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Wahlen: Grüne Welle erreicht Rekordhöhe

Politisiert durch die Klima-Demonstrationen? Nach Angaben des Instituts Sotomo können die Grünen vor allem dank der Mobilisierung junger Menschen zulegen, die zum ersten Mal wählen. Keystone / Martial Trezzini

Die Schweiz wird nach den Wahlen vom 20. Oktober grüner und linker sein, wie das letzte Wahlbarometer rund zehn Tage vor dem Urnengang zeigt. Die Grünen legen weiter zu und könnten einen rekordmässigen Wähleranteil von 10,7 Prozent erreichen. Noch beliebter ist die Partei bei den Schweizerinnen und Schweizern im Ausland.

Das Klima spielt die Rolle des Königsmachers im Wahlkampf um die Schweizer Parlamentswahlen am 20. Oktober. Umweltbewusste Parteien auf beiden Seiten des politischen Spektrums steuern auf Rekorde zu, während alle anderen voraussichtlich Federn lassen werden müssen.

Der Trend der vorangegangenen Umfragen setzt sich fort. Auf der Zielgerade des Wahlkampfes treten die Grünen zunehmend als die grossen Gewinner der Parlamentswahlen 2019 hervor.

Gemäss dem jüngsten Wahlbarometer, welches das Forschungsinstitut SotomoExterner Link im Auftrag der SRG (zu der auch swissinfo.ch gehört) erstellt hat, haben die Grünen 3,6 Prozentpunkte zugelegt, ihr Wähleranteil liegt bei 10,7 Prozent.

Die Partei ist auf dem besten Weg, das beste Resultat in ihrer Geschichte zu erreichen. Es könnte den Grünen gar gelingen, die Christlichdemokratische Volkspartei (CVP) zu überholen, die weitere Einbussen verzeichnet (-1 Punkt).

Auf der Seite der Gewinner stehen auch die umweltfreundlichen Parteien im rechten Spektrum: Die Grünliberale Partei (GLP) legt 2,7 Prozentpunkte zu und erreicht somit 7,3 Prozent des Wähleranteils.

Alle Parteien des ökologischen Spektrums zusammen könnten einen Wähleranteil von 18 Prozent erreichen. Sie lägen damit zumindest gemäss Wähleranteil auf Augenhöhe mit der Sozialdemokratischen Partei (SP) und mit den Freisinnigen (FDP. Die Liberalen).

Grafik
Kai Reusser / swissinfo.ch

Richtung Linksrutsch

Die konservative Rechte und die klassische Rechte könnten die Führung verlieren, die sie bei den Wahlen 2015 erlangten. Die Schweizerische Volkspartei (SVP) – mit einem Wahlanteil von 27,3 Prozenten nach wie vor die stärkste Partei des Landes – liegt um 2,1 Punkte tiefer.

Die FDP folgt mehr oder weniger dem gleichen Szenario: Während sie im letzten Wahlbarometer einen leichten Anstieg verzeichnete, verliert sie nun 1,2 Punkte. Zusammen büssen die beiden grossen rechten Parteien 3,3 Punkte ein.

Da die SP nur leichte Einbussen verzeichnet (0,6 Punkte) – und das trotz der deutlichen Gewinne der Grünen –, erreicht das rotgrüne Lager derzeit 3 Punkte mehr. “Der Wählerzuwachs des rechten Lagers von 2015 wäre damit wieder weitgehend eingebüsst”, schreibt das Institut Sotomo. Das bedeutet, dass die Mehrheit des Nationalrates (grosse Kammer) nach links verschieben könnte.

Auslandschweizer noch grüner

Die Auslandschweizer und -schweizerinnen scheinen für Umweltthemen noch sensibler zu sein als ihre Landsleute in der Schweiz. Der Wähleranteil für die Grünen liegt in der Fünften Schweiz 14 Prozentpunkte höher, 6 Punkte mehr sind es mit Blick auf die Grünliberalen.

Michael Hermann, Politologe bei Sotomo, erklärt sich das so: Schweizerinnen und Schweizer im Ausland würden umweltfreundliche Parteien mehr unterstützen, weil sie zwar vom Klimawandel betroffen seien, nicht aber von möglichen Massnahmen durch das Parlament. Als Beispiel nennt er einen möglichen Anstieg des Benzinpreises. “Schweizer Staatsangehörige mit Wohnsitz im Ausland müssten die Kosten nicht tragen.”

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In der letzten Ausgabe des SRG-Wahlbarometers macht die Klimathematik nochmals einen Sprung: Für 42 Prozent der Befragten gehört das Klima zu den drei wichtigsten politischen Herausforderungen der Schweiz. Im September lag der Anteil bei 38 Prozent. Mit 27 Prozent Nennungen steht der Klimawandel bei den Themen, die relevant sind für den Wahlentscheid, klar an der Spitze.

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Die Hauptsorge der Wähler und Wählerinnen (43 Prozent) bleibt jedoch die Krankenkassenprämie. Die hohen Prämien stellen für viele eine finanzielle Belastung dar – auch wenn sie sich nicht für eine “grosse emotionale Erzählung” eignen, wie die Flüchtlinge von 2015 oder eben das Klima von 2019, schreiben die Autoren des Barometers.

Für 51 Prozent der befragten Auslandschweizer und -schweizerinnen ist der Klimawandel die Hauptsorge. Noch mehr aber (56 Prozent) erachten die Beziehungen zwischen der Schweiz und der Europäischen Union als eine der wichtigsten politischen Herausforderungen.

Aussergewöhnliche Wahlen

Die politische Dynamik zwischen den Wahlen 2015 und 2019 erklären die Autoren der Umfrage mit einem gespiegelten Kräftefeld.

Vor vier Jahren dominierte das Thema Migration die Wahlen. Diese im rechten Spektrum verankerte Thematik beschäftigte die Menschen bis in die politische Mitte hinein. 2019 beschäftigt mit dem Klima ein links verwurzeltes Thema die Menschen bis in die politische Mitte hinein.

“Diese aussergewöhnliche Konstellation macht die Wahlen 2019 zu einem Unikum”, heisst es in der Studie. Und: Das gespiegelte Kräftefeld “kann zu einem zumindest für schweizerische Verhältnisse ungewöhnlichen Linksrutsch führen.”

Die Umfrage

Das letzte Wahlbarometer 2019 der SRF wurde vom Forschungsinstitut Sotomo erhoben. Vom 26. September bis am 2. Oktober machten auf den Internetportalen der SRG und der Website von sotomo rund 12’107 Wählende mit, darunter 318 Auslandschweizer. Die Fehlerquote für die Umfrage liegt bei +/- 1,4 Prozentpunkten.

Da die Teilnahem an der Umfrage offen ist (Opt-in), ist die Zusammensetzung der Stichprobe nicht repräsentativ für die Bevölkerung. Dies, weil bei Umfragen Männer in der Regel stärker mitmachen als Frauen. Die Verzerrungen werden durch Verfahren von statistischen Gewichtungen korrigiert.


(Übertragung aus dem Französischen: Kathrin Ammann)

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