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Umstrittene Zigarettenpreis-Senkungen

Ein Absatzrückgang und die Konkurrenz durch Billig-Zigaretten veranlassen die Tabak-Konzerne, die Preise ihrer Produkte in der Schweiz zu senken.

Gesundheitspolitiker und die Tabakprävention verlangen dagegen nach noch höheren Zigaretten-Preisen.

Zigarettenmarken wie Pall Mall, Chesterfield, Philipp Morris Blues und die Marktführerin Marlboro sollen schon bald um 10 bis 50 Rappen günstiger verkauft werden.

Laut Marc Fritsch, Sprecher von Philipp Morris, einem der drei grossen Tabakmultis in der Schweiz, dürfte dies erst der Anfang sein. In der Branche herrsche ein regelrechter Preiskampf, sagte er in der Radiosendendung “Espresso” auf DRS1.

“Grund für den Preiskrieg bei den Zigaretten sind Harddiscounter, die sich mit Billigangeboten in den Markt gedrückt haben”, so Fritsch.

Billig-Zigaretten auf dem Vormarsch

Die Konsumentinnen und Konsumenten versuchten, billiger zu rauchen. “Wir als Marktführer müssen darauf reagieren”, sagte Fritsch. Und so geraten die Preise von Markenzigaretten ins Rutschen.

Denn bereits 2005 wurden rund 10% weniger Markenzigaretten verkauft als im Vorjahr. Im Jahr 2004 waren in der Schweiz noch rund 14 Mrd. Zigaretten abgesetzt worden.

Tatsächlich sind die Billig-Zigaretten des Discounters Aldi rund einen Viertel günstiger als Markenzigaretten. Seit Dezember 2004 hat der Verkauf von Billig-Zigaretten, wie sie auch Denner, Coop und die Kiosk AG anbieten, deutlich zugelegt. Dasselbe gilt für Schnitt-Tabak zum Selberdrehen.

Steuererhöhung:Spürbare Auswirkungen

Der Anteil der Billigzigaretten am Gesamtmarkt ist jedoch immer noch relativ klein. Deshalb vermuten Branchenkenner, dass die Preisinitiative der Tabakmultis nicht nur den Billig-Anbietern gilt.

Fritsch gibt denn auch zu: “Es liegt natürlich auch daran, dass die Steuererhöhung 2004 ziemlich ‘reingehauen’ hat. Die Steuererhöhung um 50 Rappen wirkt sich auf die Konsumenten aus, die natürlich versuchen, billiger zu rauchen.”

Die hohen Zigarettenpreise könnten aber auch bewirken, dass weniger geraucht wird oder mehr Menschen dem Tabaklaster ganz entsagen.

Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) beobachtet die Preisnachlässe mit Sorge. Philippe Vallat, zuständig für die Tabakprävention, sagte gegenüber swissinfo: “Wir wissen von Erfahrungen aus Frankreich, dass eine Preisssenkung mehr Konsum bedeutet, besonders bei jungen Menschen.”

Steuererhöhung: Keine einhellige Meinung

Die Erhöhung der Tabaksteuer habe in diesem Sinn einiges gebracht, so Vallat. Das zeige schon die Reaktion der Zigarettenindustrie. “Das Phänomen, dass der Preis beim Zigarettenverkauf wieder Verkaufsargument wird, ist in der Schweiz neu”, sagte er weiter.

Eine Verbilligung von Zigaretten gehe deshalb gegen die Interessen der Prävention. Das BAG würde sich vielmehr wünschen, dass der Bundesrat die Preise weiter erhöhen würde.

Diese Ansicht teilt auch Walter Donzé, Berner Nationalrat der Evangelischen VolksparteI (EVP): “Die Industrie reagiert natürlich mit den Preissenkungen um den Konsum wieder anzukurbeln. Ich empfinde diese Entwicklung als gefährlich und habe deshalb in der Herbstsession einen Vorstoss eingereicht, dass der Bundesrat die Preisentwicklung im Auge behält.”

Donzé verlangt einen durch die Landesregierung festgelegten Mindestpreis für Zigaretten.

Die Schweizer Zollbehörden warnen hingegen vor einer weiteren Erhöhung der Zigarettenpreise. Dies würde ihrer Ansicht nach nur den Zigarettenschmuggel wieder ankurbeln.

swissinfo und Agenturen

Rund 1,3 Mrd. Menschen auf der Welt sind Raucher.
In der Schweiz rauchen rund 2 Mio. Personen.
Die Weltgesundheits-Organisation (WHO) und die Weltbank sagen, eine weltweite Erhöhung des Zigarettenpreises um 10% würde 42 Mio. Menschen dazu bringen, mit dem Rauchen aufzuhören.

Nach der Erhöhung der Tabakpreise um 50 Rappen im Herbst 2004 ist ein Paket Zigaretten (aktuell zwischen 5,70 und 6 Franken) in der Schweiz nicht mehr günstiger als in Italien oder Österreich.

Eine Konsequenz des Preisaufschlages: Es gibt weniger ausländische Touristen, die in der Schweiz Zigaretten kaufen.

Weniger Geld fliesst auch an die Alters- und Hinterlassenen-Versicherung (AHV), da auch sie durch die Tabaksteuer finanziert wird (geschätzte 100 bis 200 Mio. Franken jährlich).

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