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Schweizer Käufer wenden sich vom Diesel ab

Die schlechten Nachrichten häufen sich, und neue Tests zeigen: Diesel sind noch immer Schadstoff-Schleudern. Jetzt müssen die deutschen Autokonzerne aufzeigen, wie sie die Schadstoffbelastung durch ihre Diesel-Autos reduzieren.


Dieselmotor in einem Sarg
Symbolischer Akt im Juni in München: Greenpeace stellt einen Dieselmotor der VW-Gruppe in einen Sarg. Keystone


Die Tage des Verbrennungsmotors scheinen gezählt. Mehrere Länder, darunter Frankreich und Grossbritannien, haben das Aus für Benzin- und Dieselmotoren innerhalb der nächsten Jahre angekündigt, sie sollen verboten werden.

Auch Touristen sind betroffen

Bereits in elf europäischen Ländern haben die Städte Umweltzonen eingerichtet, wo der Zugang mit Dieselautos eingeschränkt ist.

Die Autos müssen mit einer Umweltplakette ausgestattet sein, auf welcher der Schadstoffausstoss des Fahrzeugs deklariert ist. Je nach Schadstoffausstoss kann der Zugang für gewisse Fahrzeuge verweigert werden.

Auch Touristen auf der Durchreise müssen eine Umweltplakette vorweisen. Wer keine hat, kann gebüsst werden.

Der TCS liefert Informationen zum Vorgehen in den Nachbarländernexterner LinkExterner Link.

Andererseits verstärken die meisten Autohersteller ihre Bemühungen zur Entwicklung von elektrisch angetriebenen Fahrzeugen. Volvo hat bereits angekündigt, ab 2019 keine Personenwagen mehr zu bauen, die nur mit einem Verbrennungsmotor angetrieben werden.

Neustes Modell 13-fach über dem Grenzwert

Volvo hat dazu allen Grund: Auch die neuesten Diesel-Modelle der Autokonzerne überschreiten nach Informationen der deutschen Presse die Grenzwerte für Stickoxide deutlich. Unter den zehn Modellen mit dem höchsten Stickoxid-Ausstoss befindet sich auch der neue, erst im zweiten Halbjahr 2016 eingeführte Volvo S90 4D. Das Modell mit auf der Strasse gemessenen 1076 Milligramm je Kilometer habe den Grenzwert von 80 Milligramm je Kilometer um das 13,5-fache überschritten, dies hätten Messungen der Deutschen Umwelthilfe ergeben.

Nun sind die Behörden in verschiedenen Ländern aktiv geworden und haben Massnahmen ergriffen, vor allem in Städten. Mehr und mehr grosse urbane Zentren, vor allem in Frankreich und Deutschland, schränken den Zugang von Dieselfahrzeugen ein. Die Bürgermeister von Paris, Athen, Mexiko-Stadt und Madrid bekräftigten diesen Sommer ihren Willen, Fahrzeuge mit Dieselmotoren bis 2025 ganz aus ihren Stadtzentren zu verbannen.


Markt im Sinkflug

Dieses ungünstige Klima führt dazu, dass Konsumentinnen und Konsumenten den Diesel mehr und mehr in Zweifel ziehen. “Es gibt  zur Zeit eine deutliche Tendenz gegen den Diesel”, erklärt Yves Gerber, der Sprecher des Touring Club SchweizExterner Link. “Wer heute ein Dieselauto kauft, geht das Risiko ein, bei einem Wiederverkauf auf dem Occasionsmarkt Mühe zu haben. Zudem könnte der Zugang zu den Stadtzentren eingeschränkt werden.”

Eine Umfrage im Auftrag des Vergleichsportals comparis.ch Externer Linkzeigt, dass die Popularität von Dieselautos auf dem Occasionsmarkt seit dem Skandal um manipulierte Dieselabgastests um einen Viertel sank. Im August 2015 hatten sich noch 67% der Käufer und Käuferinnen, die ein Occasionsauto suchten, für ein Dieselfahrzeug umgesehen. Im Juni 2017 war dieser Wert auf 52% geschrumpft.

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Während Dieselfahrzeuge früher nur eine Randerscheinung waren, nahmen die Verkaufszahlen seit den frühen 2000er-Jahren stets zu. Wurden 1996 gut vier Prozent der Autos auf Schweizer Strassen mit Diesel angetrieben, waren es 2016 fast 40 Prozent.

“Früher war der Anteil an Dieselfahrzeugen schwach, weil die Schweiz im Gegensatz zu anderen Ländern für diesen Treibstoff keine Steueranreize gewähren wollte. In der Schweiz war Diesel immer teurer als Benzin. Und weil Autos mit Dieselmotor auch noch 2000 bis 3000 Franken teurer waren als solche mit Benzinmotoren, brauchte es enorm viele Kilometer, damit sich ein solcher Kauf lohnte”, erklärt Yves Gerber.

Doch Anfang der 2000er-Jahre begann sich die Situation zu verändern. “Der Preisunterschied zwischen den beiden Arten von Treibstoff und auch der Unterschied bei den Kaufpreisen wurde kleiner.”, sagte der TCS-Sprecher weiter.

Zwar ist der Ausstoss von CO2, jenem Treibhausgas, das zum Klimawandel beiträgt, beim Dieselmotor geringer als beim Benzinmotor, die Abgase des Dieselmotors enthalten aber nach Angaben der Weltgesundheits-Organisation (WHO) krebserregendeExterner Link Feinpartikel

Dazu kommen die Stickoxide. «Die besonders gefährlichen Stickoxide wurden in vielen Autos nicht richtig unschädlich gemacht», sagt Christian Bach, er leitet die Abteilung Antriebssysteme an der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt EMPA: «Die Schwierigkeit ist, dass man diese Stickoxide nicht einfach rausfiltern kann, sondern man muss sie chemisch in ungiftige Schadstoffe umwandeln.» Technisch sei das machbar, aber teuer.

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(Mit Textstellen von sda und SRF News, Übertragung aus dem Französischen: Rita Emch)

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