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Süssigkeiten vom Paradeplatz in sechster Generation

Und wie es heute aussieht. Confiserie Sprüngli

Die Confiserie Sprüngli in Zürich mit ihren Luxus-Schokolade-Produkten feiert ihr 175-Jahr-Jubiläum. Die Firma, welche dieselben Wurzeln wie der internationale Konzern Lindt & Sprüngli hat, wird bereits von der 6. Generation der Gründerfamilie geleitet.

In der Osterzeit herrscht im Vorzeigeladen am Zürcher Paradeplatz geschäftiger Betrieb. Die Schaufenster sind mit farbenfrohen Leckereien dekoriert. Und im Laden selbst verziert ein Mann mit einer Konditormütze Schokoladeneier mit kleinen rosafarbenen Blumen.

Über dem Ladenlokal liegt das Café Sprüngli, ein traditioneller Treffpunkt für Geschäftsleute, Touristen und Damen, die sich hier zum Mittagessen treffen.

“Die Confiserie Sprüngli spielt im Zürcher Leben eine wichtige Rolle. Allen sind die delikaten Luxemburgerli oder die Truffes der Confiserie ein Begriff”, sagt Julia Zogg von Zürich Tourismus gegenüber swissinfo.ch.

In der Familie

Eine Etage über dem Café befindet sich das Büro von Geschäftsleiter Tomas Prenosil, der mit seinem Bruder Milan, dem Vorstands-Vorsitzenden, seit 1994 die Firma leitet. Sie sind in Tschechien geboren und Neffen des früheren Patrons Richard Sprüngli, der heute 95 Jahre alt ist.

“Die Confiserie Sprüngli wurde immer von Mitgliedern der Familie geleitet. Mein Bruder und ich sind in den Geschäftsablauf integriert. Wir sind nicht einfach eine passive Familie, die aus dem Betrieb Geld erhält, wir sind Teil des Geschäfts, setzen uns aktiv für die Geschicke der Firma ein”, erklärt Tomas Prenosil im Gespräch mit swissinfo.ch.

Prenosil ist schon seit frühen Jahren mit der Confiserie verhängt, studierte aber Recht, bevor er die Arbeit im Familienbetrieb aufnahm.

“Jedes Kind liebt Süssigkeiten und Glacé. Das kann vielleicht dazu führen, dass man emotional eine engere Beziehung entwickelt als vielleicht für eine Firma, die beispielsweise Reifen produziert”, sagt er.

Die Sprüngli-Geschichte nahm ihren Anfang 1836, als David Sprüngli an der Marktgasse in Zürich für 24’000 Gulden eine kleine Bäckerei kaufte.

Sein Sohn Rudolf weitete das Geschäftsfeld aus und nahm die Produktion von Schokolade auf – inspiriert von seinen Reisen durch Italien und von Pionieren in der französischsprachigen Schweiz wie Henri Nestlé.

Das Risiko mit dem Paradeplatz 

1859 wurde das Geschäftslokal am Paradeplatz eröffnet. Die Familie hatte gehofft, dass der Zürcher Hauptbahnhof dort entstehen würde, was dann aber nicht geschah. Mit dem Standort am Paradeplatz findet sich die Confiserie aber trotzdem an bester Lage in der Stadt.

Rudolf zog sich 1892 aus dem Geschäftsleben zurück und teilte das Unternehmen auf seine beiden Söhne auf. “Er entschied sich, unsere Firma [die Confiserie] dem sanfteren und kreativeren Charakter [David Robert Sprüngli] zu übergeben. Die Schokoladefabrik ging an den Sohn mit mehr Manager-Eigenschaften, den härteren Typen [Johann Rudolf Sprüngli]”, sagt Prenosil.

Seither operieren die beiden Unternehmen unabhängig voneinander. Johann Rudolf Sprüngli schloss sich einem Herrn Lindt an, um ein gemeinsames Unternehmen zu gründen. Lindt & Sprüngli ist heute ein international tätiger Konzern, der sich auf die Tafel-Schokoladen und Pralinés spezialisiert hat.

