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Wirbel um den Export von Schweizer Schützenpanzern

Der "Piranhas III C" wird von der Mowag in Kreuzlingen produziert.

Die Kreuzlinger Firma Mowag will 31 Radschützenpanzer an die rumänische Armee liefern, die an der Seite der USA in Irak kämpft. Das Geschäft stösst auf politischen Widerstand im Parlament.

Für das Staatssekretariat für Wirtschaft spricht sowohl bezüglich des Landes wie auch des Produktes nichts gegen dieses Exportgeschäft.

Das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) und das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) hätten den Export der “Piranhas III C” in der vergangenen Woche bewilligt, sagte Mowag-Chef Christoph Frei in der Sendung “10 vor 10” des Deutschschweizer Fernsehens. Die Lieferung hat einen Wert von 62 Millionen Franken.

Gemäss der Rüstungszeitschrift Janes Defence Weekly will Rumänien die Schweizer Piranhas der Firma Mowag, die vom US-Rüstungskonzern General Dynamics kontrolliert wird, im Irak und in Afghanistan einsetzen.

Das rumänische Verteidigungsdepartement bestätigte diesen Plan schriftlich gegenüber “10vor10”, wie es in der Sendung vom Donnerstagabend hiess. Das Land brauche die Radschützenpanzer, um alte Panzerfahrzeuge in den Operationsgebieten zu ersetzen.

Keine Probleme

EDA-Sprecher Lars Knuchel räumte gegenüber swissinfo ein, der Entscheid des Panzer-Exports falle in die Kompetenz des SECO und nicht in jene des Aussenministeriums. “Diese Panzer gehen nach Rumänien. Die Schweiz hat mit diesem Land klare Beziehungen. Juristisch gesehen spricht nichts gegen eine solche Lieferung.”

Das SECO sieht in diesem Verkauf kein Problem. Auf Anfrage von swissinfo sagte Kommunikationschefin Rita Baldegger: “Als Mitgliedstaat der UNO und der Europäischen Union erfüllt Rumänien sämtliche Bedingungen wie sie im Kriegsmaterialgesetz festgeschrieben sind.”

Das SECO präzisierte darüber hinaus, dass sich die rumänische Regierung verpflichtet hat, das Material nicht an Dritte weiter zu verkaufen. Was die Verwendung im Irak betrifft, sagte Rita Baldegger: “Die rumänische Armee hat wie alle anderen das Recht, seine Truppen zuhause oder im Ausland einzusetzen.”

Opposition der Parlamentskommission

In der Aussenpolitischen Kommission (APK) des Nationalrats, der grossen Parlamentskammer, ist das laut “10vor10” umstritten. Kommissionspräsident Luzi Stamm von der Schweizerischen Volkspartei (SVP) sagte am Fernsehen, die Neutralität sei viel zu wertvoll, um sie zu riskieren. Die APK müsse sich des Geschäfts annehmen und es vielleicht stoppen.

Auch Nationalrat Mario Fehr von der Sozialdemokratischen Partei (SP) zeigte sich skeptisch. Er finde es unhaltbar, wenn Waffen aus der Schweiz auf Umwegen nach Irak gelangen würden.

Dagegen stellte sich Nationalrätin Christa Markwalder von der Freisinnig-Demokratischen Partei (FDP) hinter das Geschäft. Rumänien wolle schliesslich seine Soldaten besser vor Anschlägen schützen.

GsoA-Protest

Die Gruppe Schweiz ohne Armee (GsoA) zeigt sich über diesen neusten bekannt gewordenen Panzerdeal empört und fordert vom Bundesrat, dass er das Geschäft mit Rumänien unverzüglich stoppt.

GSoA-Vorstandsmitglied und Nationalrat Josef Lang (Grüne) wird in der kommenden Herbstsession eine entsprechende dringliche Interpellation einreichen.

Die GSoA hat in den vergangenen 13 Monaten Unterschriften für ein Verbot von Kriegsmaterial-Exporten gesammelt. Die Eidgenössische Volksinitiative wird am 21. September vorzeitig mit weit über 100’000 gültigen Unterschriften eingereicht.

swissinfo und Agenturen

2006 hat die Schweiz für 397,6 Mio. Fr. Kriegsmaterial in 62 Länder exportiert (2005: 258,7 Mio.). Das entspricht einem Anteil von 0,21% (0,17%) der gesamten Warenausfuhr der Schweizer Wirtschaft.

Aufgeteilt nach Kontinenten machten die Exporte nach Europa 71% (2005: 76%) aller Exporte aus, nach Amerika 22% (14%), nach Asien 5% (9%), nach Afrika 1% (1%) und nach Australien 0,4% (0,4%).

Die wichtigsten Abnehmerländer waren Dänemark (111 Mio. Fr.), Deutschland (56 Mio.), USA (53 Mio.), Chile (35 Mio.) sowie Spanien und Frankreich (je 19 Mio.).

Die Ausfuhr von Kriegsmaterial ist im Bundesgesetz über das Kriegsmaterial (KMG) von 1996 geregelt. Es wurde laufend ergänzt. Die letzte Revision erfolgte 2002.

Gemäss Gesetz ist der Export von Kriegsmaterial durch den Bund nur gestattet, wenn er den Regeln des internationalen Völkerrechtes und den Prinzipien der Schweizer Aussenpolitik entspricht. Sämtliche Ausfuhren in Konfliktländer sind untersagt.

Für die Privatfirmen sind die Regeln etwas weniger strikt: Für sie gilt, dass die ausgeführten Waffen die laufenden Kampfhandlungen nicht unterstützen dürfen.

Die Kriegsmaterialausfuhr unterliegt einer dreifachen Kontrolle: durch die Bundesbehörden (SECO), den Bundesrat (Landesregierung) und eine Parlamentskommission.

1997 haben die Schweizer Stimmberechtigten eine Volksinitiaitve, welche den Export von Kriegsmaterial verbieten wollte mit rund 78% Nein verworfen.

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