Schweizer Perspektiven in 10 Sprachen

Schweiz hebt Kriegsmaterial-Exportstopp auf

40 dieser alten Panzer-Haubitzen M-109 für die VAE landeten in Marokko. Keystone

Schweizer Waffenexporte in die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) sind wieder möglich. Die Schweizer Regierung hat den im März verhängten Exportstopp vergangene Woche aufgehoben.

Die Aufhebung des Embargos wurde möglich, weil sich der Golfstaat für eine nicht vertragsgemässe Weiterlieferung von Schweizer Panzerhaubitzen nach Marokko entschuldigt hat.

Der Export von Schweizer Kriegsmaterial in die Emirate ist wieder erlaubt. Auf Antrag von Wirtschaftsminister Joseph Deiss hat der Bundesrat den im März verhängten Stopp Mitte letzter Woche aufgehoben.

Evelyn Kobelt, Sprecherin des zuständigen Volkswirtschafts-Departementes (EVD), bestätigte am Montag einenr Zeitung Tages-Anzeiger. Die Ausfuhr werde wieder möglich, weil sich der Golfstaat in aller Form bei der Schweiz dafür entschuldigt habe, dass er sich über eine vertragliche Zusicherung hinwegsetzte.

Bei Gesuchen für Waffenexporte in die Emirate gelten damit künftig wieder die üblichen Kriterien.

Nach Marokka statt in die Emirate

Im Jahr 2004 hatte der Golfstaat von der Schweiz 40 überzählige Panzerhaubitzen des Typs M-109 gekauft.

Doch entgegen einer anders lautenden vertraglichen Zusicherung gaben die Emirate diese Panzerhaubitzen an Marokko weiter.

Der zuständige Minister Deiss hatte deshalb im März dieses Jahres erklärt, dass weitere Geschäfte mit dem Golfstaat kein Thema seien. Die Emirate sprachen dagegen von einem Missverständnis.

Panzerhaubitzen sind ursprünglich US-Ware

Die Haubitzen waren ursprünglich in den USA hergestellt und in die Schweiz geliefert worden. Die Emirate übersahen ein Zertifikat der Schweiz, wonach die Kriegsmaterialien nur von den Emiraten selbst benützt werden dürften.

Die USA ihrerseits hätten laut Tages-Anzeiger den Weiterverkauf durch die Schweiz an die Emirate bewilligt. Sie waren auch mit der Weitergabe an Marokko einverstanden. Dafür spricht auch, dass die Emirate geltend machen, die Panzerhaubitzen gehörten immer noch ihnen.

In der Bundesverwaltung werde jedoch davon ausgegangen, dass die Waffen Marokko faktisch geschenkt worden seien. Laut EVD teilte gingen die VAE von der falschen Annahme aus, die formelle Zustimmung der USA als ursprüngliche Herstellerin genüge.

Rolle der RUAG

Laut EVD habe der Bundesrat von den Emiraten ein Schreiben erhalten, in dem darauf hingewiesen wird, dass der Schweizer Exporteur, die RUAG, davon Kenntnis hatte, dass die Panzerhaubitzen nach Marokko exportiert würden.

Ein Schreiben vom 30. Mai 2006, das Samuel Schmid, Vorsteher des Verteidigungs-Departements, von den VAE in der Sache erhalten hatte, wies zudem darauf hin, dass der schweizerische Exporteur Kenntnis vom Export der Panzerhaubitzen nach Marokko hatte.

Die VAE hätten sich im Brief für das Vorgefallene entschuldigt, schreibt das EVD.

Der Bundesrat hat nun beschlossen, Abklärungen zur Rolle der RUAG in der Angelegenheit vorzunehmen und sich darüber Bericht erstatten zu lassen.

Empörte Reaktionen – Bestätigung der Volksinitiative

Die VAE hätten wissen müssen, dass für einen Weiterexport der Panzer nach Marokko die Zustimmung der Schweiz nötig gewesen wäre, schreibt die Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (GSoA).

Mit seinem Entscheid, zum ordentlichen Verfahren zurückzukehren, stelle sich der Bundesrat “naiv”. Denn er glaube den Beteuerungen der VAE, dass sich diese in Zukunft an die Abmachungen halten würden.

Nach dem Versuch, ausgemusterte Panzer über die Emirate in den Irak zu senden, bestätige nun dieser Fall der Schenkung von Panzern an Marokko die Notwendigkeit der kürzlich lancierten Volksinitiative, die ein Ausfuhrverbot von Kriegsmaterial verlangt.

Neben der GSoA unterstützen u.a. auch die Grünen und die SP Schweiz die Volksinitiative.

swissinfo und Agenturen

2005 hat die Schweiz für 257,7 Mio. Franken Kriegsmaterial in 72 Länder exportiert (2004: 402,2 Mio.).
Das entspricht 0,17% (2004: 0,27%) der gesamten Warenausfuhr der Schweizer Wirtschaft.
Rund 86% (2004: 72%) des ausgeführten Kriegsmaterials waren für die 25 Länder bestimmt, die allen vier internationalen Exportkontrollregimes (Gruppe der Nuklearlieferländer, Australiengruppe, Raketentechnologie-Kontrollregime, Wassenaar Vereinbarung, so genannter Anhang 2 der Kriegsmaterial-Verordnung) angehören.

Ein- und Ausfuhr sowie der Transit von Kriegsmaterial untersteht der Bewilligung des Bundes.

Die Ausfuhr von Kriegsmaterial in andere Länder wird bewilligt, wenn dies dem internationalen Recht, den Prinzipien der Schweizer Aussenpolitik und seinen internationalen Verpflichtungen nicht widerspricht.

Gemäss schweizerischem Recht muss das Land, welches das Kriegsmaterial erhält, zuerst Garantien geben, bevor das Material geliefert wird.

In Übereinstimmung mit den JTI-Standards

Mehr: JTI-Zertifizierung von SWI swissinfo.ch

Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!

Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft