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Schweizer Hilfswerke kritisieren Computer-Industrie

Heute werden die meisten Computer in China hergestellt. Keystone

Laut den Hilfswerken Fastenopfer und Brot für alle haben Computer-Hersteller nur wenig getan, um die Arbeitsbedingungen in ihrer Zuliefer-Branche in Asien zu verbessern.

Vor einem Jahr lancierten die beiden Hilfswerke eine Kampagne für faire Arbeitsbedingungen bei den grossen Computerproduzenten.

Sie sind der Auffassung, dass sich mit einem Aufpreis von 50 Franken pro Computer für faire Herstellung das Leben der Arbeiter entscheidend verbessern und die soziale Verantwortung der Unternehmen sichern liesse.

Vor Kampagnenbeginn waren 27 Zulieferunternehmen in China, Thailand und den Philippinen untersucht worden. Die Firmen produzieren für Dell, Hewlett-Packard, Acer, Apple und Fujitsu-Siemens, also für jene Marken, die in der Schweiz am meisten verbreitet sind.

Tiefe Löhne, lange Arbeitszeiten und Gesundheitsrisiken für die Arbeiter waren dabei nur einige der Probleme, die zum Vorschein kamen.

Wenig Bescheid über die Rechte

Seither hat sich nicht viel verändert. Laut den Hilfswerken zeigt die Situation in China, dass die Angestellten weiterhin wenig über ihre Rechte Bescheid wissen, oft zehn und mehr Stunden pro Tag arbeiten und nicht genügend gegen gefährliche Substanzen geschützt sind.

“Den meisten Arbeitern wird nicht beigebracht, wie sie ihre Gesundheit schützen können, wie sie mit giftigen Substanzen umgehen sollten, oder wie sie in den Produktionshallen für mehr Durchlüftung sorgen”, sagt Chantal Peyer von Brot für alle.

Beispielsweise hätten bei den sieben begutachteten Unternehmen in China nur wenige ihren Arbeitern eine Kopie ihrer Arbeitsverträge ausgehändigt – obwohl sie gemäss chinesischer Gesetzgebung dazu verpflichtet sind.

“Die Arbeitsverträge enthalten eine Liste der Rechte der Arbeiter”, so Peyer, “mit Unfallversicherung oder Mutterschaftsurlaub”. Auch habe keine der Firmen ihre Angestellten über Unternehmens-Richtlinien informiert.

Einige Fortschritte trotz allem

Dennoch hätten sich laut den Hilfswerken einige Fortschritte ergeben. Nur zwei der Unternehmen besässen noch keine Minimallohn-Richtlinien, besonders beim Umgang mit Überstunden.

“Wahrscheinlich hat das damit zu tun, dass die grossen Computerfirmen verantwortlicher vorgingen”, sagt Peyer gegenüber swissinfo. “Aber wohl auch, weil die Arbeitskräfte rarer wurden. Ausserdem erhöhten die lokalen Behörden die Minimallohn-Anforderungen, um zu verhindern, dass die Arbeiter weiterziehen.”

Die grossen Computerfirmen wurden von den Hilfswerken mit den Missbräuchen konfrontiert, die ihre Zulieferer im Arbeitsbereich begingen. Sie sind darauf von den Hilfswerken letztes Jahr aufgefordert worden, ihre soziale Verantwortung wahrzunehmen und transparenter zu werden.

Das US-Unternehmen Hewlett-Packard habe am meisten Fortschritte gemacht: Die Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital seien in die Verhaltens-Richtlinien für Zulieferer aufgenommen worden, wobei diese beim Namen genannt werden.

“Hewlett-Packard arbeitet an einem Pilotprojekt, an dem Nichtregierungs-Organisationen die Arbeiter über die Verhaltens-Richtlinien unterrichten”, so Peyer.

Schlechte Noten für Fujitsu Siemens

Schlechte Noten andererseits erhält Fujitsu Siemens (FS). Im Verhaltenskodex von FS fehlen einige wichtige Punkte, monieren die Hilfswerke. Das Unternehmen verlangt von seinen Zulieferern, ihre Richtlinien, die auf dem “United Nations Global Compact” basieren, selbst zu verbessern.

Judith Raddatz, Sprecherin von Fujitsu Siemens, sagt gegenüber swissinfo, dass ihr Unternehmen stichprobenweise Audits bei den Zulieferern durchführe.

Laut Raddatz gibt FS die Namen seiner Zulieferer nicht bekannt, wobei dies für die Zukunft grundsätzlich noch überdacht werden könne.

Soziale Verantwortung wahrnehmen

Die Hilfswerke möchten, dass die Hersteller ihre soziale Verantwortung vermehrt wahrnehmen. “Wir erwarten, dass die Hersteller mit ihren Zulieferern so zusammenarbeiten, dass die Verhaltens-Richtlinien möglichst gut eingehalten werden und die Angestellten über ihre Rechte unterrichtet werden”, sagt Peyer.

“Wenn die Hersteller bei ihren Zulieferern sehr kurzfristig bestellen, immer weniger bezahlen und den Wettbewerb schüren, wird es wirtschaftlich immer schwieriger für die Zulieferer, die Verhaltens-Richtlinien einzuhalten.”

Die Arbeitsbedingungen für die chinesischen Arbeiter wären akzeptabel, wenn der Preis pro Computer um “faire” 50 Franken erhöht würde.

Auch Grosskunden wie Genf

“Damit könnten minimale Lohnstandards und normale Arbeitszeiten abgesichert werden”, sagt Antonio Hautle, Sprecher von Fastenopfer.

Auch Einkäufer oder Grosskunden wie lokale oder kantonale Behörden könnten dabei Druck aufsetzen.

So verlangt Genf als erste Stadt in Europa bei öffentlichen Ausschreibungen von den bietenden Unternehmen soziale Verantwortung. Potenzielle Lieferanten müssen ein Formular über soziale Verantwortung ausfüllen.

swissinfo: Scott Capper
(Übertragung aus dem Englischen: Alexander Künzle)

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