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Schweizer zieht es nach Italien

Leben in Italien - für viele Schweizer ein Traum, hat in der Realität seine Tücken. Matthias Luedecke

Die Zahl der in Italien lebenden Schweizer hat in den letzten Jahren zugenommen. Vor allem Schweizerinnen finden immer häufiger den Weg ins "Bel paese".

Ihre Situation ist jedoch nicht immer beneidenswert. Überdurchschnittlich viele Italien-Schweizerinnen sind arm. Und die Altersvorsorge ist ein grosses Problem.

Bei vielen Frauen, die in den letzten Jahren von der Schweiz nach Italien gezügelt sind, handelt es sich um Schweizerinnen, die einen Gastarbeiter geheiratet haben. Mit Erreichen des Pensionsalters gehen diese Paare zurück nach Italien.

Die Jahrgänge dieser Frauen bilden die italienische Emigrations- und Rückreisewelle ab. Unter den Erwachsenen trägt diese Rückkehrwelle zum hohen Frauenanteil der Auslandschweizer-Gemeinschaft bei: 13’000 Schweizern stehen 24’500 Schweizerinnen in Italien gegenüber.

Wie der “Tages-Anzeiger” in einem Hintergrund dargelegt hat, ist die wirtschaftliche Situation dieser Familien häufig schwierig. Grund: Die italienischen Männer konnten als unqualifizierte Arbeitskräfte in der Schweiz kaum etwas zur Seite legen.

Problem Altersvorsorge

Robert Engeler, Präsident des Collegamento Svizzero, des Dachverbandes aller Schweizer Vereine in Italien, schätzt in dem genannten Artikel die Armutsquote unter seinen Landsleuten auf 10%. Dies spiegelt sich auch in den hohen Beiträgen, die von der Auslandschweizerfürsorge nach Italien fliessen.

Als “grösstes Problem” bezeichnet Engeler indes die Altersvorsorge unter den Italienschweizern. Denn nicht-berufstätige Schweizerinnen hätten keinen Rentenanspruch in Italien und können auch der freiwilligen AHV nicht mehr beitreten. Dies ist eine Konsequenz der bilateralen Verträge mit der EU.

Trotz mehreren Interventionen in Bern ist keine Abhilfe in Sicht. Eine EU-kompatible Lösung konnte bisher nicht gefunden werden.

Reger wirtschaftlicher Austausch

Die Berührungspunkte zwischen der Schweiz und Italien haben aber nicht nur dank dieser Rückwanderung und der zunehmenden Präsenz von Pensionären zugenommen. Es gibt auch Junge, die für das Studium oder die Arbeit nach Italien kommen.

Wirtschaftlich ist der Austausch zwischen der Schweiz und Italien rege. In der Aussenhandelsstatistik hat Italien inzwischen sogar die USA überholt. Das heisst: Nach Deutschland ist Italien inzwischen der zweitwichtigste Aussenhandelspartner der Schweiz.

Konkret: 2007 exportierte die Schweiz Produkte im Wert von 17,6 Milliarden Franken nach Italien, während umgekehrt die Schweiz Produkte im Wert von 20,4 Milliarden Franken aus Italien einkaufte. Die Schweizer Handelskammer in Italien hat ihren Sitz in Mailand.

Kultur und Politik

Traditionell intensiv ist der Kulturaustausch zwischen den beiden Ländern. Die Schweiz unterhält in Rom das Istituto Svizzero, dem von Pro Helvetia die Kulturarbeit für Italien und damit auch die Aussenstellen in Mailand und Venedig anvertraut wurden.

Selbst in der Politik wird der Austausch intensiver. Es sind aber hauptsächlich italienische Politiker, die sich für die Schweiz interessieren. Denn seit einigen Jahren haben die Auslanditaliener eigene Wahlkreise und Repräsentanten.

Bei den Wahlen 2006 spielten die in der Schweiz lebenden Italiener sogar das Zünglein an der Waage. Die Koalition von Romano Prodi erhielt so die Mehrheit. Dies erklärt wohl, warum Walter Veltroni als Spitzenkandidat der Demokratischen Partei auch der Schweiz seine Aufwartung macht. Mitte März wird er im Tessin erwartet. Die Neuwahlen in Italien finden am 13./14. April statt.

swissinfo, Gerhard Lob

In Italien lebt die viertgrösste Gemeinschaft an Auslandschweizern nach Frankreich, Deutschland und den USA.

Ende 2006 waren 47’953 Schweizerinnen und Schweizer an einem der drei schweizerischen Konsulate angemeldet. Zwei Drittel leben in Norditalien.

Der Konsularkreis Mailand ist mit 24’495 Schweizern der grösste. Es folgt der Konsularkreis Rom mit 16’492 Schweizern, gefolgt vom Konsularkreis Genua mit 6966 Schweizern.

4 von 15 weltweit vom Bund anerkannten Schweizer Schulen befinden sich in Italien: Bergamo, Mailand, Rom und Catania.

33,8% der Auslandschweizer in Italien sind ins Stimmregister einer Schweizer Gemeinde eingetragen (europäischer Durchschnitt 27,8%.

Anteil Doppelbürger unter Italienschweizern: 79%.

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