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Üppiges Literaturwochenende in barocken Mauern

Diskussionsrunden sind neben den Vorlesungen der Schreibenden gut besuchte Anlässe. literaturtage

Zum 30. Mal findet in Solothurn die Werkschau der Schweizer Literatur statt. Neben Ikonen wie Adolf Muschg oder Paul Nizon treten viele Erstlinge auf. Alle Landessprachen sind vertreten, aber auch Chinesisch oder Weissrussisch.

An den Solothurner Literaturtagen 2008 sind rund 40 Deutschschweizer Autorinnen und Autoren zu hören und sehen. Sie stellen wie immer die Mehrheit. Aber auch aus der französischen Schweiz reisen 11 Schreibende an, aus dem Tessin vier, zwei schreiben rätoromanisch.

Zum ersten Mal wird sogar ein Mitglied der Landesregierung ein Werk vorstelllen: Bundesrat Moritz Leuenberger wird aus seinem dritten Buch “Lüge, List und Leidenschaft” lesen.

Am Auffahrts-Literaturwochenende in Solothurn lesen nicht nur Schreibende aus der Schweiz: So reisen aus Deutschland Annette Pehnt, Ulrich Peltzer und Monika Maron an, die bei ihrer ersten Einladung zur Zeit des Kalten Krieges von der DDR wohl eine Ausreisebewilligung erhalten hatte, von der Schweiz jedoch keine zur Einreise.

Aus China kommt Huang Beijia, aus Weissrussland Ales Rasanau, aus den USA Lydia Davis und Nathan Englander, aus Kuba Wendy Guerra, aus Frankreich Gilles Leroy, aus Italien Dacia Maraini und Andrea de Carlo sowie aus Österreich Carl Djerassi, besser bekannt als der “Vater der Antibabypille”.

Nachwuchspflege

Die Solothurner Literaturtage tragen aber auch Sorge zum Nachwuchs. Einmal dem schriftstellerischen, der durch den Literaturwettbewerb OpenNet und die Einladung von bisher unbekannten Autorinnen und Autoren mit ihren Erstlingswerken gefördert wird. So sind 14 der rund 70 an den diesjährigen Solothurner Literaturtagen vorgestellten Bücher Erstlinge, 9 davon von Frauen.

Zum anderen wird auch was für den Lesernachwuchs getan. Dass Literatur auch Spass macht, zeigen die äusserst fantasievollen 20-jährigen Zwillinge Jyoti und Suresh Guptara im speziellen Kinder- und Jugendprogramm.

Ambiente

Dass Solothurn einmal pro Jahr zum Literaturmekka wird und mühelos gegen den gleichzeitig stattfindenden Salon du livre in Genf oder die inzwischen abgesagte BuchBasel bestehen kann, liegt sicher auch an der Atmosphäre, welche die kleine Barockstadt verströmt.

Die meisten Lesungen und Diskussionsveranstaltungen finden zwar im stattlichen, renovierten Landhaus an der Aare statt. In den umliegenden Beizen (Restaurants) treffen sich aber oft Leser und Schriftsteller zu einem Milchkaffe oder einem Glas Wein oder Bier, bei gutem Wetter auch draussen, auf der Gasse.

Medienpartnerschaft

Die Medienpartnerschaft der Solothurner Literaturtage mit der SRG SSR idée suisse ist auch für jene interessant, die Solothurn an diesem Wochenende nicht besuchen. Radio und Fernsehen aller vier Sprachregionen haben in ihren Archiven gestöbert und einige ihrer Literaturschätze zum Jubiläum der Literaturtage ins Internet gestellt.

So können kostenfrei Dossiers zu bekannten Autorinnen und Autoren abgerufen werden. Weiter erhalten Interessierte Zugriff auf eine recht umfangreiche Audio- und Videosammlung von Schweizer Literaturschaffenden.

swissinfo, Etienne Strebel

Zum Auftakt der Solothurner Literaturtage wurden am 1. Mai die Schillerpreise verliehen. Preisträger sind der Zürcher Urs Faes, die Bernerin Verena Stefan, der Freiburger Jean-François Haas und die Tessinerin Erika Zippilli-Ceppi.

Bei den rätoromanischen Produktionen fand die Jury kein preiswürdiges Werk.

Die 1978 gegründeten Solothurner Literaturtage sind das wichtigste Forum für das aktuelle Literaturschaffen in der Schweiz.

Neue literarische Arbeiten sollen Kontakte zwischen Schreibenden aus allen vier Sprachregionen und Publikum sowie Medien und Verlegern herstellen.

Die Solothurner Literaturtage sind der Ort geworden, wo sich Schweizer Autoren und Autorinnen einmal jährlich treffen, um persönliche und fachliche Gespräche mit Publikums-Beteiligung zu führen.

Zum 30. Geburtstag der Solothurner Literaturtage durften die Organisatoren den Zurlauben-Preis in Höhe von 100’000 Franken entgegennehmen.

Der Zurlauben-Preis für Sprach- und Buchkultur wird von der Zuger Kulturstiftung Landis & Gyr vergeben.

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