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Schicke sonnengebräunte Haut – ein fataler Irrtum

UV-Strahlen wie in Malaga: Sonnentag in der Schweiz. Keystone

Innerhalb von knapp 10 Jahren hat die Melanom-Erkrankungsrate in der Schweiz um mehr als 30% zugenommen. Sonnenschutz und Früherkennung stehen im Zentrum der 1. Hautkrebswoche.

Dermatologinnen und Dermatologen bieten im ganzen Land während einer Woche kostenlose und anonyme Erstuntersuchungen an.

“Die Schweiz nimmt leider auch beim Hautkrebs eine Spitzenposition ein. Sie steht in Europa hinter Norwegen an 2. Stelle”, hält der leitende Dermatologe am Universitätsspital Zürich, Reinhard Dummer gegenüber swissinfo fest.

Aus dermatologischer Sicht ist klar: gebräunte Haut ist die Antwort auf einen Hautschaden. “Die Sonne hat viele angenehme Effekte, sie wärmt und das starke Licht führt zu guter Laune, aber die UV-Strahlen setzen der Haut schwere Schäden zu, die langfristig zu Hautkrebs führen”, führt Dummer aus.

Auf dem sozialen Parkett hingegen ist “Braun” eine Nobelmarke. Wer braun ist, suggeriert, dass er viel reisen oder sich mindestens ein Solariums-Abonnement leisten kann.

UV-Strahlen wie am Meer

Hautärzte propagieren seit Jahren die edle Blässe – mit wenig Erfolg: Hautkrebs ist die häufigste Krebsform in der Schweiz. Die Erkrankungen nehmen laufend zu. Jedes Jahr erkranken bis zu 15’000 Menschen an Hautkrebs, davon 1600 an einem Melanom, dem bösartigsten Hauttumor.

Die Gründe warum in der Schweiz im internationalen Vergleich so viele Menschen an Hautkrebs erkranken, sind wissenschaftlich noch wenig erforscht. “Wir haben lediglich unsere Theorien”, erklärt Dummer.

Das Land ist nicht die Sonnenstube Europas, aber die Gefahren sind deswegen nicht kleiner als in Malaga. “Gerade im Sommer und insbesondere in den Bergen erreichen die UV-Strahlen so hohe Intensitäten wie am Meer.”

Sonnencreme ersetzt den Schatten nicht

Am gefährlichsten sind die Strahlen für Kinder und Jugendliche “Deshalb müssen wir uns in der Prävention besonders auf Kinder konzentrieren”, mahnt Reinhard Dummer.

“Natürlich ist Bewegung im Freien gut, aber an der Sonne muss man sich und besonders die Kinder schützen. Mit Sonneschirmen, Kopfbedeckung, T-Shirts und Sonnenschutz-Cremen auf der ungeschützten Haut.”

Die Kosmetikindustrie propagiert “gesunde schöne Bräune” dank hohen Sonnenschutzfaktoren. “Theoretisch, wenn man Unmengen Sonnencreme auftragen würde, hiesse das, dass man länger an der Sonne bleiben könnte”, führt dazu Dummer aus. “Aber praktisch ist es der falsche Weg. Es sollte so sein, dass man Creme aufträgt und gleichzeitig noch kürzer an der Sonne bleibt. Sonneschutzcremen sind lediglich eine Ergänzung.”

Früherkennung ist zentral

Jedes Jahr sterben in der Schweiz 220 Menschen an Hautkrebs, an einer Krankheit, die –wenn sie früh genug erkannt wird – zu 80 bis 90% als heilbar gilt. Deshalb ist die Früherkennung zentral. “Dünne Tumoren können durch eine einfache Operation heilend behandelt werden. Das ist eigentlich sehr ermutigend und es ist schade, dass immer noch soviel Menschen sterben müssen”, bedauert Reinhard Dummer.

Die Forschung steht nicht still und neue Medikamente und Therapien sorgen weltweit regelmässig für Schlagzeilen. “Wir haben gerade eine Welle von neuen Medikamenten gehabt und müssen heute sagen, dass davon nicht sehr viel übrig geblieben ist”, relativiert der Dermatologe und bleibt gleichzeitig optimistisch: “Zurzeit kommen neue Medikamente, welche eine Signalübertragung in den Tumorzellen bremsen können, in die klinische Forschung und auch zu uns,. Das ist ein Ansatz in der Melanom-Bekämpfung.”

Auch andere Behandlungen wie Impfungen oder Gentherapien am Patienten haben ebenfalls die Stärkung der Immunabwehr zum Ziel, sind jedoch erst in der Entwicklungsphase.

swissinfo, Andreas Keiser

Seit 1994 führt die Schweizerische Krebsliga regelmässig Präventions- und Sonnenschutz Kampagnen gegen Hautkrebs durch.

Dieses Jahr schliesst sich die Schweiz dem europäischen Netzwerk für Hautkrebsprävention und Früherkennung an und erklärt den 15. Mai, zum “MelanomaMonday”.

Die Hautkrebswoche findet vom 15. – 19. Mai statt. Im ganzen Land bieten Dermatologen kostenlose Erstuntersuchungen von auffälligen Pigmentmalen an.

Wer eine Untersuchung wünscht, kann die Praxis unangemeldet aufsuchen.

Risikofaktoren sind: helle Haut, starke Sonnebrände während der Kindheit, starke Sonnenbestrahlung, Rauchen, mehr als 50 Pigmentmerkmale am Körper und Hautkrebs in der Familie.

Die Melanom-Erkrankungsfälle in der Schweiz haben in 10 Jahren um 30% angestiegen.

Jährlich erkranken 15’000 Personen an Hautkrebs.

1600 leiden an der schwersten Form, an Melanom.

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