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“Unsere Mission ist es, die wichtigsten Werte der Schweiz in der Welt zu verbreiten”

Leute auf einem Platz
Feierlichkeiten am 1. Oktober für das 100-Jahre-Jubiläum. Michele Novaga

Die Schweizer Schule in Mailand feiert ihr 100-jähriges Bestehen. Der Direktor, Luca Corabi De Marchi, erzählt im Interview von der Geschichte, den Schlüsselmomenten, den Schwierigkeiten und den neuen Herausforderungen, vor denen die Schweizer Schule steht.

Die Geschichte der Schweizer Schule von MailandExterner Link ist lang, sie begann vor einem Jahrhundert in der lombardischen Hauptstadt. 

Ein Mann
Schuldirektor Luca Corabi De Marchi. Ughi e Nunziante Studio Legale

Um eine der ältesten Schweizer Institutionen in Mailand zu feiern, fand am 1. Oktober im historischen Hauptsitz in der Via Appiani in Anwesenheit von Bundesrat Alain Berset und verschiedenen konsularischen und kantonalen Behörden eine Feier statt.​​​​​​​

swissinfo.ch: Die Schweizer Schule in Mailand feiert ihr 100-jähriges Bestehen. Wie ist sie entstanden?

Luca Corabi De MarchiExterner Link: Die Schule wurde vor der Vereinigung Italiens als Internationale Schule für protestantische Familien gegründet und wechselte zwischen 1860 und Beginn des Ersten Weltkriegs einige Male den Standort. 

Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs kehrten viele Familien, die protestantischen Glaubens und österreichischer oder deutscher Nationalität waren, in ihre Heimatländer zurück. So waren 1919 die meisten zurückgebliebenen Schüler Schweizer Bürger, und es wurde deshalb beschlossen, die Schweizer Schule von Mailand zu gründen.

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Der alte Standort der Schweizer Schule in Mailand an der via Parini. Scuola svizzera di Milano

swissinfo.ch:Die Schule gilt seit jeher als Exzellenz in der Mailänder und italienischen Bildungslandschaft. Was ist ihr Bildungsangebot?

L.C.: Das gesamte Schulsystem basiert auf der italienisch-deutschen Zweisprachigkeit, was die Schweizer Schule von allen anderen internationalen Schulen in Mailand unterscheidet. Das Niveau ist sehr hoch: Wir unterstehen der Aufsicht der Behörden des Kantons Graubünden und des Kantons Tessin, der beiden Förderkantone, und wir sind dabei, den Schweizer Lehrplan21Externer Link einzuführen.

Eine wichtige Sache, die viele Familien von potenziellen Schülern und Schülerinnen unterschätzen, ist, dass wir eine Matura nach dem System des Kantons Graubünden haben, die nach vier Jahren Gymnasium erreicht wird. So erreichen unsere Schüler und Schülerinnen, im Gegensatz zu ihren Altersgenossen an italienischen Schulen, ein Jahr früher ihren Abschluss und haben Zugang zu allen Universitäten der Welt. 

swissinfo.ch: Dieser Ansatz wird offenbar von Schülern und Eltern gleichermassen geschätzt.

L.C.: Die Schweiz hat eine sehr lange Lehrtradition: Das Schweizer Bildungssystem ist sehr gut strukturiert und getestet. Die Stärke der Schweiz, ihrer Institutionen und Unternehmen liegt darin, dass sie im Laufe der Zeit bewiesen hat – und dies auch weiterhin tut -, dass Schweizersein bedeutet, ein Auge für Qualität zu haben.

swissinfo.ch: Qualität, aber nicht nur: Gibt die Schule auch Schweizer Werte weiter?

L.C.: Wie alle anderen Schweizer Schulen im AuslandExterner Link ist auch unsere Schule ein hervorragendes Instrument zur Vermittlung der Schweizer Kultur und der schweizerischen internationalen Politik. Unsere Mission ist und bleibt es, die wichtigsten Werte der Schweiz in der Welt zu verbreiten: Tradition und Innovation, Solidarität, Forschung, Demokratie, die internationale Rolle der Schweiz. Alle ausländischen Schüler und Schülerinnen, die unsere Schule besuchen, nehmen diese Werte auf und tragen sie dann in die Welt.

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Ein Klassenzimmer der Schweizer Schule in Mailand in den 1950er-Jahren. Scuola svizzera di Milano

swissinfo.ch: Welches sind die Schwierigkeiten für eine Schule, die sich in einer Stadt befindet, in der die Konkurrenz durch andere öffentliche und private Schulen hoch ist, insbesondere in Bezug auf Einnahmen und Finanzierung?

L.C.: Die Schweizer Schule in Mailand gehört historisch zu den internationalen Schulen mit den niedrigsten Gebühren. Die Idee dahinter war jeweils, die Anwesenheit von Schweizer Schülern zu fördern. Wir sind verpflichtet, Schweizern, die nicht über die finanziellen Mittel verfügen, um ihre Kinder an unsere Schule zu schicken, einen kostenlosen Unterricht zu garantieren.

Die Schule ist eine gemeinnützige Organisation, aber es ist klar, dass das Gleichgewicht zwischen Einnahmen und Ausgaben gewahrt werden muss, und zwar ohne die Investitionen, die jedes Jahr für die Entwicklung notwendig wären. Das schafft immer wiederkehrende finanzielle Spannungen, die wir durch den Einsatz unterschiedlicher und alternativer Geldquellen lösen müssen.

swissinfo.ch: Worauf werden Sie sich in den nächsten 100 Jahren konzentrieren?

L.C.: Erstens wollen wir das Deutschniveau anheben, um der Konkurrenz entgegenzutreten, unter anderem der Deutschen Schule in Mailand.               

Dann möchten wir die Anzahl der Unterrichtsstunden erhöhen: Viele Familien glauben fälschlicherweise, dass an Schweizer Schulen kein Englisch gelernt wird.

swissinfo.ch:Denken Sie an eine Zusammenarbeit mit den vielen multinationalen Schweizer Unternehmen, die in der Region präsent sind?

In Mailand und der Lombardei gibt es mindestens zwanzig multinationale Schweizer Unternehmen, die zu den Top 100 der Welt gehören. Wir möchten in Absprache mit den bei der Schweizer Handelskammer in Mailand angeschlossenen Schweizer Unternehmen ein Programm für unsere Gymnasiasten einführen. Ziel ist es, dass sie in den letzten zwei Schuljahren Zugang zu Praktika in diesen Unternehmen haben. Auf diese Weise könnten wir unseren Schülern und Schülerinnen etwas mehr bieten als andere internationale Schulen in der Region.

500 Schüler an den beiden Standorten in Mailand und Cadorago

Die Schweizer Schule in Mailand bietet ein breites Bildungsangebot, vom Kindergarten bis zum Gymnasium. Am Standort Mailand lernen 380 Schüler und Schülerinnen. Dazu kommen die mehr als 120 Schüler und Schülerinnen der 2011 eröffneten Niederlassung in Cadorago in Brianza.

Das Lehrpersonal besteht aus 64 Lehrkräften, von denen 28 Schweizer sind. Der Anteil der Schweizer Schüler und Schülerinnen beträgt 27%.

(Übertragung aus dem Italienischen: Sibilla Bondolfi)

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