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Volksinitiative will Waffenbesitz einschränken

Armee-Sturmgewehr zu Hause in der Vorratskammer: Dieses Bild soll laut den Initianten verschwinden. Keystone

Der Bund soll strenge Vorschriften gegen den Missbrauch von Waffen, Zubehör und Munition erlassen. Dies verlangen Sozialdemokraten, Grüne und weitere Organisationen in einer Volksinitiative.

Das Begehren will Armeewaffen aus dem Schrank zu Hause verbannen und die Waffenbesitzer in einem zentralen Register erfassen.

Was das Parlament nicht wollte, soll jetzt der Schweizer Souverän beschliessen. Ab Dienstag werden die Unterschriften für eine eidgenössische Volksinitiative gesammelt, die eine drastische Verschärfung des Waffenrechts verlangt.

Die Initiative “für den Schutz vor Waffengewalt” wurde am Montag in Bern offiziell lanciert. Dahinter stehen rund 60 Parteien und Organisationen – neben der SP und den Grünen mehrere Jungparteien, die Gewerkschaften, die Gruppe für eine Schweiz ohne Armee, Friedensorganisationen, Frauenverbände, Kirchen und Organisationen der Suizidprävention.

Waffen einsammeln

Die grosse Zahl von 2,3 Mio. Feuerwaffen in den Schweizer Haushalten ist nach Ansicht der Initiantinnen und Initianten mitschuldig an vielen Tötungsdelikten, Familiendramen und Suiziden. Wer eine Waffe besitzen, tragen und gebrauchen will, soll deshalb künftig den Bedarf und die erforderlichen Fähigkeiten nachweisen müssen, so eine der Hauptforderungen des Begehrens.

Stimmen später Volk und Stände dem neuen Verfassungsartikel zu, werden überflüssige Waffen eingesammelt, Armeewaffen aus den privaten Kleiderschränken verbannt und im Zeughaus verwahrt.

Armeeangehörige dürften die persönliche Waffe nach Ende ihrer Dienstzeit nicht mehr behalten. Alle Schusswaffen schliesslich würden in einem zentralen Register erfasst.

Waffen rasch zur Hand

Die Initianten erinnerten daran, dass allein durch Schüsse aus Militärwaffen in der Schweiz jährlich 300 Personen ums Leben kämen. Familiendramen und Suizide seien besonders häufig. Darauf gebe es nur eine Antwort: Schusswaffen dürften nicht mehr so leicht verfügbar sein wie heute.

In vielen Familien lebten die Frauen deshalb in ständiger Angst, sagte Gabriele Chu von der Dachorganisation der Frauenhäuser. Der grüne Zuger Nationalrat Jo Lang sprach von einer historischen Chance, die Erblast des “wehrlos gleich ehrlos” zu knacken.

Laut Jean Pierre Monti vom Personalverband der Bundeskriminalpolizei hätte ein zentrales Waffenregister möglicherweise Bluttaten wie jene im Zuger Kantonsrat vom Herbst 2001 verhindert. Damals wurden 15 Lokalpolitiker Opfer eines Amokschützen.

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Volksinitiative

Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht Die Volksinitiative erlaubt den Bürgerinnen und Bürgern, eine Änderung in der Bundesverfassung vorzuschlagen. Damit sie zu Stande kommt, müssen innerhalb von 18 Monaten 100’000 gültige Unterschriften bei der Bundeskanzlei eingereicht werden. Darauf kommt die Vorlage ins Parlament. Dieses kann eine Initiative direkt annehmen, sie ablehnen oder ihr einen Gegenvorschlag entgegenstellen. Zu einer Volksabstimmung kommt es…

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Parlament überstimmen

Die Initiative sei die Antwort auf die Weigerung der bürgerlichen Parlamentsmehrheit, das Waffengesetz zu verschärfen, sagten Vertreter des Initiativkomitees an der Medienkonferenz. Zuletzt hatten National- und Ständerat in der Sommersession eine substanzielle Verschärfung des Waffenrechts abgelehnt.

Die Räte hatten insbesondere die Aufbewahrung der Militärwaffe beim Wehrmann zu Hause (“Heimfassung”) verteidigt und eine zentrale Datenbank für Waffenbesitzer abgelehnt. Knapp scheiterte auch das Verbot von Pump Actions, das die Initiative nun ausdrücklich verlangt.

Die Initiantinnen und Initianten haben bis zum 4. März 2009 Zeit, die 100’000 Unterschriften zu sammeln. Die Zürcher SP-Nationalrätin Chantal Galladé ist überzeugt, dass das Begehren innert kürzester Zeit zustande kommen wird. Die Initiative schaffe “einfach und kostengünstig” mehr Sicherheit für Frauen und Kinder, aber auch für Männer.

swissinfo und Agenturen

In der Schweiz wird seit langer Zeit über Waffen diskutiert, namentlich die Aufbewahrung von Sturmgewehren und Pistolen der Schweizer Soldaten zu Hause im Schrank.

Gemäss einer jüngst veröffentlichten Studie gibt es einen Zusammenhang zwischen der Zahl der Waffen, die im Umlauf sind, und der Anzahl der Tötungen und Selbstmorde.

Im September 2006 hatte die Frauenzeitschrift Annabelle beim Schweizer Parlament eine Petition mit 17’400 Unterschriften eingereicht, welche die Aufbewahrung von Armeewaffen zu Hause verbieten will.

Die USA belegen mit 270 Millionen Kleinwaffen den Spitzenplatz der Weltrangliste.
An zweiter Stelle steht Indien (46 Mio.), gefolgt von China (40 Mio.), Deutschland (25 Mio.) und Frankreich (19 Mio.).
Die Schweiz befindet sich auf Platz 22 der Weltrangliste, mit 3,4 Millionen Kleinwaffen im Besitz von Privaten.

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