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Neue Walliser Regierung vereidigt

Die drei neuen Walliser Staatsräte (v.l.n.r.) Frédéric Favre (FDP), Christophe Darbellay (CVP) und Roberto Schmidt (CVP ) legten am Montag trotz eines Rekurses ihren Eid ab. Sie treten ihr Amt am 1. Mai zusammen mit den Bisherigen Jacques Melly (CVP) und Esther Waeber-Kalbermatten (SP) an. KEYSTONE/DOMINIC STEINMANN sda-ats

(Keystone-SDA) Der Walliser Grosse Rat hat am Montag trotz des Verdachts auf Wahlbetrug die Wahlresultate von Parlament und Regierung validiert. Die Neugewählten wurden vereidigt. Die SVP behielt sich den Gang ans Bundesgericht vor.

Die SVP hatte am Montag zu Beginn der konstituierenden Sitzung des Grossen Rates einen Ordnungsantrag deponiert, um die Vereidigung der neuen Walliser Regierung zu vertagen. Sie reagierte damit auf die vergangene Woche bekannt gewordenen Fälle von mutmasslichem Wahlbetrug in den Oberwalliser Gemeinden Brig, Naters und Visp.

“Der künftige Staatsrat kann nicht legitimiert werden, bis nicht Licht in den Fall gekommen ist”, argumentierte SVP-Fraktionschef Grégory Logean. Er sprach von “systematischem Wahlbetrug”.

Der Grosse Rat lehnte den Ordnungsantrag der SVP nach einer rund einstündigen Debatte mit 106 gegen 22 Stimmen deutlich ab. Auf Vorschlag der Validierungskommission wurde mit 105 zu 23 Stimmen auch die Beschwerde der SVP gegen die Resultate des zweiten Wahlgangs zu den Mitgliedern des Staatsrates abgeschmettert.

Die Validierungskommission verurteilte die aber Unregelmässigkeiten. Sie erwarte von der Justiz, dass diese die Fälle schonungslos aufkläre, sagte Kommissionspräsidentin Madeline Heiniger (SP). Trotzdem empfahl die Kommission, die Wahlresultate zu validieren.

Weniger als hundert Fälle

Die Gemeinden Brig und Naters hatten letzte Woche zwei Klagen wegen Wahlbetrugs gegen Unbekannt eingereicht. Sie hatten Unregelmässigkeiten festgestellt, als Bürger im Wahllokal ihre Stimme abgeben wollten, jedoch angaben, dass sie keine Wahlunterlagen erhalten hatten.

Bei einer Überprüfung durch die Gemeinden mussten die Betroffenen feststellen, dass in ihrem Namen bereits abgestimmt worden war. Die SVP Unterwallis reichte am Freitag bei der Staatsanwaltschaft Beschwerde gegen die Resultate des zweiten Wahlgangs der Staatsratswahlen ein.

In Naters wurden sechs Wahlzettel gefälscht, in Brig rund 50 und in Visp deren acht, wie die Validierungskommission am Montag resümierte. Zurzeit seien keine weiteren Fälle gemeldet worden.

Es gebe bislang auch keinerlei Indizien, dass weitere Gemeinden betroffen sein könnten, sagte Kommissionsberichterstatter Francesco Walter (CVP). Insgesamt entsprächen die Unregelmässigkeiten weniger als 0,05 Prozent der Wählenden.

Nicht ausschlaggebend

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt und gemäss aktueller Praxis des Bundesgerichts seien diese Unregelmässigkeiten weder erheblich noch ausschlaggebend für das Wahlresultat, präzisierte Walter. Selbst hundert gefälschte Wahlzettel würden das Resultat nicht beeinflussen. Um die Wahlen für ungültig zu erklären, müsste die Zahl der gefälschten Wahlzettel deutlich grösser sein.

Der abgewählte SVP-Staatsrat Oskar Freysinger lag beim zweiten Wahlgang am 19. März 2124 Stimmen hinter dem gewählten FDP-Staatsrat Frédéric Favre zurück. Freysinger nahm am Montag nicht an der Sitzung teil, obwohl er noch bis am 30. April im Amt ist.

Untersuchung kann Monate dauern

Die Walliser Staatsanwaltschaft eröffnete eine Untersuchung wegen Wahlbetrugs. Diese könnte mehrere Monate dauern. Sollte die Untersuchung zeigen, dass der Wahlbetrug grösser ist als angenommen und das Wahlresultat annulliert werden muss, könnte dies das Kantonsparlament nachträglich immer noch tun, erklärte Walter.

Die Regierung jetzt nicht zu vereidigen, sei weder akzeptabel noch vernünftig, appellierte Sidney Kamerzin (CVP) an die Ratskollegen. Dies würde bedeuten, dass der Kanton Wallis am 1. Mai ohne Exekutive dastehen würde und der Staat völlig gelähmt wäre.

Mit Ausnahme der SVP folgten sämtliche Fraktionen der Argumentation der Validierungskommission. Die neuen Grossräte und die fünf Mitglieder des Regierungsrates wurden wie geplant für die neue Legislaturperiode vereidigt. Die SVP behielt sich vor, den Entscheid vor Bundesgericht anzufechten. Ihrer Ansicht nach ist zu befürchten, dass die Zahl der Betrugsfälle grösser ist als bisher bekannt.

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