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Schweizer Gletscher weiter auf Rückzugskurs

Für einmal hat der Morteratschgletscher nicht abgenommen. Keystone

Die Mehrheit der Schweizer Gletscher hat sich 2003/2004 weiter zurückgezogen, teilt die Akademie der Naturwissenschaften Schweiz (SCNAT) mit.

Eine andere Studie spricht von “winterlichen Hitzewellen”, welche sich negativ auf Umwelt und Wirtschaft auswirken können.

75 Gletscher zogen sich in der Berichtperiode zurück, 8 verzeichneten eine leichte Zunahme und 7 weitere veränderten ihre Zungenposition nicht.

Am meisten an Länge verloren hat mit 134 Metern der Triftgletscher (BE). Dies hänge mit dem See zusammen, der die Zunge umgibt, schreibt die Akademie.

Gemeinsam mit ihren Partnern beobachtet und analysiert die SCNAT jährlich 110 Gletscher. Bei 90 davon sind die Messungen vom vergangenen Herbst bereits ausgewertet.

Lokale Phänomene

Am meisten zugenommen hat der Morteratschgletscher (GR): Er wuchs um zehn Meter. Doch die Akademie meldet Vorbehalte an: “Die vereinzelten positiven Messwerte sind durch lokale Phänomene an der Zunge begründet”, heisst es.

Sie seien kein eigentlicher Vorstoss als Reaktion auf kältere Temperaturen und mehr Niederschläge.

Deutliche Schlüsse dank Massenhaushalt

An den drei Gletschern Basòdino (TI), Gries (VS) und Silvretta (GR) wurde zudem der Massenhaushalt, die Bilanz zwischen Schneezuwachs und Eisabtrag, bestimmt. Dies lässt noch deutlichere Schlüsse auf das Klima des vergangenen Jahres zu.

Während der Griesgletscher im Nufenengebiet und der benachbarte Ghiacciaio del Basòdino im Nordtessin einen Massenverlust verzeichneten, legte der Silvrettagletscher im Prättigau leicht zu. “Derartige regionale Unterschiede wurden in den vergangenen Jahren wiederholt beobachtet”, hält die Akademie fest.

“Winterliche Hitzewellen”

In den vergangenen 35 Jahren haben immer mehr winterliche “Hitzewellen” die Schweizer Alpen heimgesucht. Höhere Temperaturen, weniger Niederschläge und eine geschmolzene Schneedecke zeugen von diesem Klimawandel.

Registriert wurden Temperaturschwankungen, die bis zu 16,2 Grad Celsius höher waren als die durchschnittlichen Wintertemperaturen.

Dies ergab eine Studie der Universität Freiburg, die in der Januar- Ausgabe der US-Wissenschaftsrevue “Geophysical Research Letters” publiziert wurde.

Substanzielle Steigerungen

Diese Temperaturschwankungen stiegen im ganzen 20. Jahrhundert substanziell, wie der Autor der Studie, Martin Béniston, erklärte. Seit Ende der 60er Jahre wurden sie aber sowohl häufiger als auch intensiver.

Die Studie basiert auf den Aufzeichnungen der zehn Stationen von MeteoSchweiz, die auf 1000 bis 3600 Meter liegen.

Subjektiv keine Extremerscheinungen

Im Gegensatz zu sommerlichen Hitzeperioden würden die Schwankungen im Winter nicht als Extremerscheinungen wahrgenommen, weil sie sich laut Béniston nicht sofort auf die Gesundheit, Landwirtschaft oder Wasserreserven auswirken.

Beide Wetterphänomene aber können negative Auswirkungen auf Umwelt und Wirtschaft haben.

Während den winterlichen “Hitzewellen” gibt es abnormal wenig Niederschläge, und der Schneemantel geht zurück. Dies wiederum hat Auswirkungen auf die Wasserressourcen, die Reserven der mit Wasserkraft erzeugten Elektrizität und die Einkünfte der Skiorte.

swissinfo und Agenturen

Von 90 bis jetzt ausgewerteten Gletschern registrierte man 2003-2004 bei 75 eine Reduktion.
7 haben ihre Grösse einigermassen gehalten.
8 haben leicht zugenommen.
Auf 134 Meter beläuft sich der grösste Verlust (Triftgletscher im Kanton Bern)
Mit 10 Metern hat der Morteratschgletscher im Bündnerland am meisten zugenommen.

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