Vorgängen seit 2013 gewusst. Sie hat nichts unternommen. (..) Die Postchefin ist damit nicht mehr tragbar. Ich fordere Bundesrätin Leuthard auf, jetzt Führungsverantwortung zu übernehmen. Sie muss Ruoff als Postchefin suspendieren.”

Die Präsidentin der Verkehrskommission, Nationalrätin Edith Graf-Litscher von der Sozialdemokratischen Partei (SP), lädt die Konzernleitung im März in die Kommission ein. “Alle Fakten müssen auf den Tisch. Es geht schliesslich um Steuergelder. Der Ruf des regionalen Personenverkehrs ist gefährdet.”

Wie reagiert die Post-Chefin? In einer Stellungnahme schreibt Susanne Ruoff: “Ich erhielt Mitte November 2017 erstmals Kenntnis von den Vorwürfen des Bundesamts für Verkehr (BAV). Erst die folgenden internen Abklärungen, unterstützt durch externe Experten, förderten zu Tage, dass durch illegale Buchungen im abgeltungsberechtigten Regionalen Personenverkehr bei Postauto gegen geltendes Recht verstossen wurde.”

Weiter schreibt Ruoff: “Die vertraulichen Unterlagen machen keinerlei Hinweise zu illegalen, fiktiven Umbuchungen, die im abgeltungsberechtigten Regionalen Personenverkehr durch die Postauto Schweiz AG seit vielen Jahren vorgenommen wurden. Im Gegenteil: Im Dokument stellt die Post keinen Handlungsbedarf fest.”

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