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Reise zum Mars, mit Schweizer Mikroskop an Bord

Die sechs Meter lange Phoenix-Sonde mit dem Greifarm. NASA

Das Liestaler Jung-Unternehmen Nanosurf sowie die Universitäten Basel und Neuenburg sind an der Phoenix-Mission beteiligt, der jüngsten NASA-Reise zum Mars.

Wenn das Wetter in Florida mitspielt, startet die Sonde am 4. August zum Roten Planeten. Die Schweizer Entwicklung soll analysieren, ob der Boden dort wirklich einmal Wasser enthielt.

Was über einen Erfolg der jüngsten Mars-Mission der NASA mit entscheiden könnte, ist klugen Schweizer Köpfen entsprungen.

Die Rede ist vom speziell für die harten Mars-Bedingungen entwickelten Rasterkraftmikroskop (AFM).

Das Hightech-Gerät ist eine Gemeinschafts-Entwicklung, an der die Liestaler Firma Nanosurf, der Elektronik-Spezialist Hans-Rudolf Hidber (Basler Institut für Physik) und Urs Staufer, Professor für Mikro- und Nanotechnologie am Neuenburger Institut für Mikrotechnik, beteiligt waren.

Suche nach Wasser – und nach Leben

Die NASA-Sonde Phoenix hat den Auftrag, nahe dem Nordpol des Roten Planeten nach Wasser oder vielmehr Eis zu suchen. Dazu ist die Sonde mit einem über zwei Meter langen Greifarm ausgerüstet, der ellenbogentief im Marsboden buddeln und Proben entnehmen kann.

Diese werden anschliessend auf einen rotierenden Analysetisch gehoben und verschiedenen chemischen und mineralogischen Untersuchungen unterzogen.

Die Marsstaub-Körner werden ausserdem mit einem Lichtmikroskop angeschaut, das Details in der Grössenordnung von bis zu einem Zehntausendstel Millimeter sichtbar macht.

Das Gerät fürs Feinste

Für die noch kleineren Teile ist dann das Schweizer Rasterkraftmikroskop zuständig. Das AFM kann kleinste Strukturen von nur einem zehn Millionstel Millimeter entdecken.

Also auch kleinste Eiskristalle? “Das wäre ein Glücksfall, mit dem wir nicht einmal zu rechnen wagen”, wehrt Urs Staufer ab. Denn selbst dann, wenn der Greifarm Eis aus dem Marsboden fördern könnte, würde dieses in der Marsatmosphäre verdampfen, noch bevor es unter das Mikroskop gelangt.

Allfällige Spuren hingegen, die fliessendes oder verdampfendes Wasser an den Kristalloberflächen der Staubkörner hinterlassen haben könnte, müssten dem AFM nicht entgehen.

Anfrage der NASA

“Es war im Jahr 1999, als die Amerikaner uns anfragten, ob wir in der Lage seien, ein marsgängiges Rasterkraftmikroskop zu bauen”, erinnern sich die Elektronik-Spezialisten Hidber und Staufer. Beide arbeiteten damals am ETH-Schwerpunktprogramm MINAST (Mikro- und Nanosystemtechnologie) mit.

Auch die Nanosurf, eine Spinoff-Firma der Universität Basel unter der Leitung von Robert Sum, war damals schon mit von der Partie.

Gemeinsam brachten sie das beinahe Unmögliche zustande: Bereits im Oktober 2000 konnten die insgesamt sechs Einheiten geliefert werden, das erste weltraumtaugliche Rasterkraftmikroskop war somit startbereit.

Der Crash

Doch das gesamte Mars-Programm der NASA wurde über den Haufen geworfen, als der Mars Polar Lander am 3. Dezember 1999 praktisch ungebremst im Südpolgebiet des Roten Planeten abstürzte.

Eine Panne, die neben dem Marsboden auch die amerikanische Weltraumbehörde in ihren Grundfesten erschütterte und in der Folge ein umfassendes Reformprogramm nach sich zog. Diesem fiel unter anderem auch die für 2001 geplante Reise des Schweizer Rasterkraftmikroskops zum Opfer.

Zweiter Versuch

Es dauerte bis 2003, als die NASA anfragte, ob das Schweizer Team bei der Phoenix-Mission wieder mitmachen würde. “Es war gar nicht so einfach, unsere Parforce-Leistung des Jahres 2000 zu wiederholen”, sagt Hans-Rudolf Hidber. Denn inzwischen hat die Mission ein anderes Ziel.

“Damals lautete die Aufgabe, die Toxizität des Marsstaubes im Hinblick auf eine mögliche bemannte Mission zu untersuchen”, erklärt Staufer. Jetzt aber soll Phoenix endgültig klären, ob es auf dem Mars genügend Wasser gibt, um zumindest Mikroben am Leben zu erhalten.

swissinfo, Ulrich Goetz

Acht Arme (Cantilever), ausgerüstet mit feinsten Spitzen, sitzen auf dem AFM-Chip, dem Herzstück des Rasterkraftmikroskops. Im Einsatz steht jeweils bloss ein Cantilever.

Seine Spitze tastet in kleinsten Schritten elektronisch gesteuert die Oberfläche der Probe ab und vermag so “Unebenheiten” bis hinab in den atomaren Bereich zu erkennen.

Und damit auch Spuren, welche verdampfende Wassermoleküle an den Mars-Staubkörnern hinterlassen haben könnten. Ist die Spitze stumpf geworden oder verschmutzt, wird der entsprechende Cantilever per Funkbefehl von der Erde weggebrochen, und der nächste in der Reihe übernimmt den Job.

Die Phoenix-Mission ist ein internationales Gemeinschaftswerk. Das Projekt-Management liegt bei NASA’s Jet Propulsion Laboratory in Partnerschaft mit Lockheed Martin Space Systems.

Die Leitung der wissenschaftlichen Projekte hat die University of Arizona. Beteiligt sind auch die Canadian Space Agency, das deutsche Max Planck Institut sowie die Universitäten von Basel, Neuenburg und Kopenhagen.

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