Die Confiserie Sprüngli konzentrierte sich ihrerseits auf Schokolade und Feingebäck, hergestellt mit natürlichen Rohstoffen und frischen Zutaten. Die Preise liegen im Hochsegment. Eine Schachtel Schokolade kann gut mal rund 30 Franken kosten, Ostereier zwischen 69 und 130 Franken.

Luxemburgerlis in Hülle und Fülle

Es war Onkel Richard, der die Luxemburgerlis einführte, die mit einer Masse gefüllten Mini-Makrönchen. Rudolf hatte sich von einem jungen Konditor aus Luxemburg inspirieren lassen, der in den 1950er-Jahren für das Unternehmen gearbeitet hatte.

Heute gibt es die Luxemburgerlis in rund 50 Varianten, zwischen 12 und 14 sind jeweils aufs Mal im Ladensortiment zu finden. In der letzten Zeit hatte die Firma sich auch damit abfinden müssen, dass ihre berühmte Spezialität von anderen Betrieben kopiert wurde. Prenosil bläst darob aber keine Trübsal: “Die Guten werden kopiert, die Schlechten kopieren.”

Eine internationale Expansion sei für die Confiserie keine Option, sagt Prenosil. Die Firma hat aber ihre Fühler nach Dubai ausgestreckt, wo sie seit etwa zwei Jahren “Private Banking in Schokolade” betreibt, wie er es gerne nennt.

Dabei werden Sprüngli-Spezialitäten im Privatverkauf an Kunden geliefert, meistens reiche Leute, welche die Produkte von ihren Reisen nach Zürich kennen. Prenosil räumt ein, dass dieser Geschäftszweig unter der globalen Finanzkrise gelitten habe, jetzt aber wieder besser laufe. Für die Zukunft bleibt er optimistisch.

Seit sie die Zügel der Firma in der Hand halten, haben die Gebrüder Prenosil die Produktpalette von Sprüngli etwas modifiziert – so führten sie schon früh eine Reihe schwarzer Schokolade-Produkte ein – und sie versuchen auch, das Image der Firma zu modernisieren.

Und wie sehen Prenosils Ziele für die Zukunft aus? “Finanziell unabhängig bleiben, Qualität und Frische unserer Produkte bewahren, wie auch unseren Ruf. Und wir wollen die Firma einmal der siebten Familiengeneration übergeben können.”

Als die Familie Sprüngli ihr Geschäft 1859 an den Standort verlegte, der heute als Paradeplatz bekannt ist, war in diesem Teil der Stadt noch nicht sehr viel los. Früher hatte der Platz als Marktplatz gedient.

Doch in der Gegend um das Hotel Baur en Ville und um das Postkutschenzentrum herum entwickelte sich ein neuer Verkehrs- und Wirtschaftsknotenpunkt.

Zwar wurde der Bahnhof nicht wie erhofft an dem Standort gebaut, stattdessen aber eine direkte Verbindung zum Bahnhof – die heute weltbekannte Bahnhofstrasse.

Heute gehört der Paradeplatz zu den teuersten Grundstücken der ganzen Schweiz – ja gar der Welt – und ist ein Synonym für Reichtum und Banking.

Grosse Banken wie die Credit Suisse und die UBS sind am Paradeplatz zu finden.

Als Teil der Jubiläumsfeiern produziert die Confiserie Sprüngli unter anderem einen Jubiläums-Cake, besondere Pralinés-Schachteln sowie Neuauflagen alter, traditioneller Pralinés-Verpackungen.

Vom 16. Juli bis 20. August wird in Zürich ein Tramzug verkehren –dekoriert mit der Geschichte der Confiserie Sprüngli.

(Übertragung aus dem Englischen: Rita Emch)

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