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Ziegler fordert UNO-Intervention in Darfur

Darfur, Sudan: Hunderttausende haben vor den Milizen Zuflucht in Flüchtlings-Camps gesucht. Keystone

Der Schweizer UNO-Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung will, dass die UNO zur Hilfe in Darfur humanitäres Interventionsrecht anwenden sollte.

Jean Ziegler erstattete der UNO-Generalversammlung seinen Jahresbericht.

Ziegler bezeichnete die Situation in Darfur als grösste humanitäre Katastrophe, die auch von den USA als Genozid verurteilt würde.

In einem solchen Fall habe die UNO das Recht, der notleidenden Bevölkerung auch ohne Erlaubnis der Regierung zu Hilfe zu kommen.

Bezug zu Israel

Die Sicherheit von Hilfskorridoren müsse dabei immer gewährleistet sein. Er kritisierte, dass sich Israel im Krieg gegen die Hisbollah in Libanon auch nicht an diese Konvention gehalten habe.

Dies sei völkerrechtswidrig und diene nun dem sudanesischen Präsidenten Omar al-Baschir als Vorwand, Hilfe in Darfur zu behindern. Ziegler erinnerte daran, dass im August acht UNO-Helfer im Sudan umgebracht wurden.

Ziegler im Kreuzfeuer der Kritik

Bereits vor seiner Präsentation in New York stand Zieglers Bericht über die Lage in Libanon im Kreuzfeuer der Kritik. Als Gesandter des UNO-Menschenrechtsrates durfte er nicht nach Israel und musste seine Reise auf Libanon beschränken.

Da er dort auch mit einem Minister sprach, der der Hisbollah-Partei angehört, warfen ihm die Israelis vor, Hisbollah-Sympathisant zu sein.

Ziegler wies diese Vorwürfe zurück. Dies sei bloss Taktik, um vom Befund des Berichtes abzulenken: Israel habe “gewütet wie ein Berserker” und in den letzten 72 Stunden Landwirtschaftsflächen für eine Million Menschen mit Streubomben für Jahre zunichte gemacht, Wasserläufe verseucht und 450 Marktflecken vernichtet.

Nach dem Waffenstillstand weigere sich Israel nun, Karten über die Abwurfgebiete der Streubomben an die UNO-Friedenstruppen zu überweisen.

Klage vor dem Internationalen Gerichtshof

In einer Resolution, die im Anschluss an Zieglers Bericht von der Generalversammlung verabschiedet werden soll, müsse Israel aufgefordert werden, die Karten zugänglich zu machen.

Im Weiteren habe die UNO die Klage Libanons auf Entschädigungszahlungen von Israel vor dem Internationalen Gerichtshof zu unterstützen. Zudem sei die Verweigerung von Hilfskorridoren in der Resolution als Kriegsverbrechen zu taxieren.

Zieglers Mandat: Verlängerung im Juni 2007?

Der Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung, über dessen Mandat der UNO-Menschenrechtsrat im Juni 2007 neu beraten wird, erstellte in diesem Jahr zudem Sonderberichte über die Nahrungslage in Indien und Guatemala.

Ziegler hofft, nächstes Jahr nach Darfur reisen zu können. Sein Gesuch wurde bisher zweimal abgelehnt, das dritte ist hängig. Er plant zudem Reisen nach Burma (Myanmar), wo Bauern zur Zwangsarbeit eingesetzt würden und nach Nordkorea, wo über 30% der Bevölkerung seit 12 Jahren hungere.

Sudan gegen UNO-Friedenstruppen

Der Sudan ist laut seinem Präsidenten Omar al-Baschir nur für den weiteren Einsatz von Friedenstruppen, wenn sie von der Afrikanischen Union und nicht von der UNO geführt werden.

Ein geplanter Blauhelm-Einsatz käme einer Invasion westlicher Streitkräfte gleich, hiess es.

swissinfo und Agenturen

Jean Ziegler, 71, war früher Soziologie- und Wirtschaftsprofessor an der Universität Genf sowie an der Sorbonne in Paris.

Als Sozialdemokrat sass er von 1967 bis 1983 und von 1987 bis 1999 im Schweizerischen Parlament.

Bekannt wurde er – auch im Ausland – mit seinen wiederholten Attacken gegen das Schweizer Bankgeheimnis.

Seit dem Jahr 2000 ist Ziegler UNO-Berichterstatter für das Recht auf Nahrung.

Seit seinem Eintritt in die Unabhängigkeit 1956 bis heute lebte das ostafrikanische Land Sudan lediglich elf, aber nicht hintereinander folgende Jahre in Frieden.

Die Bürgerkriege, vor allem zwischen dem Norden und dem Süden des Landes, forderten über zwei Millionen Todesopfer, vier Millionen Menschen wurden vertrieben.

Zur Zeit leidet der Sudan – eines der ärmsten Länder der Welt – unter der Darfur-Krise, welche die Vereinten Nationen als die schlimmste humanitäre Katastrophe seit Beginn des Jahrtausends bezeichnen.

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